KW 42Die Woche, in der wir eine Tarnfirma enttarnten

Die 42. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 21 neue Texte mit insgesamt 144.573 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

in dieser Woche haben wir das iranische Internet durchleuchtet. Mein Kollege Markus Reuter hat dabei in Kooperation mit Correctiv und taz festgestellt, dass dessen Verbindungen bis nach Meerbusch nahe Düsseldorf reichen.

Die Stadt war bislang vor allem wegen seiner „Millionärsdichte“ in den Medien, bundesweit ist sie dort am höchsten. Was niemand wusste: Mitten in Meerbusch hilft eine deutsche Tarnfirma namens Softqloud dem Regime in Teheran offenbar dabei, das iranische Internet abzuschotten. Die zwielichtigen Geschäfte, die wir aufgedeckt haben, deuten sogar auf einen Bruch der Iran-Sanktionen hin. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock höchstpersönlich zeigt sich alarmiert und hat zugesichert, den Fall prüfen zu lassen.

Dass im Iran die Freiheit mit Füßen getreten wird, zeigt auch der aktuelle Bericht „Freedom on the Net“ von Freedom House. Jedes Jahr ermittelt die US-amerikanische NGO, wie es um die Internetfreiheit weltweit steht. Der Iran ist im Vergleich zum Vorjahr noch weiter abgerutscht. Ähnlich dramatisch ist die Entwicklung in Staaten wie Russland, Myanmar, Sudan oder Libyen.

Auch die Bundesrepublik ist im Ranking gefallen. Freedom House begründet das unter anderem damit, dass das im vergangenen Jahr verabschiedete neue Telekommunikationsgesetz Messenger- und E-Mail-Dienste strenger dazu verpflichtet, Nutzer:innendaten an die Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben. Außerdem hat die Große Koalition es Geheimdiensten per Gesetz erlaubt, Smartphones und Rechner mit Staatstrojanern zu hacken.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Freedom House zufolge habe sich die Internetfreiheit in 26 Staaten verbessert – das sind mehr Staaten als je zuvor. Zu den Aufsteigern zählen unter anderem Gambia und Simbabwe.

Das zeigt: Der Kampf für digitale Freiheit und Grundrechte ist noch lange nicht vorbei. Und er ist nicht umsonst.

Ein schönes Wochenende wünscht Euch
Daniel

Interview mit Silke Pfeiffer„Zivilgesellschaftliche Handlungsräume werden zunehmend enger“

Der Handlungsraum von NGOs und Aktivist:innen schrumpft, und zwar weltweit. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle „Atlas der Zivilgesellschaft“. Wir sprachen mit Silke Pfeiffer über Überwachungsexporte, digitalen Kolonialismus und die Proteste im Iran.

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EU-BürgerbeauftragteAuf Konfrontationskurs mit Frontex

Seit Jahren investieren EU-Institutionen in die Überwachungsinfrastruktur von Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten. Dabei haben sie versäumt, vorweg Risikoabschätzungen für Menschen- und Freiheitsrechte vorzunehmen, kritisieren Menschenrechtsorganisationen. Die EU-Bürgerbeauftragte leitet jetzt eine Untersuchung gegen Frontex und den Europäischen Ausländischen Dienst ein.

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FAQWorum es im Streit zwischen der Gematik und dem CCC geht

Um weiter mit den Krankenkassen abrechnen zu können, benötigen die Arztpraxen hierzulande neue Technik. Das behauptet zumindest die Gematik. Der Chaos Computer Club widerspricht und weist nach, dass es Alternativen zum teuren Austausch gibt. Die Causa ist technisch kompliziert. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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NetzneutralitätEU-Kommission hält an umstrittenen Plänen für Zugangsgebühren fest

Die EU-Kommission will große IT-Konzerne wie Google zur Kasse bitten. Sie sollen einen „fairen und angemessenen Beitrag“ zum Ausbau der Netzinfrastruktur leisten. Doch statt die Netzneutralität abzuschaffen, könnte die Kommission einen erneuten Anlauf für eine Digitalsteuer unternehmen.

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Meerbusch-Iran-ConnectionDeutsche Firma in Aufbau des abgeschotteten Internets im Iran verstrickt

Ein deutsches Unternehmen aus Meerbusch in Nordrhein-Westfalen ist zusammen mit dem iranischen Internetunternehmen ArvanCloud in den Aufbau eines abgeschotteten Internets im Iran verwickelt. Das zeigen gemeinsame Recherchen von Correctiv, taz und netzpolitik.org. Deutsche Ministerien und Sicherheitsbehörden sind alarmiert.

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Polizeigesetz Sachsen-AnhaltPolizei darf weiter Bodycams und Fußfesseln einsetzen

Sachsen-Anhalt diskutiert ein neues Polizeigesetz, das schon im Dezember verabschiedet werden könnte. Die schwarz-rot-gelbe Regierung möchte verstärkt Bodycams einsetzen, obwohl selbst die Polizei deren Wirkung anzweifelt. Auch elektronische Fußfesseln sollen präventiv zum Einsatz kommen.

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