Netzpolitischer Wochenrückblick – KW 7

Bye bye Datenschutz: EU-Parlament kopiert von Amazon, ebay & Co.

Von der New York Times über The Telegraph bis hin zur Zeit – alle berichten über die Brüsseler Lobby-Flut gegen die Datenschutzreform. Nach der ersten Abstimmung im EU-Parlament wurde jetzt aufgedeckt, wie sehr die Wünsche der Unternehmen dort auf fruchtbaren Boden fallen.

Der Wiener Student Max Schrems, bekannt durch die Initiative Europe vs. Facebook, konnte nachweisen, dass zahlreiche Stellen in der ersten öffentlichen Stellungnahme des EU-Parlaments zur Reform 1:1 aus Lobbying-Dokumenten und Änderungsvorschlägen kopiert wurden. Mehr zum massiven Lobbying ist auf dem Portal lobbyplag.eu zu finden sein.[Zum Artikel]

Rüstungskonzern entwickelt Software, mit der Social-Media-Daten zusammengeführt und durchsucht werden können, für die ‘nationale Sicherheit’

Der US-Rüstungs- und Elektronikkonzern Raytheon arbeitet laut Guardian an einer umfangreichen Software zur Durchleuchtung von Internetnutzern, indem Daten von beispielsweise Facebook, Twitter and Foursquare zusammengeführt und ausgewertet werden. RIOT – Rapid Information Overlay Technology – heißt die Suchmaschine, mit deren Hilfe aus Social-Media-Daten ermittelt werden soll, ob eine Person ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellt.[Zum Artikel]

INDECT – Totalüberwachung für Europa?

Für den 23.02.2013 ist ein “internationaler Aktionstag für Deine Privatsphäre” geplant. Wir bekommen gerade regelmäßig Anfragen, ob wir das unterstützen wollen. Allerdings sind wir etwas irritiert, wie INDECT als Verschwörungs-Mem dabei in den Vordergrund gerückt wird. Über das von der EU geförderte Überwachungsforschungsprojekt haben wir regelmäßig berichtet und glauben, es daher einigermaßen einschätzen und bewerten zu können. Keine Frage, solche Forschung sollte nicht von der EU finanziert werden. Diese Projekte müssen genau beobachtet werden und die Beteiligten ans Licht der Öffentlichkeit gebracht und dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie den Abbau von Grundrechten durch ihre Forschung unterstützen. Aber INDECT ist für uns auch nicht das Monster, als das es gerade von einigen inszeniert wird.[Zum Artikel]

Jetzt auch ZDF im Livestream

Nach der ARD bietet jetzt auch das ZDF für sein Hauptprogramm und seine Digitalkanäle ZDFkultur, ZDFneo und ZDFinfo einen Live-Stream an. Für mobile Geräte gibt es webapp.zdf.de/mediathek.[Zum Artikel]

Die Abmahnindustrie wird von dieser Koalition weiter gefördert werden

Vor zwei Wochen machte ein Gesetzesentwurf für eine Neuregelung verschiedener Gesetze zum Vorgehen gegen Kostenfallen und massenhafte Abmahnungen die Runde, der als Kompromiss zwischen Bundesjustizministerium und CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgehandelt worden sei. Dabei sollte es eine Deckelung der Abmahnkosten geben. Wir kritisierten, dass der Punkt zu den massenhaften Abmahnungen nicht eindeutig und ausreichend definiert sei und deshalb zu befürchten sei, dass die Abmahnindustrie damit keinen Schaden nehmen würde. Am 6. Februar sollte der Kompromiss im Bundeskabinett beschlossen und in den parlamentarischen Prozess überführt werden.

Soweit, so gut. Das war aber nicht mal ein abgeschlossener Kompromiss. Unser Kulturstaatsminister Neumann meldete sich als Vertreter der Unterhaltungslobby zu Wort und verhinderte eine Abstimmung. Verschiedenen Medien und auch uns liegt nun der erweiterte Vorschlag des Kulturstaatsministers vor. Der bedeutet eine weitere Verschlimmbesserung in die Richtung, dass man gerne noch ein 2-Strikes Warnmodell einbauen möchte.[Zum Artikel]

42 – Das Mysterium der Datenschutzreform

Erik Josefsson verglich den Entwurf der Allgemeinen Datenschutzverordnung der Europäischen Kommission (Jan 2012) mit einer Fassung (Dez 2011), die während der kommissionsinternen Abstimmung an die Öffentlichkeit sickerte. Seine “Diff”-Recherchen enthüllen das extreme Ausmaß der Textkorrekturen der Europäischen Kommission zum Jahreswechsel. Ganz verschwand der alte Artikel 42.[Zum Artikel]

Niedersachsen: Mehr Open-Data, keine Vorratsdatenspeicherung

In Niedersachen haben SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag veröffentlicht. Darin finden sich auch viele netzpolitisch relevante Stellen. Insgesamt ist der Koalitionsvertrag recht solide, aber besser geht auch noch.[Zum Artikel]

Deutsche “Forschung für zivile Sicherheit” begünstigt Hersteller von Überwachungstechnologie, Datenschutz bleibt außen vor

Die Bundesregierung hat zur zweiten Auflage ihres Programms “Forschung für zivile Sicherheit” Stellung genommen. Hintergrund ist eine Anfrage der Linksfraktion zur Ausrichtung geförderter Projekte. Die FragestellerInnen kritisieren, dass der Bedarf für das millionenschwere Forschungsprogramm zuvor nicht glaubhaft vermittelt wurde. Die Bundesregierung behaupte einen “veränderten Freiheitsbegriff” und den “Wandel gesellschaftlicher Sicherheitskulturen”. Obschon diese veränderten politischen Leitlinien gehörige Auswirkungen auf die Bevölkerung haben, sind Gruppen aus den Bereichen Datenschutz, Bürger- oder Menschenrechte bei deren Entwicklung und Durchführung extrem unterrepräsentiert.[Zum Artikel]

TTIP: Die Transatlantische Handels- und Investment-Partnerschaft

US-Präsident Barack Obama hatte bereits vorgestern in seiner State of the Union Rede darauf verwiesen, dass die Verhandlungen zu einer “Transatlantic Trade and Investment Partnership” zwischen den USA und der EU konkreter werden. Seit gestern ist es richtig offiziell, wie Obama, der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso und der derzeitige Präsident des EU-Rates Herman Van Rompuy in einem gemeinsamen Statement mitteilten.[Zum Artikel]

Erst LSR, dann EU-Datenschutzreform – Verleger trollen Politik

„Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Presselandschaft zu erhalten.“ Das ist ausnahmsweise mal kein Statement der Presseverleger zur Rechtfertigung des Leistungsschutzrechts. Mit der Drohgebärde vom Untergang der „vielfältigen Presselandschaft“ setzen sich die Verleger auch für eine Verwässerung der EU-Datenschutzverordnung ein.[Zum Artikel]

Gesetzentwurf CISPA wird nach 10 Monaten Pause wieder im US-Repräsentantenhaus thematisiert

Der ‘Cyber Intelligence Sharing and Protection Act‘ CISPA war im April 2012 durch das US-Repräsentantenhaus beschlossen worden – der Text sah unter anderem den Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Regierungsbehörden zum Schutz vor ‘Cyber-Attacken’ vor und hätte durch seinen breiten Interpretationsspielraum viele bestehende Datenschutzgesetze unterwandern können. Michael Rogers und Dutch Ruppersberger hatten CISPA im November 2011 eingebracht und sind auch diejenigen, die den Entwurf nun erneut einbringen. Ruppersberger gibt an, dieses Mal mit dem Weißen Haus zusammenzuarbeiten, um die Bedenken aus dem letzten Jahr auszuräumen.[Zum Artikel]

Sechs Wissenschaftler zur EU-Datenschutzverordnung: Berechtigtes Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht vergessen!

Sechs Wissenschaftler veröffentlichten heute eine “sachliche Bewertung” die EU-Datenschutzverordnung betreffend, die sich mit Argumenten gegen einen wirksamen Datenschutz auseinandersetzt.[Zum Artikel]

Creative Commons NonCommercial: Alles bleibt beim Alten

Als Creative Commons vor etwas mehr als einem Jahr die Diskussion zu Version 4.0 ihrer Lizenzen eröffnete, sprach der damalige stellvertrende Geschäftsführer Mike Linksvayer von “a once-in-a-deacade-or-more opportunity”. Vor allem das Lizenzmodul, das kommerzielle Nutzung untersagt (NonCommercial, NC) stand im Fokus von Reformbestrebungen.[Zum Artikel]

Lücke im Datenschutz-System? Facebook darf machen, was es will?

Das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum in Schleswig-Holstein wollte gegen Facebook vorgehen, weil deren Klarnamenspflicht gegen das deutsche Telemediengesetz verstösst und keine Pseudonyme zulässt. Aber das Verwaltungsgericht Schleswig erklärte: Deutsche Datenschutzbehörden sind für Facebook gar nicht zuständig, weil die doch in Irland sitzen. In Deutschland sitzen doch nur Vertrieb und Marketing, sowie die Lobbyisten.[Zum Artikel]

Jung & Naiv – Politik für Desinteressierte

Der Berliner Blogger Tilo Jung hat eine neue Interview-Reihe auf Youtube gestartet. In “Jung & Naiv – Politik für Desinteressierte” trifft er Experten und stellt ihnen möglichst naive Fragen zu ihrem speziellen Themengebiet. Die Sendung zeigt, dass man mit etwas Kreativität und Einsatz auch ohne teure Technik interessante Dinge anstellen kann.[Zum Artikel]

Video erklärt: Was ist Big Data?

Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen erklärt in einem Animationsvideo, was sich hinter dem Trendbegriff “Big Data” verbirgt.[Zum Artikel]

The Pirate Bay AFK – Dokumentation

Die Dokumentation „TPB AFK – The Pirate Bay away from keyboard“ von Simon Klose hatte eben ihre Weltpremiere im Netz und feiert heute auf der Berlinale Offline-Premiere. Für mindestens zehn Dolar (geht auch mehr) kann man den Film online schauen und mit Extramaterial herunterladen. Für 17 Euro kann man die DVD erwerben.[Zum Artikel]

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Und schon wurde eine Remix-Version des Films notwendig.[Zum Artikel]

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