DatenskandalÖsterreichische Post zahlt Entschädigung in Millionenhöhe

Mehrere hundert Personen hatten der österreichischen Post mit einer Klage auf Schadensersatz gedroht. Dabei ging es um den Verkauf von Daten zur Parteiaffinität der Betroffenen. Nun kam es zu einem Vergleich.

Rot-weißer Briefkasten
Am Dienstag gab es Post für die EU-Kommission – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Bundo Kim

Die Österreichische Post stellt nicht nur Briefe zu, sondern handelte auch mit den Daten ihrer Kund:innen – unter anderem zur Parteiaffinität von 2,2 der insgesamt knapp 9 Millionen Österreicher:innen. 2.000 Betroffene erhalten von der Post nun eine Entschädigung in Gesamthöhe von bis zu 2,7 Millionen Euro.

Die Betroffenen hatten sich, nachdem der Datenhandel im Januar 2019 publik wurde, bei der gemeinnützigen Rechtsschutz-Plattform Cobin Claims registriert und der Post mit einer Klage auf Schadensersatz gedroht. Zu dem außergerichtlichen Vergleich kam es, wie jetzt erst bekannt wurde, bereits Mitte Januar. Laut der Wirtschaftssendung „ECO“ des Österreichischen Rundfunks (ORF) erhält jede:r der registrierten Betroffenen bis zu 1.350 Euro.

Entscheidung des EuGH

Just am Tag der Einigung hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Österreichische Post ihren Kund:innen Auskunft darüber geben muss, welche Daten sie zu Marketingzwecken an Dritte weitergibt. Das Verfahren stand nicht in direktem Zusammenhang mit Cobin Claims, sondern war unabhängig von der Plattform von einem österreichischen Einzelkläger angestrengt worden. Dessen Anwalt vertritt allerdings auch die Betroffenen bei Cobin Claims.

Vor der EuGH-Entscheidung hatten sowohl das Landesgericht Wien als auch das Oberlandesgericht Wien gegen den Kläger entschieden. Dieser wandte sich daraufhin an den Obersten Gerichtshof der Republik Österreich, der das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof weiterreichte. Der EuGH gab dem Kläger dann am 12. Januar Recht.

Mit der Einigung auf einen Vergleich will die Post mutmaßlich eine Sammelklage vermeiden. Die Österreichische Post bestätigt diese Vermutung auf Anfrage des ORF nicht. Sie verweist darauf, dass mit Cobin Claims Stillschweigen vereinbart worden sei.

Der Verkauf der Parteiaffinität

Im Januar 2019 hatte die Rechercheplattform Addendum öffentlich gemacht, dass die Post neben den bekannten Daten – etwa Name, Adresse, Geschlecht und Alter – auch die Parteiaffinität von vielen ihrer Kund:innen speicherte. Diese wurde durch ein Rechenmodell erfasst, dass Umfragen, Wahlergebnisse, Hochrechnung und weitere Statistiken heranzieht und diese mit den persönlichen Daten abgleicht. Parteien sollten mit dieser Information zielgerichtet Wahlwerbung verschicken können. Die Post verteidigte das Vorgehen als rechtmäßiges Analyseverfahren zu Marketingzwecken.

Die österreichische Datenschutzbehörde sah das anders: Sie verhängte im Oktober 2019 eine Verwaltungsstrafe gegen die Post in Höhe von 18 Millionen Euro. Aus Sicht der Behörde verstieß die Sammlung und Vermarktung von individuellen Datenprofilen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Wegen eines Formfehlers wurde dieser Bescheid allerdings aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Die Datenschutzbehörde versucht nun, mit Hilfe einer außerordentlichen Revision den Verwaltungsgerichtshof davon zu überzeugen, die Entscheidung erneut zu überprüfen.

Bereits wenige Tage, nachdem der Datenskandal im Januar 2019 öffentlich wurde, gab die Österreichische Post AG bekannt, den Verkauf von Daten über die „Parteiaffinität“ einzustellen. Ihr Vorstandsvorsitzender Georg Pölzl kündigte damals an, dass die bestehende Datenbank gelöscht und die Datensammlung neu aufgesetzt werde. Die „Parteiaffinität“ werde nicht länger gespeichert.

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