WikiLeaks veröffentlicht Selektoren und AbhörprotokolleKanzleramt und Regierung schon seit Jahrzehnten abgehört

WikiLeaks_Chancellors_Men_CartoonWikiLeaks hat neue Details zur Überwachung der Bundesregierung durch die NSA veröffentlicht: All The Chancellor’s Men

Today, Wednesday 8 July at 1800 CEST, WikiLeaks publishes three NSA intercepts of German Chancellor Angela Merkel, together with a list of 56 National Security Agency (NSA) target selectors for the Chancellor and the Chancellery. It lists not only confidential numbers for the Chancellor, but also for her top officials, her aides, her chief of staff, her political office and even her fax machine. The combined German NSA target lists released by WikiLeaks so far shows the NSA explicitly targeted for long-term surveillance 125 phone numbers for top German officials and did so for political and economic reasons, according to its own designations.

The intercepts published today show that the most senior levels of the US Executive were appraised of Chancellor Merkel’s plans on how to respond to the international financial crisis and the Eurozone bank bailout. Her private views about Obama’s engagement with Iran were also intercepted as she spoke to the United Arab Emirates Crown Prince Shaykh Muhammad bin Zayid al-Nuhayyan.

The target list includes almost two dozen targeted telephone numbers at the federal agency (German: Bundeskanzleramt) that serves the executive office of the Chancellor, surrounding the Chancellor in a web of surveillance. The intensive nature of US targeting around the Chancellor explains why the White House could easily commit to not targeting Angela Merkel personally in the future, but continues to refuse to make such a commitment for other members of the German government – the Chancellor cannot run the government by talking to herself.

Dazu gibt’s 56 Selektoren und drei neue Abhörprotokolle.

Der Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hatte wieder vorab Zugriff auf die Daten und berichtet einmal in der Süddeutschen: Von Kohl bis Merkel – die NSA hörte mit

Der amerikanische Geheimdienst NSA hat nach Informationen von Wikileaks über Jahrzehnte das Bundeskanzleramt abgehört. Betroffen waren neben der Regierung von Angela Merkel offenbar auch die Regierungen ihrer Vorgänger Gerhard Schröder und Helmut Kohl. Die Enthüllungsplattform veröffentlichte am Mittwochabend dazu Dokumente, die sie zuvor der Süddeutschen Zeitung sowie dem NDR und dem WDR zugänglich gemacht hatte.

Ungewöhnlich an den neuen Unterlagen ist das Ausmaß des Lauschangriffs. Auf der Liste stehen insgesamt 56 Nummern, von denen etwa zwei Dutzend bis heute die aktuellen Nummern aus Merkels engster Umgebung sind. Darunter sind auch die Durchwahlen ihrer Büroleiterin und Vertrauten Beate Baumann, des Kanzleramtsministers Peter Altmaier und des für die Koordination der Geheimdienste zuständigen Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder ist unter „Parl Merkel Advisor Kauder“ aufgeführt. Ebenfalls auf der Liste steht die bis heute aktive Handynummer des früheren Kanzleramtsministers Ronald Pofalla. Ebenso findet sich dort Merkels bis mindestens Ende 2013 genutzte Handy-Nummer.

Vor einigen Wochen stellte der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren ein, weil sich nicht nachweisen lasse, dass die NSA Merkel abgehört habe. Von wann genau die jetzt von Wikileaks vorgelegte Liste stammt, ist nicht bekannt.

Und auf Tagesschau: Kanzleramt schon seit Kohl-Ära im NSA-Visier

Noch in der vergangenen Woche hatten der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Günter Heiß, und der ehemalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) bei einer Befragung im NSA-Untersuchungsausschuss abgewiegelt. Auf die Frage, ob Merkels Handy abgehört worden sei, sagte Heiß, es gebe Indizien dafür. Es könne aber auch sein, dass ein Gespräch „zufällig“ abgehört worden sei, als ein „Beifang“ etwa bei einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Putin. Pofalla sagte, er halte es bis heute für nicht bewiesen, dass das Handy der Kanzlerin abgehört worden sei. Der „Spiegel“ hatte 2013 erstmals über diesen Verdacht berichtet.

Wir sind gespannt, wie die Ausreden diesmal ausfallen.

Update: Reaktionen haben wir hier gesammelt.

41 Ergänzungen

  1. Merkel wird sagen,was sie immer sagt. Wir brauen die Amerikaner um uns vor Terrorismus zu schützen.

    Merkel vor ein paar Wochen:

    „Wir alle müssen uns vor terroristischen Anschlägen schützen und jetzt geht die Frage natürlich, wie passiert das und da ist die erste Botschaft man muss mit anderen Nachrichtendiensten auch zusammenarbeiten, daran gibt’s für mich überhaupt gar keinen Zweifel und auch gerade mit den amerikanischen Nachrichtendiensten. Aber es geht jetzt hier wieder um die Wertmaßstäbe, wie viel muss ich wissen und was muss ich wissen und dafür brauchen wir klare Regeln, und deshalb müssen wir jetzt erst mal aufklären, was ist in der Vergangenheit geschehen, aber ich muss auch sicher stellen, dass wir weiter kooperieren können. Das heißt, Nachrichtendienste ham’ die Eigenschaft, dass sie manches schon im Geheimen machen, wenn sie alles öffentlich machen dann können sie keine Schutzfunktionen mehr ausüben und deswegen haben wir ja auch die Diskussion was kann rausgegeben werden, was kann in welcher Form rausgegeben werden an sensibelsten Informationen und da sind wir im Augenblick noch in den Konsultationen, auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Aber, äh, was ich sagen kann auch darüber werden wir eine Entscheidung fällen vor der Sommerpause, also, da sind wir noch im Gespräch, aber auch da werden wir eine Entscheidung fällen. Und für mich als Bundeskanzlerin und das ist nicht immer ganz einfach, heißt es auf der einen Seite unsere Maßstäbe natürlich, äh, von Freiheit, von personenbezogenem Schutz zu gewährleisten und das ist natürlich klar, dass wir nich’, ähm, millionenfach Bürger, äh, ausspionieren können und das ist auch nicht geschehen, dass kann man sagen. (…) Für uns ist diese Balance zwischen Sicherheit und Freiheit sicherlich auch stärker auf den individuellen Schutz ausgerichtet und trotzdem muss ich als Bundeskanzlerin auch sicherstellen, dass wir sicher leben können.“

    https://machtelite.wordpress.com/2015/06/05/terrorgefahr-merkel-versetzt-kirchentagsbesucher-in-angst-und-schecken/

  2. Ist doch alles OK. Selbst Hr. Becker von der ARD findet das alles gut. Es muß nur seinen Reportern einen Mailkorb verpassen.
    https://www.youtube.com/embed/Ua-aMjzgUKI

    Herr Becker, eigentlich müßte ich für solche Kommentare an Sie keine GEZ bezahlen. Ihr Gehalt sollte direkt vom Kanzleramt bezahlt werden.

    1. Lol, zahl halt einfach kein GEZ, dann musst Du Dich auch nicht aufregen. Einfach Einspruch wegen Verfassungswidrigkeit (Stichwort: Vertragsfreiheit) erheben und das Geld einem Anwalt zukommen lassen. Keine Sorge, Du bist nicht allein.

      1. In den einschlägigen Foren kannst Du nachlesen, wie die anderen es machen.

  3. Nach dem Snowden die Büchse der Pandora öffnete dringen immer mehr Details der Überwachung aus dem Sumpf des Geheimen an den Tag. Ein Teil der Geschichte der Überwachung ist jedoch bereits bekannt…
    Land unter Kontrolle – Die Geschichte der Überwachung der BRD
    unter
    https://vimeo.com/121771723

    Die Bundesrepublik ist ein überwachtes Land, das beweist der NSA-Skandal. Und es war nie anders. „Kulturzeit extra: Land unter Kontrolle“ blickt auf die bundesdeutsche Geschichte der Überwachung von ihren Anfängen bis heute. Es war einmal die Bundesrepublik Deutschland: ein Staat, in dem die Bürgerrechte hoch gehalten wurden – keine Bespitzelung, keine Wanzen, keine Geruchsproben von Regimegegnern. Die Presse war frei und kritisch, jeder durfte das sagen und schreiben, was er wollte. Und wenn einmal die Bürgerrechte angegriffen wurden, war der Sturm der Empörung groß. Da reichte eine aus heutiger Sicht geradezu lächerlich anmutende Volkszählung, um Massen auf die Straße zu bringen. Ganz anders sah es da hinter der Mauer in der DDR aus, dachte man im Westen. Doch all das war und ist ein Märchen. Auch in der Bundesrepublik gab und gibt es Abgründe, die bis heute geheim gehalten werden.

    1. dass deutschland aufgrund der durch USA erfolgte ueberwachung keinen grund sieht, einen krieg zu fuehren ist ja sehr lobenswert – man stelle sich nur vor, wenn durch all diese leaks bekannt geworden waere, dass auch russland in diesem maße ueberwacht wuerde -> atomare ausmaße! aber dass deutschland nicht im geringsten reagiert ist ein erschreckendes zeichen, welches in sich bereits signalisiert, dass die deutsche „demokratische“ politik sich sehr wohl ueber das ausmaß der bespitzelungen durch NSA und co bewusst ist und ebenso mit diesen unter einer decke steckt. auch nichts neues fuer „gut informierte“. aber ich „freue“ mich bereits auf den zeitpunkt, an dem sich die leaks dann eingehender mit manipulation beschaeftigen werden. um zurueck auf den punkt zu kommen: scheiss drauf, ob wir in einer demokratie leben oder nicht, auf die politik ist kein verkass! wir sind doch kein heer von schafen, das gefuehrt werden moechte – oder doch? wenn schon die bundeskasperin nicht zum boykott amerikanischer waren aufruft, um ein zeichen zu setzen, dann fange ich kleiner hans eben damit an. was ist mit dir?

      1. @ Wir sind doch keine Schaafe …
        –> Aber wir (die Mehrheit) verhalten uns doch so …
        @ … Merkel … nicht zum Boykott amerikanischer Waren aufrufen
        –> die von uns (der Mehrheit) demokratisch gewählten Repräsentanten verhandeln gerade Freihandelsabkommen …
        @ US Waren boykottieren
        –> Welchen Chipsatz hat der Computer mit dem du gepostet hast … Intel oder AMD?

  4. Bundesregierung, Wirtschaft und Volk sind dem Stockholm-Syndrom verfallen. Anstatt sich mit allen Mitteln gegen den Vergewaltiger und Peiniger zur Wehr zu setzen, duldet man es oder sympathisiert gar mit dem Täter. Sowas ist pathologisch.

  5. Die Tagesschau-Redaktion liest offensichtlich netzpolitik.org:
    ‚Auch die aktuelle Handy-Nummer von Ronald Pofalla ist in der NSA-Datenbank erfasst. Er hatte es anscheinend schon geahnt. In der Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses wies ihn jemand darauf hin, dass seine Nummer bislang nicht aufgetaucht sei. Pofallas Antwort: „Kommt noch.“‚
    Wenn das mal nicht aus dem letzten Liveblog übernommen ist ;) Oder haben die etwa inzwischen eigene Redakteure im NSAUA?

  6. Ich: „Ehm, warte mal. Ist nicht einfach, diese Frage.“
    Sohn: „in der Schule lernen wir, dass das Staaten sind, die sich nix von anderen Staaten d’reinreden lassen.“
    Ich: „Ah, so, ja. Is klar, nee?“
    Sohn: „Papa, leben wir hier in einem souveränen Staat?“
    Ich: „Hmm – so steht es geschrieben.“
    Sohn: „Uns stimmt das auch?“
    Ich: „Eigentlich schon.“
    Sohn: „Warum klingt das so komisch, wie Du das sagst?“
    Ich: „Weil es so sein müsste.“
    Sohn: „Und iss es nicht so?“
    Ich: „Hüstel, hüstel. Frag doch deinen Lehrer!“
    Sohn: „Aber Papa! Du bist doch Beamter!!! … „

    1. Sohn: „Papa, ist der IS ein souveräner Staat?“
      Vate: „Herrgottsackverdammtaberauch!“
      Sohn: „War ja nur ne Frage ….“

  7. Sagt mal, wie groß ist die Chance, dass wikileaks irgendwann auch die Selektorenliste leakt? Dann würde die Farce um den Sonderermittler im NSA-Untersuchungsausschuss endlich ein Ende nehmen.

    1. Wer weiß? In erster Linie kommt es drauf an wo die Quelle sitzt und welche Informationen diese weitergegeben hat. Wissen wir nicht, brauchen/sollten wir auch nicht wissen. Also abwarten und Daumen drücken.

  8. … dann wäre das KEIN gerichtsfester Beweis. So ist es mit den Snowden-Dokumenten, deren Autentizität zwar vom BND anerkannt wird, aber nicht vor Gericht verwertbar sind.

    1. Man könnte ja mal den Dagger-Komplex durchsuchen lassen auf Grund von Anfangsverdacht wegen ausländischer Spionagetätigkeit, dann gäbe es eventuell auch gerichtsfeste Beweise. Aber das ist ja politisch nicht gewollt.

  9. Ich würde gerne mal den Pofalla anrufen und ihn fragen, wo er sein Zeug zum rauchen immer kauft. Hat jemand die vollständige Nummer?

  10. Wenn die NSA über die Vorgänge in der CDU-Parteispendenaffäre Bescheid wusste, war Helmut Kohl erpressbar. Das muss nicht heißen, dass das auch wirklich geschehen ist. Vielleicht kramt Wikileaks noch irgendwann Kohls Spendernamen unter einem Aktenstapel hervor. Die Elf-Aquitaine und Leuner Geschichte war für die NSA sicher auch unterhaltsam. Wahrscheinlich ist Kohl auch nicht der Einzige, der ein paar Leichen im Keller hat. Wenn ausländische Geheimdienste von diesen Leichen wissen, ist das nicht gerade zum Vorteil für das Land.

    1. Der Kohl hat schon damals nicht nur einmal gesagt, dass er weiss, dass er abgehört wird.
      Wenn er konsequent genug war, dann muss er wohl voll konspirativ vorgegangen sein, beim Einkassieren. Und wenn nicht, dann gibt es noch ein Vermächtnis, dass die Republik erschüttern wird.
      Alles zu seiner Zeit, aber ein schönes Beispiel dafür, wie lohnend es ist, Kanzler abzuhören. Kohl war auch immer ein sehr guter Transatlantiker. Deswegen oder trotzdem?

    2. Der Schäuble ist ja auch ein „Wert-Briefträger“, der sogar noch in Amt und Würden rollt. Der ist ja auch alternativlos atlantisch eingenordet. Schäubles schlechte Laune könnte ja daher kommen, dass er noch heute liefern muss, obe er nun will oder auch nicht.
      So gesehen erklären sich viele unerklärliche Koalitionen, auch die der Unwilligen.

  11. Es wird überhaupt nichts passieren – nicht bei dieser Kanzlerin! Und niemand kann etwas machen – ausser vielleicht beim nächsten mal anders wählen. Was aber immer noch keine Änderungen verspricht – die SPD steckt da mit ihrem Steinmeier genauso mit drin! Und unser sogenannter „Bundesanwalt“ hat wohl auf Weisung Merkels überhaupt kein Interesse an Ermittlungen! Den interessiert eher woher manche Informationen aus dem NSAUA kamen – ist doch schon peinlich!
    Also bleibt der Hoffnungsträger WikiLeaks.

  12. Man kann unsere Regierung unter Merkel und ihre Nachfolger nur darin bestärken, der Überwachung nicht Einhalt zu gebieten. Schließlich haben wir Frieden und den sichern die Amerikaner durch ihre Kontrolle der deutschen Politik. Und andererseits haben die Deutschen keine Lust mehr auf Kinder, denen sie diese Umstände nicht zumuten wollen … und verweigern sich dem System, wofür es reichlich Gründe gibt, z. B. hier http://analogo.de/2014/10/17/201-gute-gruende-in-deutschland-keine-kinder-zu-bekommen/

    die Punkte 2, 7, 11, 20, 22, 23, 24, 30, 35-40, 46, 53, 135, 136, 146, 172, 175, 180 und 183

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