Digitalsteuer in FrankreichWie kann man ein Land bestrafen, das 246 Käsesorten hat

Weil Frankreich die Internetkonzerne Google, Apple und Amazon besteuert, will die US-Regierung jetzt Käse und Champagner mit Strafzöllen belegen. Bis 2020 will die OECD ein globales Modell für eine Digitalsteuer vorlegen.

Blauschimmel-Käse
– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jez Timms

Die USA haben Strafzölle auf bekannte französische Produkte angekündigt, darunter Weichkäsespezialitäten wie Roquefort. Hintergrund ist die dieses Jahr eingeführte französische Digitalsteuer, bei der das Land den in Frankreich generierten Umsatz der Internetkonzerne Google, Amazon, Facebook und Apple mit drei Prozent besteuert. In diesem Jahr soll die Steuer 400 Millionen Euro erbringen, im nächsten Jahr 650 Millionen.

Eine Digitalsteuer ist im Grunde nur konsequent: Internetriesen wie Amazon generieren hier Umsätze in Höhe von fast 20 Milliarden Euro, ihr Steueranteil in Deutschland ist hingegen gering, weil sie Niedrigsteuerländer zur Abrechnung nutzen. Deswegen haben weltweit bisher 24 Länder Digitalsteuern eingeführt.

Deutschland schreckte hingegen vor der Einführung einer nationalen Digitalsteuer zurück, da es Strafzölle für die Automobilindustrie fürchtet. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bremste im vergangenen Jahr sogar eine europäische Digitalsteuer.

OECD-Vorschlag soll 2020 kommen

Die USA und Deutschland favorisieren eine von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verhandelte „Digitalsteuer“. Das Problem an dieser ist nur, dass sie eigentlich nichts mehr mit dem ursprünglichen EU-Projekt einer Steuer auf digitale Dienstleistungen zu tun hat.

Laut einem Bericht des Handelsblatt sollen nicht nur Unternehmen mit hochdigitalen Geschäftsmodellen wie Apple, Facebook und Google der neuen Digitalsteuer unterliegen, sondern auch Firmen, die eine „nachhaltige Präsenz“ im Konsumentenmarkt haben, also von Endverbrauchern genutzte Produkte herstellen. Die Definition ist so weit gefasst, dass auch Automobilhersteller oder Pharmakonzerne unter diese Regelung fallen könnten.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire bezeichnete gegenüber Reuters den Vorschlag der OECD jedoch als „sehr gut“. Von der Steuer würden allerdings Länder mit großen Märkten stärker profitieren als kleine Länder. Die OECD mit ihren 36 Mitgliedern will bis 2020 eine Lösung verabschieden. Bis dahin dürften die USA weiterhin Digitalsteuer-Länder wie Frankreich mit Strafzöllen entgegentreten.

Jeden Tag einen anderen Käse

Die Liste der jetzt von den USA bestraften Käseprodukte wird übrigens der französischen Käsevielfalt nicht gerecht. Der frühere Staatspräsident Charles de Gaulle wusste schon über die Vielfalt und wird mit dem bekannten Satz zitiert: „Wie kann man ein Land regieren, in dem es 246 verschiedene Käsesorten gibt?“

Und dabei irrte de Gaulle sogar: Etwa 300-400 Sorten Käse unterschiedlichster Milchsorten, Fettstufen, Herkünfte, Klassen, Reifestadien, Schmierungen gibt es in Frankreich derzeit, mit Varianten und Abwandlungen könnten es auch 1.000 sein.

Die vom sich mit der Maßnahme als Käse-Banausen enttarnenden Trump regierten Amerikaner müssen sich also keine Sorgen machen: Trotz der Teuerung der beiden vorzüglichen mit Strafzöllen belegten Sorten, könnten sie weiterhin jeden Tag einen anderen französischen Käse essen. Am besten natürlich in der Rohmilchvariante, die dem Geschmack von Käse am Besten zur Wirkung gereicht.

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2 Ergänzungen

  1. „Gruyère ist ein halbharter bis harter Schweizer Hartkäse mit geschützter Ursprungsbezeichnung“
    – Hauptsache Käse.

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