EU-Handelskommissar de Gucht bestätigt: CETA ist die Blaupause für TTIP

CC-BY WEF

Seit fünf Jahren verhandeln die EU und Kanada das Freihandelsabkommen CETA. Die Verhandlungen über das “Comprehensive Economic and Trade Agreement” sind geheim, weder Öffentlichkeit noch Abgeordnete hatten Zugang (Lobbyisten aber schon). Da die versprochene Transparenzoffensive der EU und der Bundesregierung weiterhin auf sich warten lässt haben haben wir hier vor zwei Wochen erstmalig den kompletten Text des umfangreichen Verhandlungspaketes veröffentlicht.

CETA gilt dabei als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen TTIP, was EU und USA im Moment aushandeln. Wenn das recht unbekannte Handelsabkommen CETA von europäischen Parlamenten und dem kanadischen Parlament durchgewunken wird, gibt es weniger Chancen, das ebenfalls intransparent ausgehandelte TTIP-Abkommen zu stoppen. Beide Abkommen eint, dass sie ISDS-Verfahren (Investor-state dispute settlement) einführen wollen, wonach ausländische Investoren Staaten aus Schadensersatz verklagen können, wenn diese z.B. ihre Verbraucher- oder Umweltstandards erhöhen.

In der FAZ kommentierte jetzt der scheidende EU-Handelskommissar de Gucht die beiden Verhandlungen: EU-Kommissar gegen Nachverhandlungen zum Freihandel mit Kanada.

Wenn wir die Verhandlungen neu eröffnen, ist das Abkommen tot“, sagte De Gucht im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es wäre dumm von den EU-Staaten dieses Risiko einzugehen, sagte De Gucht weiter. Ceta sei das umfassendste Handelsabkommen, das die EU jemals mit einem Land ausgehandelt habe. „Es ist geradezu eine Blaupause für die Gespräche mit den Vereinigten Staaten“, sagte er der F.A.Z..

Der Digitale Gesellschaft e.V. beschreibt, wie sich ISDS z.B. auf Regeln zur Netzneutralität auswirken könnte:

In einigen Punkten stellt sich die Bundesregierung zudem bewusst unwissend. So gibt sie in ihrer Antwort vor, keine Kenntnisse davon zu haben, dass die Pflichten von Zugangs- und Hostprovidern Gegenstand des Abkommens sein sollen. Dabei wird ausweislich eines Positionspapiers der EU Kommission, das bereits im Februar 2014 geleakt wurde, durchaus über diese Pflichten verhandelt. Diese Pflichten umfassen auch und gerade die Regeln zur Netzneutralität. Im Zusammenspiel mit ISDS besteht daher die Gefahr, dass Unternehmen mit Hinweis auf die laxeren US-Regeln zur Netzneutralität gegen die europäischen Errungenschaften in diesem Bereich vorgehen und die EU damit vor die Wahl stellen, die Normen abzuschaffen oder Schadensersatz aus Steuergeldern zu leisten.

Auf CETA muss jetzt genau geschaut werden und die Regelungen zum ISDS müssen jetzt raus, bevor wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden und TTIP mit Verweis darauf durchgewunken wird.

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8 Ergänzungen

  1. Diese Abkommen sind allesamt indiskutabel.
    De Gucht hat bereits in der ACTA-Sache keine gute Figur abgegeben.
    Wer hat den gewählt?
    Wenn niemand den gewählt hat, worauf warten wir dann?
    Europa braucht eine Demokratie. Ohne Revolution ist die nicht zu haben.

    1. Demokratie braucht aber auch Beteiligung und selbstdenkende Bürger. Da sehe ich schwarz. In ihrem derzeitigen Zustand wählt die Bevölkerung dann wieder rechte „Gewißheiten“ und die Demokratie ab, siehe Ungarn. Ein Dilemma!

      1. Nicht nur Ungarn.
        Gerade die letzte EU Wahl sowie die Wahlen in Thüringen sollten ein klares Zeichen sein.
        Leider rennen die meisten immer noch der CDU/SPD hinterher.
        Gerade diese beiden Parteien haben in den letzten 10 Jahren aber am Abbau der Demokratie in allen Sektoren mitgeholfen.

        Wir brauchen endlich eine verlässliche Regierung die nicht auf Vettern Wirtschaft spezialisiert ist.
        Was Merkel, Gabriel und co. versprechend ist nichts wert.
        Die Digitale Agenda ist ein Witz der trauriger nicht sein.

        Gerade was täglich auf Netzpolitik.org zu lesen ist, stellt jeden denkenden Menschen vor vollendete Tatsachen die so nie geschehen dürften.
        Die Politik riegelt sich auch immer mehr von den Bürgern ab.

        Ich denke mal, wenn bei der nächsten Bundestagswahl mal alle zu hause bleiben würden um der Politik ein Zeichen zu setzen, dann wäre der Spaß perfekt.

        Ich spekuliere auf eine Wahlbeteiligung 2017 unter 30%.
        Mal schauen ob wir es noch bis dahin durchhalten.

        Martin

      2. Demokratie braucht vor allem eins nicht. Geld in der Politik. Verwaltungsaufwendungen ja, Lobbyisten und große Interessenten… ne lass ma. Das Volk ist größter Teilhaber des Landes 99% min. und es entscheidet auch wie der Hase zu laufen hat. Die repräsentative Demokratie hat sich in den letzten Jahren ja richtig dämlich angestellt wenn die größten Änderung auf der Straße und nicht auf dem Wahlzettel durchgerungen wurden. Sollen wir jetzt JEDEN MONAT wegen irgend einer hirnverbrannten Lobbysache auf die Barrikaden? Wer geht dann Arbeiten? Zur Schule? Pflegt die Kranken und Schwachen? Diese Scheindemokratie tanzt doch seit dem aller ersten Tag ihrer Existenz nach der Pfeife des Kapitals. Dagegen kann ein Land, ein Volk oder ein Staatenbund alleine gar NICHTS ausrichten.
        Da muss sich vor allem das Weltbild ändern und unser hemmungsloser Materialismus muss endlich auf den Scheiterhaufen der Geschichte um dem Kapital seine Macht zu entziehen.
        Höre niemanden in den oberen Etagen auch nur daran denken, den Status Quo zu ändern. Wieso sollten die? Leute fressen was angerichtet wird, glauben Lügen in Funk und Fernsehen, tanzen nach der Pfeife der Geldgeber. Deren Prioritäten liegen jetzt genau auf der Sphäre der unkontrollierbaren Informationen.

        Gibt niemanden, der mal eben der halben Weltbevölkerung eine Alternative unterjubeln kann und das liegt an sich schon daran, dass sich die meißten vor dem Neuen sowieso fürchten.

      3. Wahlbeteiligung 2013 war über 71%, das ist ja das Schlimme. Die Bonzen werden *ÜBERHAUPT NICHT* abgestraft von der abgestumpften Bevölkerung. Wieviel mehr Awareness kann man denn noch schaffen?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.