Wirtschaftsministerium will offenbar bei WLAN-Störerhaftung nachbessern [Update]

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Überraschung: In der gestrigen Sitzung [PDF] des Bundestagsausschusses für die Digitale Agenda hat wollte die Bundesregierung über Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Fall McFadden berichtet berichten – der Tagesordnungspunkt wurde jedoch vertagt. Wie im Vorfeld bereits die Rheinische Post berichtet hatte, plant das Wirtschaftsministerium demnach offenbar eine Überarbeitung der im Juni beschlossenen Regeln zur WLAN-Störerhaftung.

Nach jahrelangem Hin und Her konnte im Bundestag ein katastrophaler Gesetzesentwurf des Wirtschaftsministeriums zur Reform der WLAN-Störerhaftung um die ärgsten Punkte entschärft werden. Wie wir und andere damals kritisierten, ließ das Gesetz der Großen Koalition, mit dem eigentlich Rechtssicherheit für den Betrieb offener Netze geschaffen werden sollte, aber eine entscheidende Lücke für kostenpflichtige Abmahnungen offen: den Unterlassungsanspruch der Rechteinhaber gegenüber WLAN-Betreibern im Fall von Rechtsverletzungen, die durch Dritte im zur Verfügung gestellten Netz begangen wurden. Genau auf diesen Aspekt wies auch der EuGH hin – und stellte klar, dass die im Zuge gerichtlicher Unterlassungsanordnungen entstehenden Kosten WLAN-Betreibern aufgehalst werden können. Das erklärte Ziel der Großen Koalition, echte Rechtssicherheit für den Betrieb offener Netze durch den Ausschluss von kostenpflichtigen Abmahnungen zu schaffen, wurde also offenkundig verfehlt: Abmahnkanzleien kündigten an, nun verstärkt mit dem Mittel der gerichtlichen Unterlassungsanordnungen arbeiten zu wollen.

Offenbar sieht nach dem EuGH-Urteil nun vor allem die SPD Handlungsbedarf. In der Rheinischen Post wurde deren netzpolitischer Sprecher im Bundestag, Lars Klingbeil, mit der Aussage „Abmahnkosten und Verschlüsselungspflichten dürfen nicht entstehen. Alle Hürden für freies WLAN müssen weg“ zitiert.

Update: Der entsprechende Tagesordnungspunkt des Ausschusses für die Digitale Agenda wurde verschoben. Wir haben den netzpolitischen Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, der die Bundesregierung direkt nach dem EuGH-Urteil schriftlich nach Konsequenzen gefragt hatte, um ein Statement gebeten:

Das Vorgehen der Großen Koalition in Sachen Störerhaftung ist und bleibt hochnotpeinlich: Die GroKo hat sechs Jahre gebraucht, um ein Gesetz vorzulegen, das eben keine Rechtssicherheit hergestellt hat. In meiner Rede zur 2./3. Lesung des Gesetzes habe ich die Große Koalition vor der nun eingetretenen Entwicklung gewarnt. Mit Hinweis auf den in der Begründung des Gesetzes aufgenommenen Verweis auf den Generalanwalt des EuGH habe ich sie gefragt, was sie eigentlich macht, wenn das Gericht anders entscheidet? Genau dies ist nun eingetroffen. CDU/CSU haben es eben nicht vermocht, anders als jahrelang versprochen, selbst die dringend notwendige Rechtssicherheit herzustellen. Diese Frage hat man lieber erneut an Gerichte delegiert – und ist damit zweifellos gescheitert. Nun bleibt der Großen Koalition gar nichts anderes übrig, als eine Neuregelung vorzulegen. Obwohl man meine schriftliche Nachfrage hierzu in der letzten Sitzungswoche noch ausweichend beantwortete, kündigte man nun, einen Tag bevor das Thema im Unterausschuss auf unsere Initiative hin aufgerufen werden sollte, eine solche Neuregelung an. Das ist absolut schlechter Stil gegenüber dem Parlament. Wir werden jetzt umso genauer nachhaken und beispielsweise fragen, ob der jüngste Vorstoß bereits koalitionsintern abgestimmt ist. Da haben wir erhebliche Zweifel. Genauso, ob es gelingt, noch rechtzeitig vor Ende der Wahlperiode eine neue Regelung vorzulegen. Das Vorgehen in Sachen Störerhaftung steht leider insgesamt exemplarisch für die netzpolitische Unfähigkeit der Großen Koalition.

5 Ergänzungen

  1. …plant… …erklärtes Ziel… …Handlungsbedarf… …dürften nicht entstehen…

    Wenn man die ganzen hohlen Phrasen ausschneidet, dann bleibt von dem Artikel wenig übrig.
    Aber wenn irgendwann mal ein echtes Ergebnis kommt, dann freu ich mich. Bis dahin ist alles Wahlkampfgeblubber.

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