Netzpolitischer Wochenrückblick KW 40

Banner_477_232-300x145In zwei Wochen ist es soweit: Am 17. Oktober feiern wir zehn Jahre netzpolitik.org mit einer Konferenz und Party. Jetzt gibt es auch ein Programm mit vielen interessanten Themen. Kommt vorbei und feiert mit!

Aber kommen wir jetzt erstmal zu den neuesten Entwicklungen der vergangenen zwei Wochen. Wir bekommen eine neue EU-Kommission und die Befragungen der designierten Kommissare im EU-Parlament zeigen auf, welche Debatten in den kommenden Jahren auf EU-Ebene auf uns zukommen werden.

Der designierte Kommissar für Digitales, Günther Oettinger, stand am Montag Rede und etwas Antwort, wir saßen drin und haben live gebloggt. Unser Fazit: Er will eine Aufholjagd. Und sich dafür Zeit lassen. Im Detail ist er der Ansicht, dass die Netzneutralität in „Notfällen“ beschnitten werden könnte – nach dem Motto: ein bisschen schwanger. Damit würde er Online-Innovation und Kommunikationsfreiheit der Agenda der marktbeherrschenden Telekommunikationsunternehmen opfern. Unterdessen gibt es jetzt eine weltweite Kampagne für Netzneutralität.

Auch beim Datenschutz glänzt Oettinger nicht. Die Zusammenhänge von öffentlich zugänglichen und privaten Daten im Netz sind ihm offenbar noch nicht ganz bewusst, wie sich durch sein unwissendes Statement zum Diebstahl von Nacktfotos aus den iClouds von Prominenten zeigt. An das Thema Urheberrecht (er sieht sich als Teil der Kino-Generation) will er sich in den nächsten zwei Jahren „herantasten“. Immerhin kündigte er an, gegen Staaten mit Vorratsdatenspeicherung klagen zu wollen, weil diese nach dem EuGH-Urteil gegen Europäisches Recht verstößt. Der designierte Innen-Kommissar Avramopoulos verlangt hingegen einen neuen Anlauf für eine europaweite Vorratsdatenspeicherung – obwohl die anlasslose Massenüberwachung grundrechtswidrig ist.

Auch bei der Anhörung der designierten Handels-Kommissarin Malmström saßen wir drin und haben live gebloggt. Dominant waren natürlich die Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) – und besonders der umstrittene Investorenschutz. Konkrete Antworten blieb aber auch sie schuldig. Der derzeitige Amtsinhaber hat unterdessen bestätigt, das CETA die Blaupause für TTIP ist.

Auf Bundesebene haben wir berichtet, wie die Überwachung von BND und NSA in Bad Aibling funktioniert. Das sollte eigentlich auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages herausfinden. Fünf Stunden haben wir live aus der letzten Sitzung gebloggt, aber viele Informationen kamen nicht heraus. Schuld ist der BND, der seinen Mitarbeitern eine Aussagegenehmigung erteilt hat, die mehr verbietet als genehmigt. Die Bundesregierung sabotiert damit die Aufklärung der weltweiten Totalüberwachung und den Auftrag des Parlamentarischen Ausschusses.

Handys werden den Behörden auch zukünftig als Ortungswanzen dienen, wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage mitteilte. Ein Gesetzesentwurf, dem entgegenzuwirken, ist nicht geplant und so unterliegt die Handhabe weiterhin dem Ermessen der verschiedenen Behörden Länder. Die „stille SMS“ erfreut sich bei BKA und Polizei einer steigenden Beliebtheit.

Die Überarbeitung des Bundesdatenschutzgesetzes ist immer noch nicht ausreichend, wie nach Peter Schaar nun auch Thilo Weichert in einem Gastbeitrag erläutert. Die Regierung plant einen Maulkorb für Bundesdatenschützer – der muss weg.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat auf einem Parteikonvent Grundsatzrede zum Thema Netzpolitik gehalten. Markus fordert Positionen und Ergebnisse, die über schöne rhetorische Floskeln hinaus gehen. Lorenz kritisiert das Feindbild Silicon Valley und den unheilvollen Unterschwang, die keine „Zukunftschancen des Digitalen Wandels“ liefern.

Wir wünschen ein schönes verlängertes Wochenende und freuen uns auf viele neue Themen in der kommenden Woche.

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