Liebe Leser:innen,
die Vorratsdatenspeicherung lebt: als Debatte und als Leiche im Keller der Gesetzgebung. Daran ändert auch die vermeintliche Einigung zu Quick Freeze nichts, mit der die Ampel diese Woche überraschte, denn nur einen Tag später ist die anlasslose Speicherung unserer IP-Adressen wieder Thema. Mehr als 1.000 Artikel zur Vorratsdatenspeicherung haben wir auf netzpolitik.org bislang veröffentlicht und es wird einfach nicht aufhören – allen Protesten, Bedenken und Gerichtsurteilen zum Trotz, die immer wieder auf die Unvereinbarkeit dieser Überwachungsmaßnahme mit Grundrechten hingewiesen haben.
Die Vorratsdatenspeicherung ist eine Art Zombie, der immer wieder kommt. Und weil das so ist, habe ich mir diese Woche die Wortherkunft von Zombie angeschaut. Laut Wikipedia leitet sich der Begriff Zombie von dem Wort nzùmbe aus einer in Nord-Angola beheimateten Sprache ab und hat sich über die Welt verbreitet. Nach der Definition des Ethnologen Michel Leiris von 1929 sind Zombies „Individuen, die man künstlich in einen Scheintodzustand versetzt, beerdigt, dann wieder ausgegraben und geweckt hat und die infolgedessen folgsam wie Lasttiere sind, da sie ja gutgläubig annehmen müssen, dass sie tot sind.“
Neu und alles andere als ein Zombie ist hingegen der neue Ticker, den wir auf der Startseite und als Archiv-Übersicht eingeführt haben. Mit diesem Ticker verlinken wir auf spannende Artikel, Dokumente, Veranstaltungen und vieles mehr, was uns als Redaktion über den Weg läuft. Weil wir schon lange nicht mehr alle netzpolitischen Themen abdecken können, wollen wir mit dem Ticker zumindest alles, was es nicht in unsere Berichterstattung schafft, prominent verlinken. Damit ihr Euch umfassend informieren könnt.
Wir möchten Euch kuratiert an unserem redaktionellen Screening teilhaben lassen, mit dem wir als Team international Digitalthemen verfolgen. Die Sache mit dem Ticker ist natürlich ein Wagnis, wenn man auf der Startseite gleich und megaprominent auf andere Seiten verlinkt. Aber wir vertrauen darauf, dass ihr uns treu bleibt, auch wenn wir auch mal etwas woanders empfehlen. Angst vor hohen Absprungraten haben nur die, die ihren Leser:innen nicht zutrauen wiederzukommen. Und Links sind für uns eben Liebe – und ein Kernprinzip des Internets. Viel Spaß damit.
Ein schönes Frühlingswochenende wünscht Euch
Markus Reuter
Implikationsgebilde: https://www.heise.de/news/Online-Demokratie-EU-Rat-fordert-schaerferes-Vorgehen-gegen-Fake-Accounts-9684474.html
Was wird das wohl werden. „Standardisierte Signaturen“ – könnte sinnvoll sein. Man muss bedenken, mit wieviel Liebe die Netzwerke bisher vorgehen (keine), so könnten ähnliche Nutzernamen in Kommentaren naturgemäß als Risiko farblich umrahmt werden, Ausnahmen setzen dann Seiten- bzw. Kanalinhaber. Verbindlich muss also viel mehr werden, wie bei Cookies auch, hat man aber nicht reguliert, also was Knöpfe sind, was im Kontrast eines länglichen Erklärtextes verschwinden darf usw. usf. Apple wär‘ das nicht passiert!
Dank KI wird das aber kein Problem bleiben. Denn „neue“ Inhalte zum Fangen von Algorithmen und Menschen sind (irgendwann) so ganz toll en Masse implementierbar.
Wäre es möglich den Ticker auch in Form eines separaten RSS – Feeds zu veröffentlichen?
Das sollte schon gehen: https://netzpolitik.org/ticker/feed
Noch eine Frage: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/yanis-varoufakis-palaestina-kongress-behoerden-verhaengten-einreiseverbot-gegen-griechenlands-ex-finanzminister-a-841b249d-d91d-474c-9894-857bef888973
Es ist nicht direkt netzpolitisch, dafür ein quasi gigapolitisches Thema. Mich interessieren natürlich Fakten, die der Spiegel leider nicht bereitstellt, und Ermessensspielräume, zum Vergleich mit Vorgehen im IT-Bereich, wo dann mal was beschlagnahmt wird, wo kein Sinn hintersteht, oder verlangt wird, was eigentlich nicht darf.
Laut Artikel wurde also ein Betätigungsverbot gegen Varoufakis verhängt, um irgendwas Antisemitisches zu verhindern. Dann wurde die Tatsache, dass eine Person sprechen sollte, gegen die ein Betätigungsverbot besteht, als Grund für die Auflösung der Veranstaltung genannt.
Das ist superkomisch! Geht es bei der Auflösung auch um Varoufakis, oder um eine andere Person vordergründig? Und wäre eine andere Person überhaupt nötig gewesen, um mit der Begründung die Veranstaltung aufzulösen? Das klingt schon mal gefährlich. Es wurden schon Veranstaltungen abgesagt, weil angeblich Nazis zum Besuch aufgerufen hatten, nur so als potentiellen Realitätscheck für Deutschland.
Keine Ahnung wofür Varoufakis steht, was ich ad-hoc zu dem Thema von ihm finde, klingt eher ähnlich zu Norman Finkelstein (Verurteilung differenzieren, sieht als Schuldige eher noch die EU o.ä., wofür auch Finkelstein ein ein historisches Beispiel bemüht). Sicherlich ist es provokant, zu differenzieren, was man eigentlich verurteilt, oder anderen sagt, man könne eigentlich nicht überrascht sein, dass der 07. Oktober so passiert ist.
Nicht so lange her: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/varoufakis-krieg-nahost-europa-hamas-israel-griechenland-frankfurt-92841476.html
Was passiert hier? Welche Informationen fehlen mir?
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/israelfeindliche-propaganda-einreiseverbot-gegen-yanis-varoufakis/100032348.html
Nicht die gleiche Person, sondern vor Ort geprüft und aufgelöst, wg. andere Person, die ein Betätifungsverbot hatte. Damit bleibt nur, was bzgl. Varoufakis verhängt wurde (Einreiseverbot oder Betätigungsverbot?), und ob es dabei mit rechten Dingen zugeht. „Wir können das [machen]…“ ist nicht genug. Das wäre ziemlich viel Ermessensspielraum. Auch Gefahren herbeihalluzinieren oder von anderen auf Varoufakis schließen, ginge nicht. Es bleibt spannend (so mittel)…