Datenschutz bei Facebook, BND und ePrivacy
Mal ehrlich, wer liest sich seitenlange Geschäftsbedingungstexte konsequent oder überhaupt durch? In einem Gastbeitrag von Jeanette Hofmann und Benjamin Bergemann berichteten wir in dieser Woche über die datenschutzrechtlichen Konsequenzen leichtfertiger Einwilligungen in Geschäftsbedingungen. Um Produkte gebührenfrei nutzen zu können, geben wir persönliche Daten durch Einwilligung allzu oft heraus. Doch ist diese Freiwilligkeit immer auch eine Frage des Sachzwangs und wird von unseren Gastautor*innen kritisch hinterfragt. Wer kein Facebook nutzt, ist von vielen Informationen abgeschnitten.
Dass mit Daten, die Facebook über uns sammelt, in Zukunft vorhergesagt werden soll, ob Menschen zu Drogenkonsum oder anderen Verhaltensauffälligkeiten neigen, geht aus einer wissenschaftlichen Studie aus den USA hervor. Werden solche möglicherweise verzerrten Prognosen ernstgenommen, ist die Gefahr groß, Menschen falsch zu kategorisieren. Wie fahl der Lichtschein solcher Vorhersagen ist, zeigt die in der Studie genutzte Korrelation zwischen Film-Bewertungen und Alkoholkonsum: Guckst du den Film „V wie Vendetta“, trinkst du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gerne mal ein Bier.
Wo bleibt da nur die Kontrolle über die Verwendung unserer Daten? Genau das fragte sich die Bundesdatenschutzbeauftragte hinsichtlich ihrer Befugnis zur Kontrolle der Einhaltung des Datenschutzrechts durch den Bundesnachrichtendienst (BND). Dies wurde aus ihrem Tätigkeitsbericht aus den Jahren 2015 und 2016 deutlich.
Die ePrivacy-Reform soll EU-weit regulieren, inwiefern Dienste in die Privatsphäre ihrer Nutzer*innen eingreifen dürfen und wo diese eigene Entscheidungen treffen können. Unser Autor Ingo Dachwitz diskutierte auf der re:publica mit EU-Parlamentsmitglied Jan Philipp Albrecht und Susanne Dehmel von der Bitkom über die Möglichkeit der Begrenzung der Überwachung durch die ePrivacy-Reform. Die Hoffnung, die in die Reform gesetzt wird, kommt vom Daten- und Verbraucherschutz und wird an die Entscheidung des EU-Parlaments gekoppelt – hier insbesondere hinsichtlich der Regelungen zum Tracking und der Vorratsdatenspeicherung. Hier gibt es Versuche der Einflussnahme durch die Verlagsbranche.
Überwachung: Deutschland vorn
Es sind aber nicht nur Unternehmen an unseren Daten interessiert. Die staatliche Überwachung soll nach Vorstellung der Regierung in Deutschland zukünftig per Staatstrojaner vereinfacht werden. Nur die SPD kann dieses Vorhaben noch stoppen. Zweck von Staatstrojaner-Einsätzen soll nicht mehr nur die Terrorprävention sein, sondern auch die Verfolgung von Alltagskriminalität. Beim Gesetzesentwurf wurden jedoch einige Stellen übergangen. So auch die Bundesdatenschutzbeauftragte, über deren Kritik an der geplanten Gesetzesänderung wir gesondert berichten.
Trotz des EuGH-Verbots der Vorratsdatenspeicherung werden in Deutschland derweil Verkehrsdaten dennoch gespeichert, wenn dadurch schwere Verbrechen bekämpft werden. Andere EU-Mitgliedsstaaten diskutieren momentan noch über die Rechtmäßigkeit der Speicherung, da das EuGH-Urteil dem im Grunde entgegenstehen müsste. Dass es in Deutschland dennoch möglich ist, Verkehrsdaten zu speichern, ist Schlupflöchern geschuldet, wie sie sich auch in der neuen ePrivacy-Richtlinie wiederfinden. Der deutsche Innenminister ist sich mit der generellen Zusage an die Vorratsdatenspeicherung mit anderen EU-Staaten wie Österreich und Slowenien mehr als einig: Thomas de Maizière fordert sogar ihre Ausweitung auf Messenger und Telemedien.
Ob Cloud-Daten auch grenzüberschreitend als elektronische Beweismittel zum Zweck von Ermittlungen weitergegeben werden dürfen, wird Mitte Juni zwischen Ministern der EU und der USA durch ein geplantes Zusatzprotokoll zur Budapest-Konvention der EU-Kommission entschieden werden. Zur Optimierung der technischen Verfahren wie in etwa der Ermittlung der physischen Speicherorte von Daten sollen Forschungsgelder ausgegeben werden.
Laut Transparenzbericht von Apple gab es im zweiten Halbjahr 2016 weniger Auskunftsersuchen an Apple aus Deutschland als im vorigen Berichtszeitraum. Die Zahlen beziehen sich jedoch größtenteils auf Vergehen wie Diebstahl oder Verlustmeldungen. Einen großen Schritt zu mehr Transparenz wagte Apple mit der Bekanntgabe, einen sogenannte National Security Letter zu erhalten. Diese Information muss nach US-Recht üblicherweise geheim bleiben. Der Schritt des Unternehmens bedeutet jedoch keineswegs, dass es jetzt vertrauenswürdig ist – schließlich sammelt es weiterhin etliche Daten und gibt sie an Regierungen weiter.
Ebenfalls interessant war die Ablehnung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes durch Facebook. Dabei ging es Facebook aber weniger um den Schutz der Nutzer*innen als vielmehr mögliche Kosten.
Urheberrecht und Profite
Die Konservativen planen eine Verschärfung der EU-Urheberrechtsreform, die auch Uploadfilter auf Plattformen wie Youtube und Wikipedia einschließen soll. Zumindest ein Teil der Forderungen wird voraussichtlich verwirklicht. Wie viel, hängt jedoch von der Entscheidung der liberalen und sozialdemokratischen EU-Abgeordneten ab.
Ebenfalls neu soll mit dem Urheberrecht in Wissenschaft und Bildung umgegangen werden. Seit längerem ist hier eine Reform nötig, doch die könnte durch Verlagsvertreter blockiert werden. Obwohl es in Wissenschaft und Bildung verständlicherweise andere urheberrechtliche Bestimmungen geben muss als in der Unterhaltungsbranche, führen Verlage mögliche Profiteinbußen an, um Reformen zu unterbinden.
Nicht nur Wissenschaft und Bildung, sondern auch die Künste sind nicht frei von Profitinteressen. So geht die seit Jahrzehnten im Rechtsstreit liegende Entscheidung zum Urheberrecht an einem Teil eines Musikstücks der Band Kraftwerk in eine weitere Runde vor den Europäischen Gerichtshof.
Netz und Neutralität?
Nach einem Versprechen der EU-Kommission soll es in Zukunft offenes WLAN mit dem WiFi4EU-Programm geben. Um dieses Ziel zu erreichen, reichen die bisher von der EU dafür vorgesehenen 120 Millionen Euro aber nicht aus.
Freier Zugriff auf das Internet für alle – dieser schöne Traum wird nicht nur durch mangelnde Finanzierung, sondern auch durch den Dienst StreamOn der Telekom verhindert. Verbraucherschützer forderten gegenüber der Bundesnetzagentur einen Verbot von Diensten wie StreamOn, das mit Zero Rating umgesetzt wird. Unser Autor Thomas Lohninger stritt für die Einhaltung der Netzneutralität vergangene Woche sogar auf der Telekom-Hauptversammlung. Der Telekom-Dienst StreamOn war in der letzten Woche durch seine Diskriminierung von Seiten, die auch Downloads ermöglichen, erneut in die Kritik geraten.
Wir machen’s vor: Transparenz
Wie Transparenz besser geht, zeigen wir mit unserem Transparenzbericht für den Monat April.
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