Liebe Leser:innen,

BKA-Chef Holger Münch sprach auf der Herbsttagung davon, die Gesichtserkennung seiner Behörde „weiter zu entfesseln“. Gemeint sind Szenarien, wie sie zur Überführung der als RAF-Terroristin verhafteten Daniela Klette führten: ein biometrischer Abgleich von Fahndungsfotos mit Bildern auf Social Media.

Dabei liest sich der Beitrag unseres Autors Matthias Monroy, als müsste da überhaupt nichts mehr entfesselt werden. Schon heute haben deutsche Ermittlungsbehörden ein automatisiertes Gesichtserkennungssystem der Extraklasse, mit dem sie Aufnahmen automatisch mit mehr als 7 Millionen Bildern in ihren Datenbanken abgleichen können. Die Treffgenauigkeit ist so hoch, dass menschliche Spezialist:innen des BKA in dieser Hinsicht arbeitslos werden.

Anders als der große Magier Harry Houdini kann sich das BKA glücklicherweise nicht selbst von seinen Fesseln befreien. Das müsste die Bundesregierung tun. Versucht hat die Ampel das in einem ersten Anlauf, der jedoch im Bundesrat gescheitert ist. Den unionsgeführten Ländern war er nicht entfesselt genug. Sie würden sich am liebsten auch noch von den Fesseln des Europarechts und des internationalen Völkerrechts befreien und Geflüchtete an den Grenzen zurückweisen. Jetzt soll es noch vor der Wahl einen neuen Anlauf geben.

Wer oder was dann am Ende noch entfesselt wird, werden wir berichten.

Habt eine gute Woche.

Chris

Unsere Artikel des Tages

„Ein digitales Gefängnis“Wie die serbische Regierung die Zivilgesellschaft ausspioniert

Amnesty International enthüllt, dass Journalist:innen und Aktivist:innen in Serbien in erheblichem Ausmaß mit Staatstrojanern wie Pegasus und NoviSpy ausgespäht werden. In der Kritik steht neben der serbischen Regierung die Firma Cellebrite, zu deren Kunden auch deutsche Behörden gehören.

Lesen Sie diesen Artikel: Wie die serbische Regierung die Zivilgesellschaft ausspioniert

Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

noyb
Die EU-Kommission schaltete im September 2023 auf "X" gezielt Werbung für ihren umstrittenen Chatkontrolle-Vorschlag. Dafür nutzte sie politische Schlüsselbegriffe, was der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) nun rügt.
tagesschau
Ein US-Berufungsgericht hat am Freitag einen Dringlichkeitsantrag von TikTok abgelehnt. TikTok muss nun vor den Obersten Gerichtshof ziehen, um ein Verbot in den Vereinigten Staaten am 19. Januar 2025 abzuwenden.
ars technica
Transformer-Modelle imitieren gut, können aber nicht gut Kohärenz erzeugen. Ein viral gegangenes bizarres Gymnastikvideo offenbart die Schwächen des KI-Videogenerators Sora von OpenAI. Was da schiefgelaufen ist und warum KI völlig unsinnige Ergebnisse liefern kann, erklärt Benj Edwards.
TechPolicy.press
AccessNow und die Global Network Initiative haben sich entschieden, am 19. Internet Governance Forum (IGF), das derzeit in Riad tagt, nicht vor Ort, sondern nur virtuell teilzunehmen. Grund ist die Menschenrechtslage im Gastgeberland Saudi-Arabien.
AI SNAKE OIL
Desinformation ist eine altbekannte Sorge, besonders vor Wahlen. Generative KI werde das Problem noch schlimmer machen, ist mittlerweile die Befürchtung. Doch für manipulative Falschnachrichten braucht man die gar nicht unbedingt.
dnip
Erinnert ihr euch noch an Gaia-X? Das Projekt für eine europäische Dateninfrastruktur ist mit großen Worten gestartet. Mittlerweile hört man nur noch selten davon. Adrienne Fichter geht der Sache noch mal nach.
The New York Times
Überwachungssoftware auf den Geräten von Schüler:innen hat in den USA dazu geführt, dass einige von ihnen Besuch von der Polizei bekamen. Nach einer automatischen Analyse der Gerätenutzung kam die Software zum Ergebnis, es bestehe eine Gefahr für Leib und Leben.
LTO
Ein Mann wollte nicht, dass BILD ein Selfie von ihm mit Greta Thunberg auf einer propalästinensischen Demo abdruckt. Das Landgericht Berlin ließ ihn abblitzen: Er habe zum einen "gewollt Aufmerksamkeit erregt", zum anderen sei das Bild dem Zeitgeschehen zuzuordnen.

0 Ergänzungen

Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen, Fragen, Korrekturen und inhaltlichen Ergänzungen zum Artikel. Bitte keine reinen Meinungsbeiträge! Unsere Regeln zur Veröffentlichung von Ergänzungen findest Du unter netzpolitik.org/kommentare. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.