In der zweiten Woche des Jahres 2021 haben wir viel über Internetfirmen aus den USA diskutiert. Den Wochenrückblick aber eröffnen wir mit einer Geschichte über einen chinesischen Tech-Konzern. Huawei hat seine Europa-Zentrale in Düsseldorf und verkauft sich gerne als „Spitzen-Arbeitgeber“. Doch ehemalige Angestellte werfen Huawei Diskriminierung vor. Wie massiv der Konzern in ihr Privatleben eingreift und wie er sein Personal auf Linie hält, zeigen interne Dokumente und verdeckte Tonaufnahmen, die wir mit internationalen Recherchepartner:innen ausgewertet haben.
Präsident ohne Twitter-Account
Jetzt also doch: Twitter, Facebook, YouTube und andere haben den noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump endgültig von ihren Plattformen gelöscht. Das Deplatforming von Trump zeigt, wie viel politische Macht Betreiber:innen sozialer Netzwerke haben.
Mal abgesehen von aufkommender Genugtuung: Ist die Macht von Facebook und Co vertretbar? Und war das Deplatforming von Trump die richtige Entscheidung? Auch innerhalb unserer Redaktion scheiden sich die Geister. Wir haben deshalb etwas Neues ausprobiert und geben in einem Debattenstück über das Deplatforming die unterschiedlichen Stellungnahmen einiger Redaktionsmitglieder wieder.
Polen plant unterdessen bereits ein Gesetz gegen Deplatforming. Die rechte polnische Regierung will sich damit vor Account-Sperrungen und Löschungen von Inhalten durch Social-Media-Plattformen schützen. Sofern Inhalte nicht gegen polnisches Recht verstoßen, sollen sie auch innerhalb der Netzwerke rechtens sein.
Shoot the Messenger
Der Datenhunger von Facebook frisst jetzt die Nutzer:innen von WhatsApp. Viele Menschen wollen die neuen AGB des Messengers deshalb nicht unterschreiben und suchen nach Alternativen. Wir liefern Argumente und Tipps für den Messenger-Wechsel. Und wir empfehlen: Nicht vergessen, den WhatsApp-Account auch richtig zu löschen.
Eine andere Lösung für das Messenger-Problem könnte Interoperabilität sein: Wenn man von Messenger-Dienst A mit einem anderen Messenger-Dienst B kommunizieren könnte, würde es Menschen weniger schwer fallen, zu wechseln. Mitte Dezember legte die EU-Kommission ihren Entwurf für das Digitale-Dienste- und Digitale-Märkte-Gesetz vor. Es soll gegen die Macht großer Plattformen helfen. Doch in Sachen Interoperabilität wäre noch etwas zu tun.
Massenüberwachung: Ein Fall für die Gerichte
Reporter ohne Grenzen hat gegen den Bundesnachrichtendienst Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Die Beschwerdeführer werfen dem deutschen Auslandsgeheimdienst vor, Korrespondenzen zwischen Mitarbeiter:innen in Deutschland und Journalist:innen und Aktivist:innen im Ausland überwacht zu haben. Das Gericht hat die Beschwerde angenommen, spätestens in zwölf Wochen muss sich die Bundesregierung äußern.
Eine weitere verfassungsgerichtliche Rüge für ein anderes Überwachungsgesetz prognostiziert unser Gastautor Dr. Mayeul Hiéramente. Er analysiert das neue, überarbeitete Gesetz zur Bestandsdatenauskunft und kommt zu dem Schluss, dass es die Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht vorgesehen hat, nicht einhält.
Noch mehr Abschiede von Sozialen Medien
Facebook hat als Reaktion auf unsere Recherchen eine Vielzahl an Seiten entfernt, die es für russlandfreundliche Propagandainstrumente hält. Das Desinformationsnetzwerk kommt gemäß Nachforschungen des Unternehmens aus Separatistengebieten in der Ostukraine und steht im Zusammenhang mit einem Netzwerk gefälschter Auslandsmedien, über das netzpolitik.org im Dezember geschrieben hatte.
Vor rund einem Jahr hat Stefan Brink mit Twitter aufgehört. Anders als Donald Trump ging der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg diesen Schritt freiwillig – mehr oder weniger. Die Datenschutzgrundverordnung habe ihm keine andere Wahl gelassen, sagt Brink. Im Interview spricht Brink über seine Erfahrungen bei der Twitter-Alternative Mastodon.
Ist das noch geheim?
God Mode: Die Studierenden der Freien Universität Berlin hatten am Dienstag plötzlich Zugriffs- und Schreibrecht auf Noten und Teilnahmelisten der gesamten Uni seit 2005. Grund waren falsch eingestellte Zugriffsrechte im Campus-Management-System der Freien Universität Berlin. Die Sonderrechte wurden ihnen erst nach einer Anfrage von netzpolitik.org an die FU-Pressestelle entzogen.
Mit Angela Merkel und Ursula von der Leyen setzen gleich zwei mächtige Frauen gerne auf Kommunikation per SMS: schnell, direkt und nicht öffentlich. Offizielle Kommunikation von Regierungsmitgliedern aber sollte veraktet werden. Das fordert unter anderem das Transparenzportal FragdenStaat, das sich gerade mit dem Bundesinnenministerium über die Herausgabe von Twitter-Direktnachrichten streitet. Doch die Inhalte der Nachrichten bleiben bisher im Verborgenen. Die Bürgerbeauftragte der Europäischen Union macht nun Druck, dass sich dies zumindest auf Ebene der EU ändert.
Und sonst so?
Gibraltar wird in den Brexit-Verträgen nur am Rande erwähnt. Nun muss die 300 Jahre alte britische Exklave mit 33.000 Einwohner:innen den Grenzverkehr aus eigenen Ressourcen koordinieren. Nach Vermittlungsversuchen der neuen portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft scheint eine Lösung in Kooperation mit Spanien in greifbarer Nähe. Zugleich kommen weitere rechtliche Fragen im Bezug auf Asylrechtsbearbeitung und Gibraltars Einbindung in die Informationssysteme des geplanten Europäischen Reiseregisters auf.
In Hongkong wurden letzte Woche mehrere Aktivist:innen aus dem Pro-Demokratie-Spektrum festgenommen, unter ihnen Gewerkschafter:innen, Aktivist:innen für Minderheitenrechte und frühere Abgeordnete. Die Polizei hat mehr als 200 Endgeräte wie Telefone und Laptops beschlagnahmt und zur Auswertung nach Festland-China geschickt. Kurz darauf berichteten Kollegen und Bekannte der Festgenommenen über seltsame Aktivitäten auf deren Social Media- und Kommunikationsaccounts. Außerdem wurde in Hongkong erstmals eine Webseite zensiert – lokale Aktivist:innen befürchten, dass die „Great Firewall“ jetzt um ihr Internet gezogen wird.
Das erste digitale Weltwunder: Mit der Wikipedia feiert eines der größten Erfolgsmodelle des gemeinwohlorientierten Netzes 20. Geburtstag. Markus Beckedahl und Leonhard Dobusch reden in unserem NPP-Podcast über ihre langjährigen Erfahrungen mit der Plattform, über das, was Wikipedia heute ausmacht, und über zukünftige Herausforderungen. Reinhören lohnt sich, vielleicht kommt ja etwas Feierstimmung auf. Happy Birthday, Wikipedia!
Wir wünschen euch ein erholsames Wochenende, bleibt gesund!
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