Netzpolitischer Wochenrückblick – KW34 – Kontrolle ist gut, #Landesverrat ist besser

2015-08-11-113448_256x255_scrotWillkommen zu unserem 34. Wochenrückblick in diesem Jahr. Die Ermittlungen wegen Landesverrates gegen uns sind vorbei, unsere Quellen werden weiterhin verfolgt. Und es ist noch längst nicht aufgeklärt, warum es überhaupt nach 30 Jahren zum ersten Mal wieder Ermittlungen wegen Landesverrates gegen Journalisten gab, wer davon wusste und wer sie voran getrieben hat. Bis zum Beleg des Gegenteils müssen wir auch immer noch davon ausgehen, im Rahmen der dreimonatigen Ermittlungen Opfer von Überwachungsmaßnahmen geworden zu sein.

Diese Woche kam der Rechtsausschuss im Bundestag extra zu einer Sondersitzung wegen uns zusammen. Während das Justizministerium bei seiner Geschichte bleibt, ist die Rolle von Verfassungsschutz und Innenministerium unklar, daher wird es eine weitere Sitzung geben.

Auf dem Chaos Communication Camp sprachen Markus Beckedahl und Andre Meister über „Kontrolle ist gut, #Landesverrat ist besser“. Audio- und Videoaufzeichnungen des rund 30 Minuten langen Vortrags sind online. Wenn es demnächst Anschläge von Terroristen auf deutsche Weihnachtsmärkte gibt, sind wir daran schuld – sagt zumindest der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Währenddessen gibt es einen anderen Fall von Landesverrat. Dabei geht es aber weder um Journalisten, noch um Whistleblower, sondern um einen ehemaligen BND-Mitarbeiter, der den deutschen Nachrichtendienst für die CIA ausspioniert hat.

Der „NSA-Sonderermittler“ Kurt Graulich kritisiert in einem lesenswerten Gastbeitrag bei uns die Vorratsdatenspeicherung und fordert einen „Neustart der Geisterfahrer“. Passt zum Thema: Der Mailprovider Posteo sieht in seinem aktuellen Transparenzbericht schwere Mängel bei Behördenanfragen und fordert Stopp der Vorratsdatenspeicherung.

Per Informationsfreiheitsanfrage wurde das Gutachten vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags mit dem Titel „Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf Computernetzwerkoperationen und digitale Kriegsführung (Cyber Warfare)“ befreit, das sich mit elektronischer Kriegsführung beschäftigt. Argumentiert wird darin aus rein rechtlicher Perspektive. Wer eine Erörterung von ethischen oder technischen Fragen erwartet, wird hier kaum fündig. Es gibt eine „Meldestelle für Internetinhalte“ bei Europol und die will 95 Prozent aller „illegaler extremistisch-terroristischer Internetinhalte“ angeblich „rasch“ entfernen. Die Organe der Europäischen Union wollen dem „gewaltbereiten Extremismus“ und „Terrorismus“ zukünftig mit „strategischer Kommunikation“ begegnen. Vor allem im Internet, aber auch im Fernsehen, sollen „Gegenerzählungen“ („counter narratives“) präsentiert werden. Und es gibt mehr Details zur Polizeizusammenarbeit beim „Ersten Europäischen Mauerfall“.

Die Digitale Agenda der Bundesregierung feiert ersten Geburtstag und eigentlich interessiert das niemanden – wie auch, wenn kaum etwas Vernünftiges daraus entstanden ist. Wegen Neueinspielung der Software nach dem Bundestags-Hack bleibt dieser bis voraussichtlich Montag offline: „Rauchzeichen wegen Schadstoffbelastung verboten“. Dafür bessert die Website des Bundestages in Sachen Datenschutz auf unseren Hinweis hin nach. Nicht überraschend: Die Internetverwaltung ICANN bleibt mindestens ein Jahr länger in Hand der USA als geplant.

Am 4. September findet in Berlin unsere zweite „Das ist Netzpolitik!“-Konferenz statt. Das Programm ist jetzt auch pünktlich fertig. Am Abend feiern wir dann unseren elften Geburtstag mit einer Landesverräter-Party.

Wir wünschen ein schönes Sommer-Wochenende und viel Entspannung.

2 Ergänzungen

  1. Na denn Wohlsein!

    Apropos: Wie toasten sich bayerische Verfassungsschützer zu?
    Richtig! „O’zapft is!“.

    Apropopos: Kommt der Oettinger ins Internet-Cafe.

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