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Was für eine Woche. Im Rahmen unserer Recherche-Reihe zu den Moderationspraktiken bei TikTok haben wir am Montag im dritten Teil darüber berichtet, wie Menschen mit Behinderungen auf der Plattform heimlich unsichtbar gemacht werden.
Die Berichterstattung führte zu einer globalen Debatte der Geschäftspraktiken der chinesischen Plattform mit rund einer Milliarde Nutzer:innen. Wir liefen auf vielen Kanälen in vielen Sprachen, etwa im Guardian und bei The Verge. Und das Unternehmen musste daraufhin einlenken und sich entschuldigen. Der Beitrag ist auch auf Englisch verfügbar.
Wir sind glücklich, mit unserer Arbeit auch Wirkung erzielen zu können, wie dieses Beispiel zeigt. Zum Ende des Jahres blicken wir in einem Jahresrückblick bereits auf die Themen des Jahres und unsere größten Herausforderungen zurück. Wir haben viel erreicht und noch mehr vor.
Zur Ausfinanzierung fehlen uns leider noch 106.000 Euro zum Erreichen unseres Spendenzieles. Aus den Erfahrungen der Vorjahre sind wir aber zuversichtlich, dass uns das mit Deiner / Ihrer Unterstützung noch gelingen wird. Hier geht es zu unserer Spenden-Seite. Wofür wir die Spenden einsetzen , haben wir diese Woche erst in unserem Transparenzbericht für den vergangenen Oktober berichtet.
Das Netz bleibt umkämpft
Zu Beginn der Woche argumentierte Markus Reuter in einem Kommentar, warum Saskia Esken als Teil der neuen SPD-Spitze für die Netzpolitik in Deutschland ein Glücksgriff ist und die auf „Alpha-Männchen und Ministeriabilität getrimmte Hauptstadtpresse“ verstört.
Die Berliner Verwaltung sowie städtische Unternehmen sollen transparenter werden und Informationen sowie Daten in Zukunft proaktiv veröffentlichen, findet zumindest das Bündnis „Volksentscheid Transparenz“. 32.827 Berliner:innen stimmen dem zu und haben mit ihrer Unterschrift dafür gesorgt, dass das Volksbegehren die erste Hürde genommen hat.
Auf EU-Ebene war Dienstag ein schwarzer Tag für die Privatsphäre im Internet. Nach drei Jahren Debatte gelang es den EU-Staaten nicht, sich auf eine gemeinsame Position zur ePrivacy-Reform zu einigen. Sie sollte den Schutz der digitalen Kommunikation stärken, indem beispielsweise die Standardeinstellungen von Browsern einen Schutz der Privatsphäre gewährleisten.
Mit dem neuen Medienstaatsvertrag werden nun ausdrücklich Internetmedien unter die Aufsicht der Behörden gestellt. Das Gesetz soll eine zeitgemäße Regulierung ermöglichen, birgt aber auch neue Herausforderungen. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Punkte.
Deutschland – Land der Technik?
Eine flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen bleibt in Deutschland im Jahr 2019 leider immer noch ein Wunschtraum. Ballungsgebiete haben zwar eine vergleichsweise gute Abdeckung, außerhalb von Städten sieht es jedoch weiterhin schlecht aus. Im Vergleich mit dem EU-Schnitt steht Deutschland zwar ganz gut da, darauf sollte man sich jedoch nicht ausruhen.
Die Bundesregierung hat ein Eckpunkte-Papier für eine Datenstrategie beschlossen. Unsere Gastautoren von Wikimedia konnte sie damit nicht überzeugen. Sie wünschen sich mehr konkrete Vorschläge und eine wirkliche Vision für die Zukunft statt bloßer Ankündigungspolitik.
Der Entwurf für die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) soll neue Regeln einführen, um die Macht von Tech-Unternehmen besser zu regulieren. Was davon zu halten ist und ob dieser Versuch erfolgversprechend ist, erklären uns Dominik Piétron und Martia Wiggerthale von der Initiative „Konzernmacht beschränken“ in ihrem heute veröffentlichten Gastbeitrag.
Fight for your Digital Rights
Die Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) hat ein großes Echo ausgelöst und traf auf geteilte Meinungen. Es wurde oft kritisiert, dass es keine Möglichkeit zum Widerspruch gegen die Weitergabe und Verarbeitung der eigenen Daten gibt. Im DVG ist tatsächlich keine Möglichkeit dafür vorgesehen, die Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO) enthält aber sehr wohl ein Widerspruchsrecht für forschungsbezogene Datenverarbeitungen, erklären Prof. Dr. Mario Martini, Matthias Hohmann und Michael Kolain.
Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntgegeben, dass es eine Verfassungsbeschwerde des Bündnisses „No Trust, No News“ gegen die Abhörpraxis des BND bei der Auslandsüberwachung im Januar mündlich verhandeln wird. Dessen Befugnisse waren mit dem BND-Gesetz deutlich erweitert worden, ohne einen gesonderten Schutz für Journalist:innen zu gewährleisten. Diese befürchten, dass Quellen dann aus Angst vor Enttarnung zukünftig nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten werden.
China ist in Sachen Überwachung dem BND schon ein paar Schritte voraus. Diese Woche wurde bekannt, dass Mobilfunkverträge in dem Land künftig nur noch nach erfolgtem Gesichtsscan abgeschlossen werden dürfen. Die Regierung begründet diese Maßnahme mit dem Schutz der Bevölkerung vor Betrügern, Kritiker:innen vermuten jedoch, dass dies ein weiterer Schritt Chinas auf dem Weg zur totalen Überwachung seiner Bürger:innen ist.
Spion & Spion
Europäische Nachrichtendienste arbeiten ohne Mandat mit Behörden der EU zusammen, schreibt unser Autor Matthias Monroy. Sie kooperieren mit Europol und treffen sich in einem Lagezentrum in Brüssel. Die Zusammenarbeit soll noch ausgebaut werden, ein Treffen der Justiz- und Innenminister der EU in dieser Woche sollte als Gedankenaustausch fungieren.
Österreich wurde indes vom Berner Club – bestehend aus den Chefs der Nachrichtendienste der 28 EU-Länder sowie Norwegen und der Schweiz – aufgrund schwerer Mängel gerügt. Das IT-System des österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist den anderen Diensten zu unsicher, sie sehen den Inlandsgeheimdienst außerdem gefährdet, von Rechtsextremen unterwandert zu werden.
Polizei 2.0
Frankreich und Großbritannien überwachen zukünftig den Ärmelkanal mithilfe von Drohnen, um Migrant:innen an der Überfahrt zu hindern. Ab 2020 werden diese Maßnahmen von der EU übernommen und finanziert, die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) bietet europäischen Staaten entsprechende Dienste an.
Unsere Autorin Marie Bröckling hat im Gespräch mit dem Soziolgen Simon Egbert dem Einsatz von Predictive Policing nachgespürt. Egbert hat in einer Studie die Verbreitung der Praxis nachvollzogen und erklärt, wer damit Geld verdient und was Bayern mit all dem zu tun hat.
In Berlin möchte die Polizei Kennzeichenscanner dauerhaft einsetzen, um die Durchsetzung von Dieselfahrverboten zu gewährleisten. Es gibt allerdings noch ungeklärte Fragen beim Datenschutz, weswegen Berlins Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr zurückhaltend auf den Vorschlag reagierte.
Käse-Steuer und Internet-Gesetze
Seit längerem wird in der EU darüber diskutiert, wie man mit der chinesischen Firma Huawei beim Ausbau der 5G-Netze umgehen soll. In einer Erklärung haben die 28 EU-Staaten jetzt bekräftigt, dass bei Herstellern darauf geachtet werden muss, welche gesetzlichen Verpflichtungen sie im Herkunftsland einhalten müssen. China und Huawei werden zwar nicht beim Namen genannt, es ist aber klar wer gemeint ist, schreibt Alexander Fanta.
Frankreich hat eine Digitalsteuer eingeführt, um Google, Apple und Amazon zur Kasse zu bitten. Die US-Regierung reagierte verschnupft und droht mit der Einführung von Strafzöllen auf Käse und Champagner. Wie kann man nur ein Land bestrafen, dass 246 Käsesorten hat, fragen wir uns?
Das Bundesfinanzministerium muss der Öffentlichkeit eigentlich Auskunft dazu geben, wie es mit Skandalen wie Cum-Ex umgeht. Mit einer Gesetzesänderung durch die Hintertür hat es sich jetzt aber eine Ausnahme schaffen lassen und damit das Informationsfreiheitsgesetz ausgehebelt, schreibt Arne Semsrott.
Podcast und Montagsreihe
Die erste Dezemberwoche ist mit einer neuen Folge unserer Montagsreihe „ABC der Offenheit“ gestartet. Darin wird erklärt, warum „Open Science“ Forschung effizienter machen kann, was dabei zu beachten ist und welche Beispiele es für eine erfolgreiche Implementierung gibt.
In Folge 190 unseres Podcasts NPP hat sich Chris Köver mit der Mathematikerin Paola Lopez darüber unterhalten, ob der Staat algorithmische Systeme einsetzen darf um Prognosen über Menschen zu treffen. Konkret geht es um einen Fall in Österreich, wo die Regierung beschlossen hat, die Chancen von Arbeitssuchenden am Jobmarkt mithilfe eines Algorithmus vorherzusagen.
Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!
„warum Saskia Esken als Teil der neuen SPD-Spitze für die Netzpolitik in Deutschland ein Glücksgriff ist“
Der Spin, sie wird eine schlechte SPD-Spitzenvertreterin sein, weil sie vorher noch nie die Big-Chefin war; eine durchschaubar ziemlich schwache Argumentationsline.
Wer dies von Herrn Schwennicke bei Anne Will gesehen hat, wird wissen was ich meine.
Jetzt zum Eigentlichen:
„Die Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) hat ein großes Echo ausgelöst und traf auf geteilte Meinungen. die Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO) enthält aber sehr wohl[…]“
Technik und Meinungen *LACH*.
Seit der DSGVO müssen Webseiten fragen, ob sie Trackingcookies setzen dürfen.
Cookies, sehr seehr böse -Meinung. Lassen sich vergleichsweise einfach konfigurieren bzw. modifizieren -Technik.
In der Realität: nicht wenige Webseiten setzen nun im Endeffekt zwingend, um sie überhaupt lesen zu können, JavaScript voraus -haha, liebe EU, guter schlechter Witz, oder ist das Absicht?. Habe ich Käfer im Garten, lasse ich die Wildschweine rein? Javascript ist aktuell eine DER Voraussetzungen für richtig gutes Tracking.
Und wenn alles Tracking verboten ist, was dann?
Das Internet in der heutigen Form bricht zusammen?
Micropay mit deinem Namen, für alle Seiten = Supertracking?
Ich bin gespannt, was da noch so kommen wird.