KW 6Die Woche, als Chatkontrolle im Fußballstadion ankam

Die 6. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 18 neue Texte mit insgesamt 152.463 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal
Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

dieser Wochenrückblick beginnt mit Fußballnachrichten. Denn am vergangenen Sonntag hat Hansa Rostock gegen den HSV gespielt und verloren. Warum ich das erzähle: Die Fans der Rostocker haben neben zahlreichen Vereinsfähnchen ein bemerkenswertes Banner mitgebracht. „Chatkontrolle stoppen“ steht darauf.

Meine Kollegen haben diese Woche einen Artikel zur Chatkontrolle damit bebildert. Der Artikel dreht sich darum, wie die EU-Staaten hinter verschlossenen Türen über die Zukunft unserer verschlüsselten Kommunikation verhandeln. Einige sind gegen eine Schwächung der Verschlüsselung, einige dafür, viele noch unentschieden. Die Fans des Hansa Rostock beweisen: Der Kampf gegen die Überwachung unsere privaten Kommunikation wird nicht mehr nur in Gremien der EU ausgetragen, er ist im Stadion angekommen.

Einige in der Redaktion hat die Verbindung zwischen Netzpolitik und Fußball ziemlich überrascht, aber so ungewöhnlich ist sie nicht. Immer wieder setzen sich Fangruppen für Freiheitsrechte ein und beziehen klar Position. Ich bin zwar kein Fußballfan (und war noch nie im Leben live bei einem Spiel dabei), erinnere mich aber trotzdem an einige Beispiele dafür.

So waren etwa die Fans des 1. FC Köln sehr aktiv bei den Protesten gegen eine Verschärfung des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes. Auf ihrem Demoschildern standen Sprüche wie „Lasst uns in Ruhe zum Fußball fahren“ und „Auch eingesperrt bleiben wir Ultras“. Zusammen mit der Fanhilfe Dortmund haben sie sogar ein Erklärvideo darüber veröffentlicht, welche Auswirkungen das neue Gesetz auf die Fans haben könnte. Auch in Mecklenburg-Vorpommern haben sich Fußballfans im Bündnis gegen die Ausweitung des Sicherheits- & Ordnungsgesetzes engagiert.

Andere wehren sich gegen personalisierte Eintrittskarten und setzen sich dagegen ein, dass Sicherheitsbehörden Daten über einzelne Fans sammeln. Davon sind die Ballsportfreund:innen direkt betroffen: Es gibt die bundesweite Datei „Gewalttäter Sport“ und regionale Dateien wie „Szenekundige Beamte“. Auf diese Weise sammelt die Polizei Daten über vermeintlich gewaltbereite oder kriminelle Fußballfans.

Dass nun Chatkontrolle zum Thema für die Fans wird, ist nur folgerichtig. Denn egal ob unser Herz bei Rasensport, Pilzsammeln oder Strickmustern höher schlägt: Die geplante EU-Gesetzgebung würde die Kommunikation von uns allen betreffen.

Ein schönes Wochenende mit Zeit für euer Lieblingshobby wünscht euch

anna

Sensible Daten von Aktivist:innenDie letzte Datenschutzgeneration

Sensible Daten von Aktivist:innen nicht zu schützen, geht überhaupt nicht. Denn diese Daten können nicht nur in die Hände des Staates fallen, sondern auch auf rechte Feindlisten gelangen. Doch die Letzte Generation deswegen zu verteufeln ist falsch, denn ohne ihren organisierten Aktivismus wäre die Klimakrise weit weniger Thema. Ein Kommentar.

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Razzia bei Radio DreyecklandStaatsanwaltschaft wollte sogar IP-Adressen

Bei der Hausdurchsuchung beim Sender Radio Dreyeckland wegen Setzens eines Links hat die Polizei Kommunikation mit Journalist:innen und Quellen beschlagnahmt und kopiert. Die Staatsanwaltschaft wollte sogar alle IP-Adressen der Menschen haben, welche die Webseite des Senders besucht hatten. Der Sender kritisiert einen tiefen Eingriff ins Redaktionsgeheimnis.

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­­eIDAS 2.0Beim europäischen ID-Wallet droht die Überidentifikation

Die EU-Kommission will einen einheitlichen digitalen Identitätsnachweis einführen – inklusive lebenslanger Personenkennziffer, auf die auch Unternehmen zugreifen dürfen. Obwohl das EU-Parlament mehr Datenschutz in seinem Kompromissvorschlag durchsetzen will, gibt es weiterhin Kritik an den Plänen.

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Twitter im DigitalausschussTransparenz mit Schattenseiten

Seit der Übernahme von Twitter durch den Milliardär Elon Musk sorgen sich Politik und Aufsichtsbehörden darum, ob das soziale Netzwerk geltende Gesetze einhalten kann. In der heutigen Sitzung des Digitalausschusses des Bundestags versuchte ein Vertreter des Unternehmens, die Zweifel der Abgeordneten auszuräumen – mit nur geringem Erfolg.

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Neues aus dem Fernsehrat (95)Fragen und Antworten zum „Public Spaces Incubator“ des ZDF

Gemeinsam mit anderen öffentlich-rechtlichen Medien startet das ZDF einen „Public Spaces Incubator“. Manche sehen darin den Auftakt für eine öffentlich-rechtliche Twitter-Alternative, andere befürchten Geldverschwendung. Ein Beitrag mit Antworten auf die häufigsten Fragen.

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Chatkontrolle-VerhandlungenSo stehen die EU-Länder zur Verschlüsselung

Bei den EU-Verhandlungen zur Chatkontrolle zeichnet sich eine Blockbildung beim Thema Verschlüsselung ab. Das geht aus einem eingestuften Drahtbericht der Bundesregierung hervor, den wir veröffentlichen. Die fundamentale Kritik des EU-Datenschutzbeauftragten an den Chatkontrolle-Plänen sorgt hingegen bei den Ländern für „Enttäuschung“.

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