KW 20Die Woche, als die Anklage wegen eines Links scheiterte

Die 20. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 12 neue Texte mit insgesamt 116.384 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

buntes Fraktal
Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

mein Kollege Markus hat diese Woche über eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe berichtet: Die Anklage gegen einen Redakteur des Senders Radio Dreyeckland (RDL) wegen einer Verlinkung auf linksunten.indymedia.org wird nicht zugelassen. Als ich das gelesen habe, war ich froh und erleichtert.

Die Staatsanwaltschaft hatte einem Redakteur des freien Radios vorgeworfen, durch die Verlinkung eine verbotene Organisation unterstützt zu haben. Es gab Razzien in der Redaktion und in Privaträumen. Das Vorgehen halte ich für einen Skandal. Der eigentlich noch früher beginnt: Da, wo jemand Journalist:innen überhaupt für solche Links in Haftung nehmen will und dafür die großen Geschütze der Ermittlungswerkzeuge auffährt.

Denn relevante Inhalte zu verlinken, ist unsere Pflicht. So machen wir es möglich, dass sich unsere Lesenden selbst weiterinformieren und ein Bild machen. Zum Glück sah das auch das Gericht so. Die Verlinkung ist Teil der journalistischen Aufgaben, hieß es aus Karlsruhe.

Aber meine Freude und Erleichterung stehen Seite an Seite mit Wut. Denn auch wenn der Redakteur nun keine Verurteilung mehr zu fürchten hat und die Polizei die Kopien von beschlagnahmten Datenträgern löschen muss: Der Schaden ist angerichtet. Die Schere in unseren Köpfen ist da.

In Artikeln haben wir auch auf das Linksunten-Archiv verlinkt. Genauso wie andere Medien. Genau so, wie wir täglich auf Pressemitteilungen, Ministeriumswebsites und Originalquellen verweisen. Ich hätte nie gedacht, dass das jemals zum Problem werden könnte. Und ich will nicht in einer Welt leben, in der ich mich fragen muss: Ist es ein Risiko für mich und meine Kolleg:innen, wenn ich einen relevanten Link setze, damit Lesende direkt zum diskutierten Inhalt oder einer Quelle springen können?

Die Auseinandersetzung ist für Radio Dreyeckland noch nicht vorbei. Das Gericht muss noch über Beschwerden der Betroffenen gegen die Durchsuchung und Beschlagnahmen von Laptops entscheiden. Ich hoffe, es geht gut aus für die Redaktion des unkommerziellen Radios. Und ich hoffe, am Ende gehen die Macher:innen des Senders mit der langen Geschichte be- und gestärkt aus den Ereignissen hervor.

Ein schönes Wochenende euch allen!
anna


#FairheizenCDU verbrennt sich die Finger bei Datensammel-Aktion

Per Online-Formular sammelt die CDU gerade E-Mail-Adressen und Postleitzahlen von Menschen, die etwas gegen die Klimapolitik der Ampel haben – und will diese anscheinend an ihre Landesverbände weitergeben. Als unter Verweis auf die Datenschutzbestimmungen Vorwürfe laut werden, wird der Partei die Situation offenbar zu heiß.

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Neues aus dem Fernsehrat (98)„Gute Social-Media-Guidelines werden mit Journalist:innen ausgearbeitet“

Egal ob auf Twitter, Mastodon oder TikTok: Wenn Mitarbeiter:innen öffentlich-rechtlicher Medien sich auf Social Media politisch zu Wort melden, sorgt das oft für Aufregung. Richtlinien sollen hier Orientierung bieten. Lorenz Tripp hat Guidelines verschiedener Sender verglichen und betont im Interview deren demokratiepolitische Dimension.

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Radio DreyecklandLink auf Linksunten war rechtens

Das Landgericht Karlsruhe hat Staatsanwaltschaft und Amtsgericht wegen der umstrittenen Razzien und Ermittlungen gegen den freien Sender „Radio Dreyeckland“ zurückgepfiffen. Der Sender hatte in einem Artikel auf die Archivseite des verbotenen Portals indymedia.linksunten verlinkt. Das Gericht sieht solche Verlinkungen als Teil der journalistischen Aufgaben.

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BundeskartellamtNicht alle Messenger- und Video-Dienste sind gleich

Ungefragt synchronisierte Adressbücher, unerlaubter Datentransfer ins Ausland und Informationsdefizite: In einer Untersuchung macht das Bundeskartellamt viele Mängel bei Messenger- und Videodiensten aus. Die Behörde empfiehlt eine stärkere Durchsetzung des Verbraucherrechts – und appelliert an den öffentlichen Bereich, mit gutem Beispiel voranzugehen.

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Mit LKA und HauptzollamtWie eine Hamburger Behörde die Handys von Geduldeten durchsucht

Ausländerbehörden dürfen die Geräte von Menschen ohne Papiere durchsuchen, auch wenn diese keine Straftat begangen haben. In Hamburg bekommt das Amt für Migration dabei Unterstützung von Strafverfolgungsbehörden – doch mit welchen Werkzeugen die arbeiten, will der Senat nicht sagen.

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