KW 28Die Woche, als die USA zum dritten Mal eine Lizenz zum Überwachen bekamen

Die 28. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 13 neue Texte mit insgesamt 68.173 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser*innen,

vor allem im Sommer verirrt sich gelegentlich eine Stubenfliege in meine Küche und gibt sich fortan der Aufgabe hin, wieder herauszukommen. Beharrlich brummt die Fliege gegen die Fensterscheibe, die man zwar durchblicken aber nicht durchqueren kann. Was der Fliege an Kreativität fehlt, das gleicht sie durch Stumpfheit wieder aus.

Die Strategie der Fliege lässt sich auch in der Politik wiedererkennen, wie diese Woche gleich drei Artikel auf netzpolitik.org anschaulich machen.

Zehn Mal bekam SPD-Landespolitiker Philipp da Cunha eine Frage gestellt, die er offenbar nicht vor der Kamera beantworten wollte. Zehn Mal reagierte er mit demselben Quark.

Drei Mal hätte die Europäische Kommission die Daten ihrer Bürger*innen ernsthaft vor dem Zugriff von US-Behörden schützen können. Drei Mal wurde daraus ein Blankoscheck zur Massenüberwachung.

Sechzehn Bundesministerien sollten offenlegen, wer bei ihnen eigentlich das Amt des Chief Data Officer oder Chief Data Scientist ausübt. Fünf halten diese Informationen unter Verschluss, als wäre es eine Art Staatsgeheimnis.

Um Frust und Verdrossenheit soll es in diesem Wochenrückblick aber nicht gehen. Im Gegenteil. Aus elf Bundesministerien gibt es inzwischen Einblicke zu den obersten Daten-Beamt*innen. Der „Transatlantische Datenschutzrahmen“ wird wohl vor Gericht landen. Und statt sich unauffällig aus der Affäre zu wieseln, hat Philipp da Cunha jetzt umso mehr bundesweite Aufmerksamkeit.

Transparenz bedeutet Widerstand, und genau das gehört zu unseren Aufgaben bei netzpolitik.org. Der Wille der Fliege mag hart sein, aber das Fensterglas ist es auch. Der Vergleich kommt hier jedoch an seine Grenzen, deshalb will ich es damit nicht zu weit treiben. Zum Wohlergehen aller beteiligten Lebewesen mache ich mein Fenster auf, wenn ich eine Fliege bemerke. Manchmal dreht sie im Freien einen Bogen und kommt wieder rein.

Euch ein schönes Wochenende
Sebastian


#272 On The RecordWie digital sind unsere Kommunen, Laura Dornheim?

Laura Dornheim ist Chief Digital Officer in München und damit für die IT-Infrastrukturen der größten deutschen Kommune verantwortlich. Wir sprechen mit ihr darüber, warum der Weg zu eGovernment so steinig ist, welche Chancen Open Source bietet und wie KI-Anwendungen verantwortlich betrieben werden könnten

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DegitalisierungDas Hype-Gap

Manchmal hat es auch einen Vorteil, dass die Verwaltung und das Gesundheitswesen in Deutschland so langsam sind, meint unsere Kolumnistin. Etwa, weil sie dann auch mal die Hypes verschlafen, auf die sonst jeder Dödel schon aufgesprungen ist. Ist das ausnahmsweise mal nicht der Fall, sind die Folgen nämlich verheerend.

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Schwarzbuch Axel VossEin CDU-Abgeordneter schreibt Digitalgesetze – und berät nebenher die Digitalbranche

Wenn die EU das Netz reguliert, dann ist der konservative Parlamentarier Axel Voss nicht weit. Doch sein Abgeordnetengehalt bessert der CDU-Mann mit Nebenjobs auf, die Interessenskonflikte vermuten lassen. Transparenzorganisationen fordern ein Ende dieser Praxis.

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Absurdes InterviewDer billige Trick des Philipp da Cunha – und was Medien daraus lernen müssen

Vier Minuten lang weicht Philipp da Cunha einer simplen Frage aus. Das Interview geht viral. Dabei ist das Verhalten des SPD-Manns schnöder Alltag in der politischen Kommunikation. Die Mechanismen des linearen Rundfunks machen es möglich – und müssen sich ändern. Ein Kommentar.

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Aus für das NetzDGEuropaweite Regeln für das Löschen und Sperren

Das deutsche NetzDG sollte illegale Inhalte im Netz bekämpfen und galt doch als unbeliebt. Ab Februar 2024 wird das umstrittene Gesetz von einer neuen EU-Verordnung abgelöst, die alle Online-Plattformen schärfer in den Blick nimmt. Wir veröffentlichen den Referentenentwurf, der das deutsche Recht an das EU-Gesetz anpassen soll.

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StaatstrojanerEU-Abgeordnete fordern starke Schutzmaßnahmen für Journalist:innen

Ein neues Gesetz soll die Presse in Europa vor Überwachung schützen. Während die EU-Staaten ihren Entwurf durch Blankoausnahmen stark verwässerten, will das Europäische Parlament sich dagegen wehren. In Brüssel droht ein Streit um die Pressefreiheit zu entbrennen.

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3 Ergänzungen

  1. [1] Kurzinformation Zur Telekommunikationsüberwachung aus Gründen der nationalen Sicherheit

    Der Begriff „nationale Sicherheit“ findet in den Vorschriften, welche die Telekommunikationsüberwachung durch die deutschen Nachrichtendienste und das Bundeskriminalamt (BKA) regeln, keine Verwendung. Im Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) und im Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) gibt es jedoch Ermächtigungen zur
    Telekommunikationsüberwachung, die Zwecken dienen, welche sich im weitesten Sinne als solche der nationalen Sicherheit verstehen lassen.

    https://www.bundestag.de/resource/blob/957278/d7a8c74fbf674c20ebe031d2054b4470/WD-3-068-23-pdf-data.pdf

    [2] Rechtliche Rahmenbedingungen und Statistik

    1. Kommunikationsüberwachung zu repressiven Zwecken
    1.1. Rechtslage
    1.2. Berichtspflichten und Statistik
    2. Zur Telekommunikationsüberwachung aus Gründen der nationalen Sicherheit

    https://www.bundestag.de/resource/blob/957624/ed2cbf86890c7326710096b42b6818a6/WD-7-054-2-WD-3-068-23-pdf-data.pdf

  2. digital feudalism (aspect):

    Freiheiten der Menschen werden beschnitten, damit Werbung angezeigt werden „kann“ (rezipiert werden muss). Selbst wenn das gerechtfertigt ist, haben die Menschen das Recht auf Transparenz. Transparenz in Metadaten, bevor eine Werbung über mich ausgekippt wird. Welches Unternehmen oder welche Person oder Sache wirbt da, aber auch welches Webenetzwerk (Unternehmen, Google, Meta, Zusammenschluss, Ausgründung…). Ansonsten ist das ein Krieg gegen die Demokratie. Kein Spass, keine Sache die man mal probieren kann, wenn man schon so weit gekommen ist, Krieg.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.