Netzpolitischer Wochenrückblick KW20: Digitale Verunsicherung

Die Woche im Überblick: Geheimdienste, Polizeien und andere Behörden werden immer mehr zum Nimmersatt, die Netzneutralität gerät unter die Räder und Facebook belügt die EU-Kommission. An­de­rer­seits wird Biertrinken endlich intelligent – und Chelsea Manning ist frei.

– CC0 Lara Crespo

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Wenn es nach der Regierung geht, soll die Polizei bald flächendeckend Computer und Smartphones hacken dürfen. Wir haben einen Gesetzentwurf der großen Koalition veröffentlicht, der den Einsatz von Staatstrojanern künftig deutlich ausweiten soll.

Unterdessen entwickeln sich deutsche Geheimdienste immer mehr zum Nimmersatt und sollen künftig automatisierten Zugriff auf biometrische Passbilder erhalten, während Mobiltelefone und andere Datenträger von Asylbewerbern künftig vollständig ausgelesen und durchleuchtet werden dürfen. Allen tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken zum Trotz.

Vorratsdaten, IT-Sicherheit und Cyberwehr

Ab Juli müssen Telekommunikationsanbieter Vorratsdaten speichern. Sie fürchten, in etwas investieren zu müssen, das schon bald wieder abgeschafft werden könnte – was für große Verunsicherung in der Branche sorgt. Die Regierung erklärte zudem dem Bundestag, wie Vorratsdatenspeicherung und IT-Sicherheit zusammenpassen.

Statt wie angekündigt „Verschlüsselungsstandort Nr. 1“ zu werden, macht die Sicherheitspolitik der Bundesregierung die digitale Welt für alle unsicherer. Ob Entschlüsselungsbehörde ZITiS, Staatstrojaner oder absichtlich offengelassene Sicherheitslücken: Der schöne Plan ist geplatzt. Harsche Kritik hagelte es auch von den Grünen, welche die digitale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung zudem als wenig bürgerrechtsorientiert einstufen.

Den Negativpreis „Big Brother Award“ durfte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen abholen, die zunehmend und ohne Parlamentsbeteiligung die Bundeswehr digital aufrüstet.

Facebook muss blechen

Bei der Übernahme des Messengers WhatsApp hat der Datenkrake Facebook offenkundig die EU-Kommission angelogen und muss nun über 100 Millionen Euro Strafe zahlen. In Frankreich betrieb Facebook unrechtmäßiges Webtracking sowie illegale Profilbildung und wurde zur Höchststrafe verdonnert – in dem Fall aber nur zu moderaten 150.000 Euro. Irreführend und vermutlich illegal war auch die Datenweitergabe britischer Krankenhäuser an Google.

Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass dynamische IP-Adressen dem Datenschutzrecht unterliegen. Ungefragte Protokollierung von IP-Adressen ist damit nur noch unter bestimmten Bedingungen gestattet.

Twitter hat neue Datenschutzrichtlinien. Wir zeigen kurz und knapp, wie man personalisierte Werbung abstellt.

Wem gehört das Netz?

Ein niederländisches Gericht hat das dortige Verbot von Zero-Rating-Angeboten gekippt und gefährdet damit die Netzneutralität in Europa. In den USA hingegen hat diese Woche die Telekomaufsicht FCC die ersten Schritte unternommen, die auf ein komplettes Ende der US-Netzneutralität hinauslaufen könnten.

Um Netzneutralität und einen offeneren Zugang zu öffentlich-rechtlichen Rundfunkdaten ging es diese Woche beim ZDF-Fernsehrat. Aus dem Jahresbericht der Bundesnetzagentur geht hervor, dass die jetzt schon übermachtige Deutsche Telekom weiter an Marktmacht gewinnt und damit einen echten Glasfaserausbau verhindert.

Hate Speech im Bundestag

Justizminister Heiko Maas verteidigte vor dem Bundestag sein Hate-Speech-Gesetz, während alle anderen Redner und Rednerinnen auf Änderungen pochten. Reporter ohne Grenzen bezeichnete das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als einen gefährlichen Schnellschuss, Lokalzeitungen sehen die Meinungsfreiheit bedroht.

Ab 2018 können Reisende im EU-Ausland weiter auf ihre heimischen Streaming-Abos zugreifen, also weiter Netflix und SkyGo gucken. Geoblocking ist aber trotzdem nicht vollständig abgeschafft.

Pünktlich zum Wochenende wird es Zeit, über die Digitalisierung des Biertrinkens nachzudenken. Wobei nicht alle tief ins intelligente Bierglas schauen wollen.

Aber die beste Nachricht: Die Whistleblowerin Chelsea Manning ist frei!

Wir sagen Prost und wünschen ein schönes Wochenende.

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8 Ergänzungen

  1. Hunderte Journalisten jubelten heute Julian Assange vor der Ecuadorianischen Botschaft in London zu. Nur NETZPOLITIK.ORG ignorierte, was anderen eine Kaskade von breaking news wert war.

    Was ist die Story hinter dem Schweigen von NETZPOLITIK.ORG?

    1. Freitag ist bei den netzpolotikorglern Kleinmeisterfesttag. Rückzug in die eigene Echokammer zum meditativen Spendenzählen und gut ist’s. Montags ist dann erstmal redaktionelles Gendern angesagt, bis dann so gegen Mitte der Woche die Schreibblockaden überwunden sind.

      1. Der Julian einst heiß begehrt von den Frauen … etwa so wie der ehemals umschwärmte Wetterfrosch … ist nicht mehr bei allen soo beliebt … also bei allen, die sich eher weiblich und feministisch definieren.

        Hierzu ein paar Kommentare aus der östrogenen Ecke:

        Von Catharina Felke und Eike Kühl, Die Zeit:
        http://www.zeit.de/digital/internet/2017-05/julian-assange-wikileaks-ermittlungen-ende/komplettansicht

        Marina Hyde vom Guardian:
        https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/may/19/julian-assange-wikileaks-ecuadorian-embassy

        Kommentar von Marie-Astrid Langer NZZ:
        https://www.nzz.ch/meinung/europaeischer-haftbefehl-gegen-wikileaks-gruender-aufgehoben-kein-sieg-fuer-assange-ld.1295159

        Und da war doch noch was mit der deutschen Sektion von Wikileaks. Abgefallen und verstritten. Eine klammheimliche Freude über das Elend in der Botschaft ist schon denkbar.

      1. Das glaub ich nicht. Die einzig mögliche höhere Gewalt wäre Erdbeben oder Stromausfall.
        Gemäß dem Grundsatz Du kannst nicht nicht-kommunizieren! kommt eher ein begründetes und bewusstes Ignorieren in Frage. Die Netzgemeinde ist ja so homogen auch wieder nicht, als dass sie sich über alles freuen.

    2. Bist wohl über die Datumsgrenze geschleudert: s/jubelten heute/jubelten gestern/

  2. Redaktionssitzung Freitag, 19.05.2017
    Anwesende: Ja.

    Assange hat sich wieder mal die news gebreakt.
    Gähn!
    Sweden stellt Verfahren ein …
    Alter Schwede!
    Und nu?
    Die Schotten, ehm … Scottland’s Graveyard … die ham da noch was im Ärmel ..
    freu … (weibliches Gekichere)
    wie seid ihr denn drauf?
    Wir erinnern nun mal an unsere Redaktions-Statuten
    wie jetzt?
    wir sind waren und sind es hoffentlich noch immer einig darüber, dass …
    das ist aber schon ne Weile hin, und off the record …
    eben drum!
    was soll das jetzt heißen?
    Assange existiert für uns nicht mehr!
    Der ist aber jetzt vielleicht am wieder auferstehen …
    pure Glaubensfrage!
    Aber sind wir nicht unseren Lesern verpfl… (verschluckt sich)
    Und was haben wir davon?
    Nüscht!
    Am Ende fangen die an den Assange zu bespendern … und was bleibt dann für uns …?
    Also Leute, ich darf doch bitten!
    Schreiben wir was, dann stellt sich doch auch noch die Frage wie wir schreiben …
    Eben! Das bringt uns doch nur Ärger, so oder so. Ich seh schon die Kommentare … schrecklich!
    Würg!
    Aber wir könnten doch auch …
    na dann mach doch mal!
    ich? wieso, ich möchte mich doch nicht …
    haha! aus dem Fenster hängen, so wie der Ass…
    Aber es ist doch auch eine humanitäre Frage … schon seit Jahren …
    was willst du denn, er lebt ja noch.
    Ja schon, aber hat er nicht auch Kinder?
    und um ein paar Häärchen hätte er noch ein paar mehr gehabt …
    ihr seid schon unerbitterlich …
    kommt auf den Einzelfall an.
    Wen hat er denn schon ge…
    Jetzt hör aber auf!
    Und ausserdem waren wir uns ja mit Daniel einig und solidarisch, dass …
    … wir doch eigentlich unabhängig sein wollten!
    Aber doch nicht so!
    Ich sag nur Assange und die Russen.
    Du liest zuviel Qualitätspresse!
    Also gut jetzt, was machen wir? Es ist noch nicht zu spät…
    Aber es ist Freitag!
    Ok, da sind wir uns ja einig, es ist Freitag.
    Na denn, machen wir Feierabend!

  3. Der Assanger isch halt immer noch de gröschde Held, wo uffm Planede rumsitzt. Wer des nit kapiert, dem hense ins Hirn gschisse.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.