Es ist eigentlich das Markenzeichen strauchelnder Despoten: Sie diskreditieren friedliche Proteste und versuchen diese als fremdgesteuert darzustellen. Doch genau diesen Klassiker autoritärer politischer Kommunikation brachte CDU-Chef Friedrich Merz gestern auf einer schlecht besuchten CDU-Veranstaltung in Dresden ins Spiel.
Zur gleichen Zeit protestierten mehr als 75.000 Menschen in mindestens 37 Städten friedlich und vor den Geschäftsstellen seiner Partei.
Man muss sich die Worte des CDU-Chefs in voller Länge auf der Zunge zergehen lassen:
Zu unserer Freiheit gehört, dass man selbstverständlich demonstrieren darf. Aber diejenigen, die heute Abend Straßenbahnen blockieren, Kreisgeschäftststellen der CDU beschädigen, das Adenauer-Haus lahmlegen in Berlin, die übertreiben es mit diesem Demonstrationsrecht. Das Demonstrationsrecht geht nur soweit, wie die Freiheit aller anderen auch erhalten bleibt.
Deswegen möchte ich von dieser Stelle aus auch die Sozialdemokraten und Grünen herzlich bitten, über ihre Möglichkeiten der Kommunikation zur Mäßigung aufzurufen, zur Zurückhaltung aufzurufen und dazu aufzurufen, dass wir uns in der politischen Mitte unseres Landes, in den den wesentlichen Fragen, die wir miteinander zu besprechen und zu entscheiden haben, auch einigen.
Daran ist vieles falsch. Die Aussagen zeigen, welche Vorstellung von Demokratie der ehemalige BlackRock-Aufsichtsrat hat.
Da gehen Menschen in Sorge über den Verlust demokratischer Grundgewissheiten bei Kälte und Regen auf die Straße, über Parteigrenzen hinweg, jung und alt, von ganz links bis modern-konservativ. Diese Demos sind vielfältig, bunt, vereint in der Verteidigung demokratischer Werte. Am Ende singen die Leute zusammen ein Lied gegen Faschismus und halten die Handytaschenlampe als moderne Kerze in die Luft. Demokratischer geht wirklich nimmer.
Wer also diesen überaus demokratischen und friedlichen Protest als Übertreibung des Demonstrationsrechts und damit als Grenzüberschreitung bezeichnet, der offenbart, dass er eigentlich die Versammlungsfreiheit als Ganzes und damit solche vollkommen legitimen Proteste einschränken will.
Das passt im Übrigen sehr gut zum autoritären und grundrechtsfeindlichen Kurs der Merz-CDU und zur Tatsache, dass CDU-Regierungen in Deutschland in den letzten Jahren das Demonstrationsrecht eingeschränkt haben.
Merz hat den Pfad der Mäßigung verlassen
Dass ausgerechnet dieser Merz, der mit dem Einreißen der Brandmauer gerade den ultimativen Tabubruch begangen hat, jetzt zur Mäßigung aufruft und dabei die politische Mitte beschwört, die er gerade verlassen hat, ist ein Hohn für alle Aufrechten in diesem Land. Merz paktiert mit einer faschistischen und völkischen Partei.
Merz hat den Pfad der Mäßigung verlassen, nicht die Menschen auf der Straße.
Altgediente CDU-Mitglieder verlassen die Partei, ein Holocaust-Überlebender gibt das Bundesverdienstkreuz zurück und sogar Angela Merkel meldet sich nach Jahren der Zurückhaltung mit für sie maximaler Kritik zu Wort. Angesichts Merzens Politik der aktiven Demokratiezerstörung sind die Proteste zwar bestimmt, laut und groß, aber auch ausgesprochen zurückhaltend und friedlich.
Die Versammlungsfreiheit ist eines der wichtigsten und die Demokratie konstituierenden Grundrechte. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Brokdorf-Beschluss festgestellt. In der Abwägung mit anderen Grundrechten „schlägt“ es regelmäßig andere Grundrechte. Vor allem solche postulierten CDU-Grundrechte wie eine pünktliche Straßenbahn, ein ungestörter Einkauf oder ein gewohnter Fahrtweg.
Merz versteht nichts von Demokratie
Das Demokratieverständnis eines Friedrich Merz ist ebenso weltfremd wie undemokratisch. Er kann sich nicht vorstellen, dass ganz normale Leute aus freien Stücken, aus Angst, Wut und Empörung, aus tiefer demokratischer Überzeugung Schilder malen und mit Kind und Kegel auf die Straße gehen – ohne dass es eine Partei braucht, die sie dazu aufruft.
Merz hat das Grundprinzip von Demokratie nicht verstanden, in der freie Menschen zusammen und für sich selbst freie Entscheidungen treffen. Er hat nicht verstanden, dass Demonstrationen das spontane Herzstück und die Seele der Demokratie sind.
Erst recht nicht verstanden hat er, dass die Empörung über seine Politik gerade so groß ist, dass weder SPD und Grüne irgendwie in der Lage wären, die Leute jetzt wieder nach Hause zu rufen. Eine vollkommen absurde Vorstellung.
Die Proteste stehen erst am Anfang. Durch solche Reden werden sie nur größer und größer werden.
„(…) dieser Merz, der mit dem Einreißen der Brandmauer gerade den ultimativen Tabubruch begangen hat (…)“. Das sehe ich anders. Merz und seine rechte CDU haben keinen Tabubruch begangen und die Abstimmung im Bundestag war ein Musterbeispiel der Demokratie. Es wird ein Antrag zur Abstimmung gestellt und die Abgeordneten entscheiden sich frei mit ja oder nein zu stimmen. Der eigentliche Skandal ist, daß dieser Antrag von der CDU kam und offenbart, daß es zwischen AfD, CDU und FDP volle Übereinstimmung in der Migrationspolitik gibt. CDU und FDP agieren auf diesem Gebiet genauso rechtsradikal, wie die AfD. Wer behauptet, daß die CDU eine Partei der Mitte sei, mußte sich eines Besseren belehren lassen. Merz zeigt seine häßliche Fratze. Die Hoffnung damit im Wahlkampf zu profitieren, könnte sich ins Gegenteil verkehren. Leider haben die Medien nicht richtig dargestellt, daß es sich nicht um eine Zusammenarbeit mit der AfD handelt, sondern diese rechtsradikalen Ideen orginäre CDU Standpunkte sind. Ich kann nachvollziehen, wenn der Postillon die CDU als AfD light darstellt. Wobei light vieleicht doch zu milde ist.
Als er „gewaltsame Proteste“ sagte fiel mir glatt die Schokolade aus dem Gesicht! Aber ich denke da ist die CDU gebrieft. Diese Rhetorik kennt man ja auch von Herbert Reul….. 😒
Er hat nicht „gewaltsame Proteste“ gesagt, sondern die Beschädigung einer Kreisgeschäftsstelle beklagt. Die dpa schreibt zu dieser einzelnen Aktion in Berlin-Charlottenburg: „Die Eingangstür sei beschädigt worden. Außerdem sei ein Spruchband mit einem hartnäckigen Klebstoff an die Scheibe des Büros geklebt worden.“ https://www.zeit.de/news/2025-01/30/aktivisten-dringen-in-cdu-buero-in-berlin-wilmersdorf-ein
Wenigstens erwähnt ihr in einem Nebensatz,
dass Merz Vertreter der
Finanzmafia ist. Ich glaube das hat größere
Bedeutung als ein Nebensatz vermuten lässt.
Wir sind eingebettet in ein System, in dem
alles durch „Geld“ bestimmt wird, dessen
Kontrolle (demokratisch nicht legitimiert) in
der Hand der Finanzmafia ist.
Auf den Nachdenkseiten findet der geneigte
Leser viele Hinweise und Informationen dazu.
Alles richtig. Ergänzend kann und sollte man angesichts jüngster Entwicklungen – basierend auf den Machtansprüchen samt dem Gebaren der Digitalkonzerne – von einer „Digitalmafia“ sprechen.
Im Übrigen ist es vielleicht sogar gut, was sich Merz geleistet hat. Denn besäße der geneigte Wähler noch einen Funken Restverstand, gäbe er der CDU nach den Ereignissen nun nicht (mehr) seine Stimme, und Deutschland bliebe ein soziales und grundrechtspolitisches Desaster erspart.
Ist zwar reine Spekulation, aber möglich.
Herr Merz ist nur bauernschlau, weil er die Konsequenzen seines Handelns nicht antizipieren kann, oder er ist brandgefährlich, weil sie ihm egal sind. So oder so, Herr Merz ist ungeeignet für das Amt, das der anstrebt, weil er durch sein Gebaren das Ansehen des Bundestags in historischem Ausmaß beschädigt hat.
Wer so Demokraten im Bundestag so vor den Kopf stößt, dürfte es schwer haben, ehrbare Koalitionäre nach der Wahl zu finden.
Er gefährdet Demokratie und die gesamte Sicherheit im Land.
Man stelle sich vor die hier bereits integrierten Männer dürfen ihre Familie nicht nachholen. Solche Begebenheiten machen unzufrieden und wütend, der Testosteronspiegel steigt.
Wer soll die kommenden Alten pflegen, verarzten usw. ?
Folgen zeigt nicht nur unsere Geschichte, in der Kinder und Frauen immer verlieren.
Ich habe es schon oft gesagt und jetzt ist es Zeit sich zu wiederholen:
Auswandern der kann, denn besser wird es nicht mehr werden. Die AfD wird eine riesige Opposition werden mit aktuell fast 25%
Wer weiß vlt. geht der Merz ja sogar eine Koalitionen mit denen ein. Probleme hatte er ja nicht gemeinsames zu machen, wie der 29.01 gezeigt hat.
Warten wir die Wahl mal ab und je nachdem bin ich weg.
Ehrliche Frage: wohin?
Und könnten Sie dort einfach hin, wenn Sie nicht EU-Bürger, finanziell sicher unabhängig, oder bedarfsgerecht qualifiziert wären?
Also für mich würde es nach Finnland ziehen. Arbeite seit Jahren in einem gut bezahlten Job, wohne bei meinen Eltern und bin noch unter 30 Jahre alt.
Als EU-Bürger, mit gebug erspartem wäre es kein Problem. Ist natürlich nicht die Ausgangslage für jeden.
Warum?
Deutschland steht vor einer Zeitenwende. Ich finde es auch unerträglich, wie der Gesetzgeber sich immer mehr der Moral bedient, um Gesetze zu erlassen. Was mich zutiefst erschrocken hat ist das diese Praxis immer mehr zu vulnerablen Kindern führt, und ich möchte hier keine Familie gründen.
Die Strafverschärfung im KiPo Bereich hat sehr viele Kinder kriminalisiert. Politiker ignorieren Experten etc. Jetzt wo ich noch die 2. Ausgabe 2025 vom „Strafverteidiger“ lesen konnte zeigen wohl aktuelle Studien, insb. aus Essen, das §184l StGB (Puppenverbot) zu einem Anstieg von Missbrauchstaten an Kindern führen wird. Die damals befragten Sachverständigen forderten den Gesetzgeber daher um ersatzlose Streichung des Paragraphen, aber es ist halt für den regulären Menschen nicht vermittelbar.
Politische Signale, die gut wirken und das Gegenteil vom Kinderschutz bewirken. Zweimal in Folge. Moralpanik ist gefährlich und das wird in Zukunft zunehmen. Ich bevorzuge Politiker, die freiheitliche, evidenzbasierte Ideale hochhalten und diese nicht bei kontroversen aufgeben. Denn so kommen Gesetze zu Stande, die mehr Schaden als richten.
aber wohin?
Spoiler: in praktisch allen in Frage kommenden Laendern mit guter oeffentlicher Infrastruktur und Absicherung sind die Regeln bereits restiktiver als in Deutschland, und wer dort einwandern kann, koennte idR auch problemlos nach Deutschland.
Ich haben branchen- und standortbedingt mit einer Menge hochqualifizierter Expats und Immegrants aus vielen Laendern in vielen Laendern zu tun. Die verdienen ihren Lebensunterhalt durch hochwertige Arbeitsleistung als Angestellte, und sie wollen ihren Steuern und Abgaben entsprechende staatliche Leistungen haben. Deutschland verlassen die uebrigens idR spaetestens kurz bevor die Kinder in die Schule kommen. Kann einem zu denken geben.
Wohin?
Wäre ja etwas billig, sich über Deutschland zu echauffieren um sich dann in ein Land abzusetzen, das auf die Thematik schon restriktiver reagiert hat.
Mich erstaunt eher die Blauäugigkeit jener, die gegen den Populismus agitieren oder auch demonstrieren: Der Kern von Merz Politik ist klarzumachen, dass bei den kommenden Koalitionsverhandlungen mit Grünen und/oder SPD er immer eine „Alternative“ hat.
Fakt ist: „Wir sind (nicht mehr) MEHR.“
Im Gegenteil: seit 1953 haben Parteien „links“ der Union nicht mehr so wenig Zustimmung erhalten.
Ich bin gespannt, welchen weiteren „Grundwerte“ die Habecks und Scholzens opfern werden, um mit an der Regierung zu sein.
All die Faktenchecker, Appelle und moralischen Aufrufe, die Demos gegen Rechts und die Propklamationen und Warnungen erreichen hierzulande so wenig, wie sie es schon bei Trump, in Österreich oder den Niederlanden erreicht haben.
Was notwendig wäre, wäre eine andere Politik – denn diese Politik, man schaue auf die Bilanz im Digital-Bereich, bietet nichts, was Zukunft, was Besserung verspricht. Vielmehr folgt sie in vielen Dingen, der Agenda, für die auch eine AFD steht.
Und die kann angeschichts dieses Wahlkampfs ihr Glück wohl gar nicht fassen.
„CDU-Chef Merz bezeichnet den friedlichen und demokratischen Protest Zehntausender als Übertreibung des Demonstrationsrechts.“
Noe. Er bezeichnet die Beschaedigung von Parteieinrichtungen im Rahmen dieser Demos so, und da wuerde ihm jeder „linke“ bei einem Buero der eigenen Partei sofort zustimmen.
Er erwartet auch nicht, dass die Demos aufhoeren, sondern die Sachbeschaedigungen.
Das stimmt nicht. Was er sagt, ist klar und steht im Artikel.
Zu Corona-Zeiten war es euer Meinung nach richtig, auf Demos zu verzichten aus Rücksicht auf andere. Wenn Merz das nun in diesem Zusammenhang fordert, schmeckt den Redakteuren bei netzpolitik.org das also nicht.
Interessant.
Mit Verlaub, das ist einfach eine Lüge. Auch wenn ich deren Ziele für Bullshit hielt und ich Großdemonstrationen in der speziellen Situation einer Pandemie und hoher Inzidenzen nicht für eine gute Idee, habe ich habe mich für die Demonstrationsfreiheit von Coronaschwurblern eingesetzt. Und hier ist der Beweis: https://netzpolitik.org/2020/grundrechte-demonstrationsfreiheit-ist-nicht-geschmacksache/
Gerade in der Pandemie hat die CDU/CSU, FDP ihr wahres Gesicht gezeigt, es ging nur um ihr Klientel und die Mittel waren so ziemlich egal. Auch die Rolle einer FDP ist durchaus interessant, da wo man Sie braucht war Sie nicht vorhanden! Die FDP hat es anderen überlassen diese Lücke zu füllen und legte auch den Grundstein für den Erfolg der AFD. Kubicki schimpfte nur wie Rechtswidrig alles sei, aber geklagt hat die FDP auch nicht! Weil man eben sich bei der CDU/CSU nicht unbeliebt machen wollte mit den Blick auf die nächtens Bundestagswahl. Die FDP war nicht da wo man Sie brauchte!
Das Merz den Pfad der Mäßigung und auch der Vernunft verlassen hat, wird insbesondere auch in diesem Artikel mehr als deutlich
https://m.winfuture.de/news/148571
und andere Quellen
Kurz gesagt:
Er will alle, die sich gegen die ePA entscheiden, bestrafen, indem er sie finanziell schlechter stellt.
Zitat:
„Statt aber für eine Verbesserung der technischen Sicherheit des Systems zu sorgen, will Merz all jene finanziell schlechter stellen, die sich Sorgen um ihre Daten machen. Damit dies nicht zu offensichtlich ist, dreht er es in der Außendarstellung um: Auf der Wahlkampfveranstaltung erklärte er, dass jene, die sich für die elektronische Patientenakte entscheiden, vielleicht 10 Prozent weniger Krankenkassenbeiträge zahlen sollten. “
Und er zeigt in dem Artikel auch wieder einmal, dass Datenschutz für ihn nur ein Übel ist
Zitat: „Vor dem Hintergrund der Patientenakte bemängelte Merz, dass hierzulande ohnehin zu viel Wert auf Datenschutz als auf Datennutzung gelegt wird.“
Das sollte allen zu denken geben, die überlegen so jemanden allen Ernstes als Kanzler zu wählen- zumindest, wenn sie nicht vollständig auf Demokratie sowie auf ihre eigene Sicherheit und Grundrechte pfeifen
> Auf der Wahlkampfveranstaltung erklärte er, dass jene, die sich für die elektronische Patientenakte entscheiden, vielleicht 10 Prozent weniger Krankenkassenbeiträge zahlen sollten. “
Was die Krankenkassen wohl dazu sagen? Bei 7.200€/Jahr wäre dann 720 Euronen weniger.
Ich vermute mal ganz stark, dass Herr Merz sich wenig Gedanken gemacht hat, welche Auswirkungen das auf die Finanzierung der Krankenkassen hätte, wenn mehr als ein ganzer Monatsbeitrag fehlte. Aber wer rechnet schon im Wahlkampf?!
Trivialerweise steigen dann die Kassenbeiträge und gleichen das aus.