Netzpolitischer Wochenrückblick KW 5: leise Beschränkung des Datenschutzes

Die Woche im Überblick: Die geplante Datenschutz-Reform in Deutschland führt zum Abbau von Grundrechten und die meisten Experten halten Debatte um Fake News und Social Bots für vollkommen übertrieben.

Ein junger Fuchs auf einem Stein.
Reaktionen auf den geplanten Abbau des hohen Datenschutzniveaus gab es diese Woche nur wenige. – CC0 via unsplash/Jeannie Blackmer

Unser Wochenrückblick wird auch als wöchentlicher Newsletter verschickt. Hier könnt Ihr Euch anmelden.

In einer idealen Welt

„Wir lieben Kommentare. Wir halten Kommentare für unverzichtbar. Wir freuen uns jeden Tag aufs Neue auf sie. In einer idealen Welt.“ Diese Woche haben wir unsere Utopie der Kommentarkultur vorgestellt. Sie soll als Blaupause für einen freundlichen und konstruktiven Umgang miteinander in der Kommentarspalte auf unserer Website dienen.

Reform des Datenschutzes in Deutschland führt zum Abbau

In einem Gastbeitrag kritisiert die Vorsitzende der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, Barbara Thiel, die Pläne des Bundesinnenministeriums für die Reform des Bundesdatenschutzgesetzes. Mit dem neuen Gesetz soll die EU-Datenschutzgrundverordnung umgesetzt werden. Das Innenministerium wird dafür kritisiert, seine Vorstellungen von einem schwachen Datenschutz umzusetzen, mit denen es sich auf europäischer Ebene nicht durchsetzen konnte.

Am Mittwoch wurde der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschlossen. Mehr Videoüberwachung, weniger Selbstbestimmung und Aufsicht: Unser Überblick lässt nichts Gutes erahnen. Das bisherige Datenschutzniveau in Deutschland ist durch den Entwurf in Gefahr. Dementsprechend fielen auch die Reaktionen aus der Zivilgesellschaft aus.

Gerade für einen Mann, der momentan oft in den Medien präsent ist, wird die Datenschutzreform zum Prüfstein: Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, ist ein Befürworter des Datenschutzes und der Datensouveränität. Um seine Glaubwürdigkeit zu bewahren, muss Schulz dafür sorgen, dass die SPD das Gesetz in dieser Form im Bundestag nicht mittragen wird.

Gut so: Trumps Dekrete sorgen für Protest

Erst zwei Wochen ist Donald Trump US-Präsident und schon regt sich massiver Widerstand gegen sein Handeln. Gegen Trumps radikales Einreiseverbot für bestimmte muslimische Länder sprechen sich auch große Internetkonzerne aus. Doch es gibt auch Firmen, die sich hinter den Präsidenten stellen.

Das Vorgehen Trumps hat Irland dazu veranlasst, die vorgelagerte Einreisekontrolle in die USA an europäischen Flughäfen überprüfen zu lassen. Die Einreisebeschränkungen werden zum Beispiel von US-Bürgerrechtsgruppen, AnwältInnen und sogar Teilen der Trump-Administration für rechtswidrig gehalten. Auch am Flughafen Frankfurt/Main gibt es solche Kontrollen. Wie wird die Bundesregierung reagieren?

Zunahme von totalitären Staaten und Überwachung

Es geht weltweit abwärts mit politischen Freiheiten und Menschenrechten. Das stellt der jährliche Bericht von Freedom House fest. Problematisch sind laut dem Bericht nicht nur verfestigte autokratische Herrschaften, sondern auch rechtspopulistische Regierungen.

Einschränkungen diverser Freiheiten werden oft mit Terrorismusbekämpfung gerechtfertigt. Die dänische Regierung ist der jüngste Fall einer solchen Einschränkung. Mit Netzsperren soll terroristische Propaganda begrenzt werden. Als Voraussetzung für eine Sperrung werden weit gefasste Begriffe genannt, die eine umfassende Internetzensur ermöglichen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière plant derweil die Erweiterung der Befugnisse des BKA, um „Gefährdern“ beizukommen. Im Rahmen einer Novelle des BKA-Gesetzes soll der Einsatz der elektronischen Fußfessel ausgebaut werden. Was genau solche Maßnahmen gegen Terroristen bringen, kann der Minister allerdings nicht konkret beantworten.

Unser südlicher Nachbar plant ebenfalls einen Ausbau der Überwachung. Die österreichische Bundesregierung zieht das Überwachungsnetz enger und legt die Vorratsdatenspeicherung neu auf. Zudem will sie anonyme Prepaid-Handys abschaffen, die Videoüberwachung ausweiten und an verschlüsselte Kommunikation gelangen. Kennen wir leider alles schon aus Deutschland.

Leichtgläubige Bundesregierung

Diese Woche veröffentlichten wir die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion. Die Große Koalition reagierte ausweichend: Die Vereinigten Staaten hätten versichert, beim Einsatz von bewaffneten Drohnen das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Überprüft wird das jedoch nicht.

Vollkommen übertrieben: Debatte um Fake News und Social Bots

Die meisten von den Deutschen wahrgenommenen Fake News haben mit den Themen Flüchtlinge und Zuwanderung sowie mit dem US-Präsidentschaftswahlkampf zu tun. Eine repräsentative Umfrage zum Thema gibt Einblicke ins Thema – und zeigt, dass nur sehr wenige Menschen Fake News auch selbst teilen.

Gleich zwei Ausschüsse befassten sich in der vorletzten Woche im Bundestag mit Social Bots. Wir hatten umfänglich berichtet und reichten diese Woche unsere Analyse des 25-köpfigen Fachgesprächs nach. Politiker befürchten, dass solche Meinungsroboter zur Manipulation der Bundestagswahl genutzt werden könnten. Doch dafür gibt es bislang keine Belege, erklärten die meisten Experten.

„Open Access“-Forschung in der Schweiz

Die Schweiz steigt bis 2024 vollständig auf „Open Access“ für öffentlich finanzierte Forschung um. Die Umsetzung der Strategie soll sofort beginnen. In Deutschland sind derweil zahlreiche Universitäten für Elsevier-Beiträge auf Fernleihe angewiesen, weil das hiesige „Projekt Deal“ für eine kollektive Open-Access-Vereinbarung mit dem Großverlag Elsevier gescheitert ist.

Abschaffung der Roaming-Gebühren

Nach zähen Verhandlungen steht nun fest: Im Juni fallen die Roaming-Gebühren in Europa. Dabei konnte sich das EU-Parlament durchsetzen und den Mitgliedstaaten niedrige Großhandelspreise abringen. „Das war das letzte Puzzle-Teil“, sagte der Digital-Kommissar Andrus Ansip. „Ab dem 15. Juni können Europäer innerhalb der EU ohne Roaming-Aufschläge reisen.“

Tipp fürs Wochenende

Nach dem viralen Erfolg des Videos der niederländischen Satire-Sendung „Zondag met Lubach“ als Antwort auf Donald Trumps „America First“-Rede zur Amtseinführung, erscheinen jetzt kontinuierlich weitere Videos im selben Stil aus anderen europäischen Ländern. Die Videos werden auf everysecondcounts.eu, der Facebook-Seite „It’s Great EU“ sowie auf Twitter unter #everysecondcounts und bei @itsgreateu gesammelt. Markus Beckedahl war zu Gast bei heuteplus, um in deren Sondersendung über Fake News zu sprechen. Aktueller denn je ist der Biopic-Film über Hannah Arendt in der ARTE-Mediathek.

1 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.