In dieser Woche haben uns vor allem Nachrichten aus den USA beschäftigt: Rassismus, Polizeigewalt und Falschnachrichten – in unseren Artikeln, aber auch im bits-Newsletter, der von Montag bis Freitag erscheint. Anmelden kann man sich dafür hier. Wir haben uns aber nicht nur die Proteste näher angeschaut, sondern auch, was in Sachen Contact-Tracing-App passiert.
Mittlerweile wurde der Code der App auf GitHub publiziert und passend dazu haben wir auch unsere wachsende Liste der meistgestellten Fragen ergänzt. Wann wir welche Informationen hinzugefügt haben, findet man im FAQ übrigens ganz unten auf einen Blick.
Außerdem haben wir uns angeschaut, wie eine Software auch bei der Kontaktverfolgung von Hand helfen könnte. Denn bis vor Kurzem versuchten die Gesundheitsämter, alle Kontakte mit Stift, Papier und einer Excel-Tabelle nachzuvollziehen. Das soll jetzt durch ein System ersetzt werden, das sich bereits im Einsatz gegen Ebola bewährt hat. Unklar ist, wann es allen Ämtern zur Verfügung steht.
Proteste gegen rassistische Polizeigewalt
Die Nachrichten der Woche haben vor allem die Protesten in den USA geprägt: Hunderttausende demonstrieren dort gegen Rassismus und Polizeigewalt. Wir haben uns die netzpolitische Dimension angeschaut, denn Teilnehmende an Massenprotesten müssen damit rechnen, verfolgt zu werden. Die Palette der Werkzeuge dafür ist breit und reicht von unbemannten Drohnen bis hin zu Gesichtserkennung mit Werkzeugen wie Clearview AI, wie wir herausgefunden haben.
Im Netz werden Fans von koreanischem Pop, oder kurz K-Pop, zu politischen Akteuren. Mit kollektiven Aktionen engagieren sie sich gegen Rassismus. Wir haben zusammengetragen, was dort passiert und was K-Pop mit Anonymous zu tun hat. Den Artikel gibt es übrigens auch auf Englisch. Weniger erfreulich ist, dass Mark Zuckerberg die gewaltverherrlichenden Aussagen von Donald Trump nicht von Facebook entfernen will. Das finden jedenfalls Mitarbeitende des Unternehmens: Sie sind verärgert, stellen sich öffentlich gegen Zuckerberg und haben am Montag sogar eine Demo veranstaltet.
Journalismus unter Beschuss
Während der Proteste in den USA hat die Polizei auch Journalist:innen bei ihrer Arbeit angegriffen und gezielt attackiert. Mehr als 50 Fälle von Übergriffen waren es bereits vergangenen Sonntag – und es wurden immer mehr. Schon am Montag waren 100 Fälle gemeldet, darunter ein Journalist, der vor laufender Kamera verhaftet wurde und eine Journalistin, die ihr Auge verloren hat.
Hier in Deutschland hat ein Berliner Justizbeamter Dreharbeiten eines ZDF-Teams bei einem Prozess gegen einen Rechtsextremisten behindert. Deshalb hat der Beamte an die Kamera der Journalisten gegriffen und sie weggeschubst. Daraufhin griffen auch Rechte die Journalisten an. Der Fall soll nun aufgeklärt werden, versprach ein Sprecher des Berliner Justizsenators. Mittlerweile hat sich auch der Justizsenator selbst geäußert und fordert, dass die Pressefreiheit geschützt werden müsse. Wir haben die Videoaufnahme des Übergriffs veröffentlicht.
Falschmeldungen und Journalismuskritik
Wie wichtig eine funktionierende und zuverlässige Berichterstattung ist, zeigte der Hashtag #DCBlackout am Montag: In hunderttausenden Tweets wurde behauptet, Wahington sei von der Kommunikation abgeschnitten. Das stimmte aber gar nicht.
Ebenso falsch war in dieser Woche die Information, dass 65.000 Software-Entwickler:innen die Corona-Warn-App überprüft hätten. Das waren eher die einzelnen Besucher:innen des GitHub-Repo. Trotzdem verbreitete sich die Falschinformation ausgehend von der dpa munter weiter. Das konnten wir nicht unkommentiert lassen.
Wie die Polizei in Deutschland in den sozialen Medien kommuniziert, fasst der Grundrechtereport 2020 zusammen. Es geht um Falschmeldungen, Dienstvorschriften und Gerichtsurteile; wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
Gleich zweimal hat uns diese Woche der YouTuber Rezo beschäftigt. Wir haben uns sein neues Video „Die Zerstörung der Presse“ angeschaut, in dem er zwar Verschwörungsideologen und einige der großen Medienhäuser auseinandernimmt, was man aber auch als eine Liebeserklärung an guten und transparenten Journalismus sehen kann. Außerdem haben wir selbst mit Rezo gesprochen – über sein Selbstverständnis als Künstler, seine Motivation, sich politisch zu engagieren und seine eigene Rolle als Projektionsfläche einer jungen Generation.
Drohnen und Staatstrojaner
Mehr Befugnisse soll es in Deutschland für den Verfassungsschutz und für Drohnen geben: Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll Kommunikation mit Staatstrojanern abhören dürfen. Das wollen Justiz- und Innenministerium ins neue Verfassungsschutzgesetz schreiben. Nicht einig sind sich die Ministerien bisher, inwiefern sie auch die Online-Durchsuchung erlauben wollen.
Drohnen sollen für verschiedene Einsatzzwecke in Deutschland bald im zivilen Luftraum fliegen dürfen. Das Verkehrsministerium bittet die EU um die unbemannte Kontrolle von Kraftstoffemissionen. Bisher werden Drohnen in maritimen Einsatzgebieten an Nord- und Ostsee in mehreren Projekten der Bundespolizei getestet.
Informationstechnische Mammutprojekte
300 Millionen Euro will die EU ausgeben, um biometrische Daten wie Gesichter und Fingerabdrücke automatisch erkennen zu können. Dafür soll das Material aus fünf Datenbanken in einer einzigen Datei gespeichert werden. Geplanter Start ist in zwei Jahren, Kooperationspartner sind die beiden Firmen IDEMIA und Spora Steria – mit letzterer gab es in der Vergangenheit aber Probleme: Sieben Jahre zu spät kam ein anderes IT-Großprojekt.
Am Donnerstag haben Deutschland und Frankreich gemeinsam offiziell das Gaia-X-Projekt gestartet. Das für Wirtschaftsminister Peter Altmaier „vielleicht wichtigste digitale Bestreben einer Generation“ kommt leider sehr spät, finden wir – bleiben aber gespannt, was draus wird.
Tech-Konzerne und das Internet
Im Internet demonstrieren große Tech-Konzerne gerne ihre Macht. Der Online-Bezahldienst Paypal sperrt jede Überweisung, die das Wort „Kuba“ enthält – selbst wenn es nur um den Longdrink „Cuba Libre“ geht. In den USA werfen Nutzer:innen Google in einer Sammelklage vor, sie auch im Inkognito-Modus zu tracken. Google wehrt sich dagegen, das Klagevolumen könnte allerdings in die Milliardenhöhe gehen.
Unterdessen sägen US-Senatoren am rechtlichen Rahmen des Internets: Mit ihrem Gesetzesvorschlag „EARN IT“ wollen sie Online-Diensten aus den USA verbieten, Verschlüsselung zu benutzen. Wir haben aufgeschrieben, wie das Internet dadurch für uns alle unsicherer werden könnte.
Digitale Nachhaltigkeit
Doch es ist nicht alles schlecht: In einer Schule in Seelze bei Hannover steht im Medienbildungskonzept, dass gebrauchte Geräte und freie Software eingesetzt werden sollen – weil das bestimmte Werte vermittelt und genauso mit Nachhaltigkeit zu tun hat, wie Solarstrom auf dem Dach oder der Bienenstock im Garten. Wie das funktioniert, hat uns Felix Schoppe erklärt, der die Linux-Rechner der Schule betreut.
Ebenfalls auf freie Software setzt die Stadt Herrenberg bei Stuttgart. Damit die Luft in der 30.000-Einwohner-Stadt besser wird, hat sie Geld vom Bundesverkehrsministerium bekommen – und damit die finnische Mobilitätsplattform „digitransit“ für die Stadt angepasst. Denn die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn alle wissen, wie sie schnell von einem Ort zum nächsten kommen, hat uns Stefan Kraus von der Stadt erklärt.
Damit wünschen wir euch ein schönes Wochenende und nicht vergessen: Morgen gibt’s einen neuen Podcast.
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