KW 25Die Woche, als die Informationsfreiheit einen kleinen Erfolg feierte

Die 25. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 22 neue Texte mit insgesamt 118.256 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Freund:innen von netzpolitik.org,

manchmal gibt es solche Koinzidenzen. Zusammen mit meinem Prakti-Kollegen Philipp Groeschel habe ich in dieser Woche mithilfe der Plattformen AskTheEU und FragDenStaat einen Stapel Informationsfreiheitsanfragen an eine EU-Institution geschickt. Und dann ist etwas passiert, das die Informationsfreiheit gestärkt hat – Philipp hat hier darüber geschrieben.

Die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly hatte Frontex zurechtgewiesen. Die EU-Grenzschutzagentur soll Informationsfreiheitsanfragen von nun an per E-Mail beantworten. Bislang verweist Frontex hierfür auf ein eigenes Portal, bei dem sich Anfragende anmelden müssen. FragDenStaat erkennt darin zurecht eine Hürde für Bürger:innen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Eigentlich sollte es unkompliziert sein, Anfragen zu stellen, und Behörden antworten per E-Mail.

Zwar ist die Entscheidung der Beauftragten rechtlich nicht bindend, mich hat sie aber gefreut, weil sie Signalwirkung haben könnte. Sie macht das Recht der EU-Bürger:innen stark, Einblick in die Arbeit derjenigen Einrichtungen zu nehmen, die ihre Interessen umsetzen sollen.

Mir drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass Behörden das Recht auf Informationsfreiheit ein Dorn im Auge ist. So schrieb 2019 etwa der Staatssekretär Hans-Georg Engelke, dass die Nutzung von FragDenStaat „zu einer Belastung der Verwaltung mit Anträgen“ führe. Es sei zweifelhaft, ob die Anträge „nicht nur gestellt werden, um die Verwaltung schikanös zu beschäftigen“. Informationsfreiheit als Schikane?! Engelkes Haltung zeugt davon, dass er die Bedeutung politischer Teilhabe nicht anerkennt.

Das Prinzip der Informationsfreiheit reflektiert in erster Linie einen moralischen Anspruch. Bürger:innen beauftragen Staatsbeamt:innen damit, Politik in ihrem Sinn zu machen. Und umgekehrt dürfen sie kontrollieren, wie sie das tun. Seine rechtliche Form nimmt dieses Prinzip im Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an. Das Gesetz macht konkret, wie weit der Anspruch auf Auskunft reicht und wie er gerechtfertigt wird. Aber so konkret wiederum  auch nicht, denn dazu bedarf es der Anwendung des Gesetzes. Und hier gehen Recht und Praxis oft auseinander, wie der Fall von FragDenStaat und Frontex zeigt.

Als IFG-Anfragen-Novizin will ich diejenigen unter euch ermutigen, die es noch nicht gemacht haben, bei Bedarf eine eigene Anfrage zu stellen. Denn das Recht dazu habt ihr.

Euch ein schönes Wochenende

Esther


FluggastdatenregisterEuGH-Urteil beschränkt Massenüberwachung bei Flugreisen

Die massenhafte EU-weite Sammlung und Auswertung von Fluggastdaten ist mit einem heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs auf das „absolut Notwendige“ beschränkt worden. Die EU-Richtlinie, die das anlasslose massenhafte Sammeln, Übermitteln und Verarbeiten von Reisedaten vorschreibt, um Terrorismus und schwere Kriminalität vorzubeugen, bleibt aber bestehen.

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MenschenrechteProteste für die Freilassung des ägyptischen Bloggers Alaa Abd el-Fattah in Berlin

Er ist eines der Gesichter der arabischen Revolution. Für seinen demokratischen Aktivismus sperrte der ägyptische Staat ihn immer wieder ein. Nun befindet sich Alaa Abd el-Fattah seit April im Hungerstreik und könnte sterben, wenn nicht bald etwas passiert. Am Mittwoch wird vor der britischen Botschaft in Berlin für ihn protestiert.

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Bestandsdatenauskunft 2021Behörden fragen jede Sekunde, wem eine Telefonnummer gehört

Staatliche Stellen haben letztes Jahr fast 24 Millionen Mal abgefragt, wem eine Telefonnummer gehört. Diese automatisierte Bestandsdatenauskunft hat sich in fünf Jahren mehr als verdoppelt. Auch Inhaber von IP-Adressen werden abgefragt, doch darüber will auch die Ampel-Regierung weiterhin keine Transparenz.

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PEGA-UntersuchungsausschussStaatstrojaner Pegasus wird alle 40 Minuten eingesetzt

Fast 50 Länder setzen den Staatstrojaner Pegasus etwa 12.000 bis 13.000 Mal pro Jahr ein, um Smartphones zu hacken. Das sagte der Hersteller NSO im Untersuchungsausschuss des Europaparlaments. Wir veröffentlichen das Protokoll der Anhörung. Einzelne Länder will NSO nicht nennen, das dürfen nur die Regierungen.

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Transparenzbericht April 2022Unsere Einnahmen und Ausgaben und ein Blick zurück

Nach vier Monaten können wir gut abschätzen, wohin wir uns mit den Spenden bewegen. Wir sind leider noch nicht dort, wo wir gern sein wollen. Ihr unterstützt uns sehr stabil mit 50.000 Euro im Monat. Das ist eine Menge und wir sind sehr dankbar dafür! Wir haben uns viel vorgenommen, um netzpolitik.org auszubauen. In diesem Jahr wird es darum gehen, das zu halten. Mit einem kleinen Blick zurück.

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Partnerschaft für GrenzsicherheitEU-Staaten erwägen historisch einmaliges Biometrie-Abkommen mit den USA

In einem Brief an mehrere EU-Mitgliedstaaten und die Kommission droht die US-Regierung eine neue Bedingung für die visumfreie Einreise an. In Brüssel herrscht Durcheinander über eine Reaktion. Das Parlament wurde als Letztes über die Initiative informiert.

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Wegen G7-LeakPolizei beschlagnahmt Daten von Servern der Piratenpartei

Wegen der Veröffentlichung von geheimen Polizeidokumenten hat die Staatsanwaltschaft München Server der Piratenpartei beschlagnahmt. Unter den Daten sind nach Auskunft der Partei auch sensible Mitgliederdaten. Die Partei bezeichnete das Vorgehen als „unverständlich“ und „nicht zielführend“.

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Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

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1 Ergänzungen

  1. Die Grünen lassen Julian Assange im Stich . In der Opposition hatten die Grünen der damaligen Bundesregierung Feigheit im Fall Assange vorgeworfen. Und jetzt? Bleiben sie still.

    Und jetzt, da eine der Ihren, Annalena Baerbock, das Amt in einer Koalition mit eben den Sozialdemokraten führt: nichts. Stille. Bis auf den Hinweis, dass sie die aktuelle Entwicklung verfolge und das Amt mit dem Außenministerium in London wegen des Falls in Verbindung stehe.

    Enttäuschend ist nicht das richtige Wort dafür. Entsetzen passt besser. Und skandalös kommt dem ziemlich nahe. Denn wertegeleitete Außenpolitik (Baerbock) sähe anders aus.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.