Netzpolitischer Wochenrückblick: KW 14

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Welche netzpolitischen Themen waren diese Woche wichtig? Hier die wichtigsten Artikel der Woche in unserem Wochenrückblick:

  • Drosselung und Diskriminierung: Die Deutsche Telekom schafft die Netzneutralität auch beim Festnetz-Internet ab

Die Deutsche Telekom will die Netzneutralität auch bei DSL-Internetanschlüssen verletzen. Das berichtet jetzt auch die FAZ unter der Überschrift Drosselung und Diskriminierung. Statt nur Daten zu transportieren, will sich der Provider jetzt auch in die Inhalte einmischen. [Zum Artikel]

  • Bundesnachrichtendienst überwacht drei Millionen Telekommunikationsverkehre im Jahr, einmal täglich auch etwas Relevantes

Der Bundesnachrichtendienst hat im Jahr 2011 fast drei Millionen Telekommunikationsverkehre strategisch abgehört. Das geht aus einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages hervor. Auch Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst überwachen Verdächtige: bei Telekommunikations- und Finanzunternehmen, aber auch mit IMSI-Catchern. [Zum Artikel]

  • Gerichtsurteil: Verfassungsschutz im Saarland soll für Handy-Überwachung zahlen

Nach einem noch nicht rechtskräftigen Urteil aus Saarlouis muss der saarländische Verfassungsschutz für die Überwachung von Handys an das Mobilfunkunternehmen E-plus bezahlen. [Zum Artikel]

  • Isländische Crowdsourcing-Verfassung am Parlament vorerst gescheitert

Im Oktober noch stimmten 67% der Isländerinnen und Isländer in einem Referendum für die neue Crowdsourcing-Verfassung, die Wahlbeteiligung lag bei 50%. Das Referendum war zwar nicht bindend, jedoch war zu erwarten, dass das Parlament den Entwurf bei dieser deutlichen Zustimmung annehmen wird. Die Verfassung sollte nach der Finanzkrise 2008 einen neuen Anfang für Island markieren und war unter starker Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entstanden. Eine Mehrheit im Parlament entschied jedoch nun, dass vor der Parlamentswahl Ende am 27. April nicht mehr über den Verfassungstext abgestimmt wird. [Zum Artikel]

  • Internet-Zensur in Russland weitet sich aus: Politische Gegner, Mein Kampf, Glücksspiel, Bestechung und Cartoons

In Russland werden immer mehr Webseiten zensiert, wie aus einer Auflistung im Februar gesperrter Seiten hervorgeht. Das zugrundeliegende Gesetz sollte nur Kinderpornografie, Drogenkonsum und Suizid-Anleitungen sperren, doch es betrifft immer harmlosere Inhalte. Auch westliche Internet-Firmen kooperieren mit der russischen Zensurbehörde. [Zum Artikel]

  • Verhandlungsmandat geleakt – TAFTA ist auf bestem Weg ACTA 2.0 zu werden

Vor kurzem hatten 45 Organisationen gemeinsam dazu aufgerufen, im angekündigten transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP, auch als TAFTA bekannt) aus den Fehlern bei ACTA zu lernen und Regelungen bezüglich “geistigen Eigentums” außen vor zu lassen – leider ohne Erfolg, wie das geleakte Verhandlungsmandat zeigt: [Zum Artikel]

  • Hackerspaces in arabischen Ländern: Crowdfunding für Dokumentarfilm

Die französischen Journalistinnen Sabine Blanc und Ophélie Noor wollen eine Dokumentation über Hackerspaces in arabischen Ländern produzieren: “Les hackers dans la cité arabe”. Unter der Fragestellung “Wie verändern diese Hackerspaces die Gesellschaften ihres Landes?” reisten sie bereits nach Algerien und Ägypten und bloggten darüber. Tunesien, Libanon, Irak und Marokko stehen noch auf der Liste, hierfür läuft eine Crowdfunding-Aktion bei Kisskissbankbank, die heute ausläuft. [Zum Artikel]

  • Citizen Lab Bericht: Tibetische Aktivisten erneut mit gezielten Android-Trojanern ausspioniert

Tibetische Aktivisten wurden bereits mit mehreren Android-Trojanern gezielt angegriffen und ausspioniert. In einem neuen Bericht analysiert das Citizen Lab einen Trojaner, der Kontakte, Anruflisten und SMS-Nachrichten abhört. Staatliche Trojaner existieren für alle verbreiteten Betriebssysteme, der Infektionsweg ist dabei häufig per E-Mail. [Zum Artikel]

  • Europäische Datenschutzbehörden ergreifen Maßnahmen gegen Googles Datenschutzbestimmungen

Die Artikel-29-Datenschutzgruppe, ein unabhängiges Beratungsgremium der Europäischen Kommission in Fragen des Datenschutzes, hatte von März bis Oktober 2012 Googles neue Datenschutzbestimmungen daraufhin geprüft, ob sie die Anforderungen der europäischen Datenschutz-Richtlinie (95/46/EG) erfüllen. Unter der Federführung französischen Datenschutzaufsichtsbehörde Commission nationale de l’informatique et des libertés (CNIL) erarbeiteten Vertreter der europäischen Datenschutzbehörden einen Bericht, in dem sie Google u.a. dazu auffordern, den Anwendern mehr Kontrolle über die Nutzung ihrer Daten durch die verschiedenen Google-Dienste zu gewähren. Das CNIL veröffentlichte Anfang dieser Woche eine Pressemitteilung, aus der hervorgeht, dass Google keine nennenswerten Maßnahmen unternommen hat, um dem nachzukommen. Da die Analyse der Artikel-29-Datenschutzgruppe nun abgeschlossen ist, liegt es nun an den einzelnen nationalen Datenschutzbehörden, Maßnahmen zu ergreifen. [Zum Artikel]

  • Das französische Paradox

Ein französisches Paradox gibt es nicht nur in Sachen Mittelmeer-Diät und Lebensstil. Auch im digitalen Bereich schaffen es die Franzosen, nicht immer ganz kohärent zu sein. Vor nur wenigen Tagen wurde bekannt, dass Frankreich das Prinzip der Netzneutralität gesetzlich verankern will. [Zum Artikel]

  • New York Times: Datenschutz ist paradox, aber wichtig

The New York Times hat am Wochenende lesenswert über die Arbeit des US-amerikanischen Privacy-Forschers Alessandro Acquisti berichtet. In dem Artikel werden drei Versuche zum menschlichen Umgang mit Privatsphäre näher vorgestellt. Die Ergebnisse sind zum Teil paradox, zeigen jedoch eines deutlich: Menschen wollen Privatsphäre, handeln dabei aber nicht “rational”. Da der NYT-Artikel recht lang geraten ist, hier ein tl;dr. [Zum Artikel]

  • Evaluierung der Antiterrordatei: Keine “überschießend grundrechtsintensiven Eingriffe”

“Ohne sie würde der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus eines Werkzeugs von ganz entscheidender Wirkung beraubt”. Sie, das ist die Antiterrordatei ATD, die Ende 2006 in Kraft trat und deren Bedeutung Innenminister Friedrich hier betonte. Laut einem Evaluierungsbericht (PDF), den die Bundesregierung am Mittwoch veröffentlichte, habe die ATD die Kooperation zwischen Polizei und Geheimdiensten verbessert und sich bewährt. Konkrete Ermittlungserfolge oder Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Anschläge können den ATD-Abfragen zwar nicht zugeordnet werden, sie sei aber auch vorrangig als “Kontaktanbahnungsinstrument” zwischen den verschiedenen Behörden gedacht. [Zum Artikel]

  • Google-Hangout mit Angela Merkel

Wie der Vize-Regierungssprecher Georg Streiter heute ankündigte, gibt es am 19. April einen “Bürgerdialog” mit der Kanzlerin bei Google+. Im Hangout (Videokonferenz) stellt sie sich den Fragen von sechs Bürgerinnen und Bürgern (die wohl schon ausgesucht wurden), thematisiert wird Integration. Die Diskussion wird auf Google+ und auf www.bundesregierung.de, www.bundeskanzlerin.de und www.dialog-ueber-deutschland.de gestreamt. Die “Bürger”beteiligung besteht wohl darin, bis zum 15. April Fragen einzureichen, von denen der Moderator dann einige einbringt. [Zum Artikel]

  • Frank Rieger über Drohnen und Politik

Auf dem netzpolitischen Abend des Digitale Gesellschaft e.V. führte am Dienstag Abend Frank Rieger vom Chaos Computer Club in die netzpolitische Debatte über Drohnen ein. Der rund 30 Minuten lange Vortrag mit anschließender Diskussion ist bereits auf Youtube zu sehen: [Zum Artikel]

  • Cyanogenmod: Übermittlung von Daten für Nutzerstatistiken wird verpflichtend [Update]

Anwenderinnen und Anwender der Android-Distribution Cyanogenmod können wohl bald nicht mehr entscheiden, ob sie anonyme Nutzerstatistiken übermitteln wollen oder nicht. Auch jetzt werden Informationen an die Entwickler gesendet: die Version, das Smartphone- oder Tablet-Modell, der Mobilfunkprovider, das eingestellte Land und die eindeutige Geräte-ID. Daraus werden Statistiken erstellt, um u.a. herauszufinden, auf wie vielen und welchen Geräten Cyanogenmod installiert ist. Bisher wurde der Anwender beim ersten Start nach der Installation darüber informiert, welche Daten zu welchem Zweck übertragen werden und konnte diese Übermittlung verweigern. Mit der Version 10.1 wurde diese Option entfernt. [Zum Artikel]

  • Netflix startet Kampagne mit Geschwindigkeits- und Netzneutralitäts-Tests

Netflix hat eine schöne (und natürlich nicht selbstlose) Kampagne zur Netzneutralität gestartet und bietet einen Überblick über die Geschwindigkeiten der Internetanbieter. [Zum Artikel]

  • Offshore-Leaks gibt Einblicke in Steueroasen

Dem “International Consortium of Investigative Journalists” sind im letzten Jahr rund 260 GB Daten mit Informationen zu Konten von 130.000 Personen aus rund 170 Staaten in zehn Steueroasen zugespielt worden. Zusammen mit einem Netzwerk aus insgesamt 46 Medien weltweit wurden die rund 2.5 Millionen Dokumente, vor allem e-Mails, im vergangenen Jahr ausgewertet und heute Nacht gingen die Enthüllungen als Projekt “Offshore-Leaks” weltweit online. Vom “größte Datenleck in der Geschichte” spricht die Süddeutsche Zeitung, die zusammen mit dem NDR in Deutschland monatelang die Daten verifizierte. Die Daten stammen wohl von zwei ungesicherten Servern, die irgendwer gefunden und die Daten dann an ICIJ übermittelt hat. [Zum Artikel]

  • Petition: Hollyweb, W3C und Lobbyisten für “Digital Rights Management” im HTML5-Standard

Der fast fertige HTML5-Standard für Webseiten soll technische Möglichkeiten zur Inhalte-Kontrolle erhalten. Mit dem gefährlichen “Digital Rights Management” (DRM) ist aber schon die Musikindustrie gescheitert. Netzpolitische Organisationen rufen dazu auf, eine Petition dagegen zu unterzeichnen – macht mit! [Zum Artikel]

  • Offene Erstellung offener Lernunterlagen: Open Educational Development

Seit einiger Zeit betreiben die Kooperative Berlin und die Bundeszentrale für politische Bildung mit werkstatt.bpb.de ein Portal zum Thema offene Lehr- und Lernunterlagen (Open Educational Resources, OER). Nachdem bislang die Berichterstattung über Entwicklungen, Dimensionen und Herausforderungen rund um OER im Zentrum des Projekts standen, soll es jetzt auch an die Erstellung offener Lerninhalte selbst gehen. In einem Blogeintrag kündigt Projektkoordinatorin Jaana Müller den Start eines Projekts zur offenen Entwicklung offener Inhalte an: [Zum Artikel]

  • Bündnis gegen das Bestandsdatenschnüffelgesetz

Im Umfeld der Piratenpartei hat sich das “Bündnis gegen das Bestandsdatenschnüffelgesetz” gegründet. Ziel ist die Verhinderung der Bestandsdatenauskunft. Das ist momentan technisch möglich, weil der Bundesrat dem vor kurzem im Bundestag abgestimmten Gesetz noch zustimmen muss. Politisch ist eine Verhinderung aber unrealistisch, weil die SPD im Bundestag mit der Koalition gestimmt hat und sich daher sicher keine Mehrheit im Bundesrat dagegen finden wird. [Zum Artikel]

  • WDR feiert 50 Jahre TV-Berichterstattung über IT mit der Computer-Nacht

Der WDR Computerclub mit Wolfgang und Wolfgang war lange Zeit die einzige Sendung über Digitalthemen im deutschen Fernsehen. Zwischen 1981 und 2003 wurden rund 400 Folgen auf einigen dritten Programmen ausgestrahlt. Der WDR feiert heute Nacht mit der WDR-Computernacht ein Revival und zeigt vier Stunden lang alte Archivberichte und zeigt, wie sich Computertechnologie entwickelt hat und dass vielleicht nicht alle Vorhersagen auch eingetreten sind. [Zum Artikel]

Veranstaltungen

  • Dienstag in Berlin: Alles ist Zahl – Wie sozial und demokratisch ist Netz- und Technologiepolitik?

Am Dienstag den 9. April 2013 wird in Berlin-Oberschöneweide das Forschungs- und Weiterbildungszentrum Kultur und Informatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin eröffnet. Wissenschaftliche Projektleiterin ist Constanze Kurz, Informatikerin, Sachbuchautorin und Sprecherin des Chaos Computer Club. Ab 13 Uhr ist feierliche Eröffnung mit Grußwort, Besichtigung und Get Together, und ab 16 Uhr findet das zweite “Spreeforum Informationsgesellschaft” statt. [Zum Artikel]

  • Mittwoch in Würzburg: Vortrag über Netzpolitik

Am kommenden Mittwoch bin ich (Markus) in Würzburg, um beim Kolping-Forum einen Vortrag über Netzpolitik und Fragestellungen der digitalen Gesellschaft zu halten. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei und Veranstaltungsort ist die Kolping-Akademie am Kolpingplatz 1 in Würzburg.

Habt ein schönes Wochenende!

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Eine Ergänzung

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.