Liebe Leser:innen,
diese Woche hielt eine gute Nachricht bereit: Der High Court of Justice in London hat Julian Assange Aufschub gewährt. Wie es in dem seit Jahren andauernden Verfahren weitergeht, erfahren wir am 20. Mai. Dann ist die nächste Anhörung anberaumt.
Man muss Assange nicht gleich als Märtyrer sehen, um die Entscheidung des Gerichts mit Erleichterung aufzunehmen. Denn es ist schlichtweg ein Skandal, wie die britische Justiz Assange grundlegende Rechte verwehrt, derweil die US-Regierung ihre Hände in Unschuld wäscht. Statt Kriegsverbrechen aufzuklären, die dank Wikileaks ans Tageslicht kamen, will die US-Justiz Assange anklagen – unter Berufung auf ein über einhundert Jahre altes Spionagegesetz.
Hinzu kommt: Würde Assange in die USA ausgeliefert, fiele er damit ausgerechnet jenen Leuten in die Hände, die einst ein Attentat auf ihn geplant haben, wie Lisa Kretschmer von Reporter ohne Grenzen in dieser Woche treffend gegenüber netzpolitik.org sagte.
Bei alledem geht es natürlich nicht zuletzt um die Meinungs- und Pressefreiheit – und damit um die Grundlage auch unserer Arbeit. Wird Assange am Ende verurteilt, würde dies das fatale Signal an Journalist:innen senden, dass sie jederzeit staatliche Verfolgung befürchten müssen, wenn sie im öffentlichen Interesse klassifizierte Informationen und von Staaten verübtes Unrecht aufdecken.
Apropos journalistische Arbeit: Wir haben uns die vergangenen Tage ganz schön ins Zeug gelegt. Ihr werdet kommende Woche sicher ungläubig schauen, wenn ihr unsere Seite besucht, und – wie es der zeitliche Zufall will – dabei auch das eine oder andere Osterei entdecken.
Viel Spaß beim Staunen wünscht Euch
Daniel
Zustände wie einst in Polen drohen nun auch in Italien. Autokrat:innen mögen keine unabhängige Justiz. Die EU-Kommission müsste mit Sanktionen reagieren.
Künftig will die Regierung in Rom Staatsanwälte und Richter auf den Prüfstand stellen. Das Kabinett Meloni hat diese Woche einen Gesetzentwurf beschlossen. Vorgesehen in der neuen Vorschrift ist, dass sich angehende Staatsanwälte und Richter in Italien ab 2026 einem psychologischen Test unterziehen müssen.
Giorgia Meloni macht kein Geheimnis daraus, dass sie einen Teil der Justiz in Italien nicht mag. Zu links, zu ideologisch seien viele Richter und Staatsanwälte, findet die Regierungschefin.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/italien-richter-psychotests-100.html