Nord- und OstseeBundesamt bestellt EU-Drohnenüberwachung

In mehreren Projekten erprobt die Bundespolizei Drohnen in maritimen Einsatzgebieten. Bislang müssen die Luftfahrzeuge in Sperrgebieten fliegen, bald sollen sie in den zivilen Luftraum integriert werden. Zuständig ist das Verkehrsministerium, das jetzt die Europäische Union um die unbemannte Kontrolle von Kraftstoffemissionen bittet.

Die portugiesische „Ogassa“ ist eine der vier Drohnen, die von der EMSA zur Messung von Emissionen geflogen wird. – Alle Rechte vorbehalten UAVision

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat bei der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) Drohnenflüge angefordert. In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), dem das Amt untersteht, sollen damit Emissionen von Schiffen in der der Nord- und Ostsee kontrolliert werden. Es handelt sich laut dem Ministerium um eine dreimonatige Testphase, die das Schiffsabgasmessnetz des BSH ergänzen soll. Die Behörde untersucht damit die Abgasfahnen vorbeifahrender Schiffe und berechnet daraus den Kraftstoffschwefelgehalt, der in Deutschland nur einen Schwefelanteil von 0,1 Prozent enthalten darf.

Mit den EMSA-Drohnen sollen außerdem Watt- und Flachwassergebiete vermessen werden. Ob dies womöglich für den Bau weiterer Offshoreanlagen erfolgt, schreibt das Ministerium nicht.

Dienste für Küstenwachen und Frontex

Die "Hermes 900" kann inzwischen auch Rettungsinseln abwerfen.
Die „Hermes 900“ kann inzwischen auch Rettungsinseln abwerfen. - Alle Rechte vorbehalten Elbit

Die bereits im Frühjahr vorgesehenen Drohneneinsätze wurden wegen der Coronakrise verschoben. Das BMVI hatte die Pläne nicht selbst öffentlich gemacht, bekannt wurden sie erst durch eine Anfrage der EU-Abgeordneten Özlem Demirel an die EU-Kommission. Demnach hat die EMSA ihren 2018 gestarteten Drohnendienst auf zahlreiche weitere europäische Staaten ausgeweitet. Flüge erfolgen entweder zur Überwachung von Umweltverschmutzung, zur Migrationskontrolle oder der Messung von Emissionen.

EMSA-Drohnen flogen zuerst für die Küstenwache von Island. Weitere Dienste erbringt die Agentur in diesem Jahr für Bulgarien, Griechenland, Litauen, die Niederlande, Portugal, Spanien, Frankreich, außerdem für die EU-Grenzagentur Frontex. Großbritannien überwacht mit EMSA-Drohnen den Ärmelkanal, perspektivisch will das Land aber eigene unbemannte Luftfahrzeuge anschaffen.

Derzeit testet die britische Küstenwache in eigener Verantwortung das israelische Modell „Hermes 900“, das die EMSA auch vor Island fliegt. Die Langstreckendrohne kann mittlerweile auch Rettungsinseln transportieren und abwerfen.

Chemische Sensoren und Kameras an Bord

Die von der EMSA geflogene "Ouranos" aus Griechenland.
Die von der EMSA geflogene „Ouranos“ aus Griechenland. - Alle Rechte vorbehalten ALTUS

Es ist laut dem BMVI noch unklar, welche Drohnen in Deutschland zum Einsatz kommen. Die EMSA bietet unbemannte Luftfahrzeuge verschiedener Größen an, zum Emissionsmonitoring listet die Agentur vier verschiedene Modelle auf: Die „Ouranos“ von ALTUS aus Kreta und die „Ogassa“ von UAVision aus Portugal als sogenannte Starrflügler und die schwedische „SkeldarV-200“ von Nordic Unmanned sowie den „S-100“ von Schiebel aus Österreich als Helikopterdrohnen. Zur Verfolgung von Umweltverschmutzung mietet die EMSA außerdem den Quadrokopter „Indago“ des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin.

Die Nutzlast der Modelle bewegt sich zwischen fünf und 25 Kilogramm. Für die Flüge über der Nord- und Ostsee soll die noch zu bestimmende Drohne Sensoren zur Messung von Kohlendioxid, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid befördern, für die hydrographische Vermessung außerdem Kameras. Von welchen Flugplätzen die Luftfahrzeuge starten, kann das Ministerium nach eigenen Angaben noch nicht mitteilen.

Weil Drohnen nicht im allgemeinen, zivilen Luftraum fliegen können, müssen dafür Sperrgebiete eingerichtet werden. Auch hierfür ist das Verkehrsministerium zuständig.

Tests von Bundespolizei

Die "superARTIS" des DLR wird auch von der Bundespolizei für Forschungen benutzt.
Die „superARTIS“ des DLR wird auch von der Bundespolizei genutzt. - Alle Rechte vorbehalten DLR

Seit 2013 testet auch die Bundespolizei Drohnen in der Nord- und Ostsee. Dabei kamen eine Drehflügler-Drohne des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie eine ebenfalls senkrecht startende „Tron“ der deutschen Firma Quantum zum Einsatz. Zunächst wurden im Projekt „MaRPAS“ Starts und Landungen auf Küstenwachschiffen erprobt, für die drei neuen Bundespolizeischiffe der „Potsdam“-Klasse sollten Drohnen erstmals mit an Bord sein.

Zusammen mit dem DLR hat die Bundespolizei eine zweite Testphase  gestartet. Bis 2021 wollen die Projektpartner in „MaRPAS 2“ mit Drohnen der Gewichtsklasse bis 5 Kilogramm die Meeresüberwachung verbessern. Sie sollen „sicherheitskritische Situationen“ erkennen und „hochautomatisiert“ Lagebilder erfassen.

Das DLR-Institut für Flugsystemtechnik testet „realitätsnahe“ maritime Einsatzszenarien für „MaRPAS 2“  auch auf dem Festland. Dabei kommt wie in anderen DLR-Projekten der unbemannte Hubschrauber „superARTIS“ zum Einsatz.

Drohne zur Seenotrettung

Schließlich forscht die Bundespolizei mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger auch an der Seenotrettungsdrohne „LARUS“, die aus Mitteln der zivilen Sicherheitsforschung finanziert wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung zahlt dafür 2,8 Millionen Euro. „LARUS“ steht unter Leitung der Technischen Universität Dortmund, beteiligt ist auch die Deutsche Telekom.

Im Projekt "LARUS" forscht die Bundespolizei mit zwei Hochschulen, einer Drohnenfirma und der Telekom.
Im Projekt „LARUS“ forscht die Bundespolizei mit zwei Hochschulen, einer Drohnenfirma und der Telekom. - Alle Rechte vorbehalten BMBF

Die zwei Prototypen einer Firma aus Bremen haben eine Spannweite von fast vier Metern. Sie können rund fünf Kilogramm Nutzlast befördern und drei Stunden in der Luft bleiben. Die Drohne soll aufsteigen, wenn ein Notruf eingeht und anschließend selbständig Kontakt mit dem Havaristen aufnehmen und genaue Lageinformationen an die Rettungseinheiten übermitteln.

Die Position der Schiffbrüchigen wird von der „LARUS“ mit einem Lasermarkierer angezeigt. Auf diese Weise kann das Schiff auch bei schlechten Sichtverhältnissen oder mit Nachtsichtgeräten gefunden werden. Laut der Projektbeschreibung soll die „LARUS“ in den zivilen Luftraum integriert und damit bemannten Flugzeugen gleichgestellt werden. Die Tests erfolgen von den Flugplätzen Pütnitz und Peenemünde, möglicherweise werden auch die EMSA-Drohnen dort starten und landen.

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