Facebook und InstagramEU-Kommission untersucht Desinformation und Drosselung politischer Inhalte

Kurz vor der Europawahl wird Meta verdächtigt, nicht genug gegen Desinformation zu tun. Die EU-Kommission befürchtet weitere Verstöße gegen den Digital Services Act, etwa erschwerten Datenzugang für Forscher:innen. Auch die Drosselung politischer Inhalte könnte regelwidrig sein.

Ein Telefonbildschirm mit den Logos der Apps Instagramm und Facebook
Die EU-Kommission will wissen, ob Meta-Plattformen genug gegen Desinformation unternehmen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Brett Jordan

Die EU-Kommission hat heute eine Untersuchung zu Facebook und Instagram eröffnet. Sie verdächtigt beide Plattformen, gegen die Regeln des Digitale-Dienste-Gesetzes (Digital Services Act, DSA) zu verstoßen. Es geht dabei um verschiedene Probleme, unter anderem mit dem Vorgehen gegen Desinformation in Werbung und dem Drosseln von politischen Inhalten.

Die Kommission hatte schon im Oktober, nach dem Anfang des Israel-Hamas-Krieges, erste Informationen zum Umgang mit Desinformation angefordert. Auch damals ging es schon darum, wie auf Facebook und Instagram Wahlen geschützt werden sollen. „Das hier ist ein Fall, der für Monate aufgebaut wurde“, sagte heute eine Beamte der Kommission.

Darf Meta politische Inhalte drosseln?

Die Untersuchung betrifft vier Bereiche. Erster davon ist, wie sehr Meta die Inhalte von bezahlter Werbung kontrolliert. Hier scheine es keine ausreichende Moderation zu geben, sagte gestern ein Kommissionsbeamter. Neben politischen Inhalten gebe es auch immer mehr Werbung für Finanzbetrügereien.

Auch bei organischen Inhalten, die von normalen Nutzer:innen auf den Plattformen gepostet werden, sieht die Kommission Probleme. Die Regeln zur Moderation seien undurchsichtig und restriktiv. Besonders kritisch sei, dass Meta-Plattformen politische Inhalte allgemein zu drosseln scheine. Davon seien Accounts betroffen, die besonders viel politische Inhalte posten würden, so der Kommissionsbeamte.

Bei der Diagnose dieser Probleme stützt sich die Kommission auf die Erkenntnisse unabhängiger Forscher:innen. Die stehen jetzt aber vor einer neuen Hürde: Meta hatte im März angekündigt, das viel genutzte CrowdTangle-Tool im Sommer abschalten zu wollen. Forscher:innen und Journalist:innen haben CrowdTangle bisher genutzt, um Metas Plattformen zu untersuchen. Schon jahrelang hatte Meta nicht mehr in seine Entwicklung investiert. Ein neues Tool namens Meta Content Library soll CrowdTangle ersetzen, wird aber anscheinend nur eingeschränkte Funktionen haben.

Meldemöglichkeiten reichen eventuell nicht aus

Der Funktionsumfang der Content Library reicht der EU-Kommission nicht aus. Sie hat Meta deshalb nun fünf Tage Zeit gegeben, um weitere Informationen zur Abschaltung von CrowdTangle bereitzustellen. Danach will die Kommission über mögliche weitere eventuelle Maßnahmen entscheiden.

Schlussendlich kritisiert die Kommission auch die Meldemöglichkeiten für illegale Inhalte auf Facebook und Instagram. Diese könnten eventuell nicht den Vorschriften des DSA entsprechen, weil sie zum Beispiel nicht einfach genug zu erreichen sind.

Insgesamt vermutet die Kommission, dass Facebook und Instagram 13 verschiedene Vorschriften des Digitale-Dienste-Gesetzes verletzt haben könnten. Meta droht dafür nun eine Strafzahlung von bis zu sechs Prozent des jährlichen weltweiten Umsatzes. Im vergangenen Jahr waren das 126 Milliarden Euro, die Strafe könnte also bis zu 7,5 Milliarden Euro betragen.

5 Ergänzungen

  1. Mein Handy ist quasi dauerhaft via VPN mit meinem Zuhause verbunden.
    Seit einigen Tage funktioniert darüber Instagram nicht mehr. Schalte ich VPN aus geht es wieder.
    Ich vermute, dass Instagram das nicht mehr zulässt, da es dann eine verschlüsselte Verbindung ist und Meta somit nicht mehr mitlesen kann.
    Habt ihr ähnliche Erfahrungen?

  2. Das ist schon ziemlich zynisch von der EU-Kommission, ist sie doch hinlänglich als eine der übelsten Quellen von politischer Desinformation bekannt. Dies wiederum ist aktuell sehr deutlich im Rahmen der Chatkontroll-Debatte zu belegen.

    Demnach wäre es doch korrekter, wenn ihr nicht das Wording der EU übernehmt und von einem „Vorgehen gegen Desinformation“ schreibt, sondern von einem „Kampf um politische Deutungshoheit im öffentlichen Raum“, bei dem die EU ebenso Akteur ist wie es Putinisten, Trumpisten und Muskrateers sind.

    1. Ich würde es anders formulieren: alle die die Deutungshoheit einschränken sind Akteure und pauschalisierte Diffamierungsbegriffe sind die Folge dieser. Das führt zu eingeschränkten Diskursen, deren Grenzen von den Akteuren genau gesteckt wurden.

    2. > Das ist schon ziemlich zynisch von der EU-Kommission, ist sie doch hinlänglich als eine der übelsten Quellen von politischer Desinformation bekannt. Dies wiederum ist aktuell sehr deutlich im Rahmen der Chatkontroll-Debatte zu belegen.

      Die EU-Kommission mag halt die Taktik „Haltet den Dieb! Mein Messer steckt noch in seinem Rücken!“

  3. Also statt einfach nur ausgezogen und ausgesaugt zu werden, untersuchen wir uns jetzt zusätzlich noch zu Tode?

    Die Grundlegende Frage wird nicht angerührt: Geht das überhaupt mit den Social Media, und wenn ja, wie viele?

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