Die Aufnahme, wie bei den Protesten in Minneapolis ein schwarzer CNN-Reporter bei laufender Kamera und live festgenommen wurde, gingen um die Welt. Dieser Übergriff, den die New York Times in Abgrenzung zu Trumps Zensurvorwürfen gegenüber Twitter als echte Zensur und Einschüchterung bezeichnete, war nur der Auftakt zu bislang mehr als 50 dokumentierten Fällen, in denen Journalist:innen während ihrer Berichterstattung über die Proteste Ziel von Angriffen unterschiedlichster Polizeibehörden wurden.
Zahlreiche Videos zeigen, wie Journalist:innen mit Gummigeschossen, Pepperballs, Markierungsmunition und Blendgranaten beschossen, mit Tränengas oder Pfefferspray attackiert, sonstwie körperlich angegriffen oder gar verhaftet werden. Zahlreiche Reporter:innen wurden an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert, körperlich verletzt, in einem Fall verlor eine Fotografin sogar ein Auge.
Nick Waters von Bellincat dokumentiert in einem Twitter-Thread all diese Fälle. Er schreibt in einem Artikel, der die ersten 29 Übergriffe dokumentiert, dass es zwar bei einigen Vorfällen möglich sei, dass Journalist:innen versehentlich getroffen wurden, in der Mehrzahl der Fälle, die er erfasst habe, seien sie eindeutig als Pressevertreter zu identifizieren. Für ihn ist klar, dass sie absichtlich ins Visier genommen werden. Dieses Muster der Gewalt gegen Journalist:innen wiederhole sich in mehreren Städten, am intensivsten seien die Übergriffe jedoch in Minneapolis.
Bei vielen Protesten treffen Übergriffe der Polizei eher aktivistische und alternative Berichterstattung, nun allerdings lässt in den USA beobachten, wie auch Vertreter großer Medien wie CNN, CBS, MSNBC, Reuters oder der Deutschen Welle gezielt angegriffen werden.
Übergriffe auf Pressevertreter:innen sowie Einschränkungen der Pressefreiheit durch die Polizei sind weltweit ein Problem, es gibt sie auch in Deutschland. Neu ist allerdings, dass in einem Land wie der USA, das lange als Hort der Pressefreiheit galt, in den letzten Jahren aber deutlich abrutschte, Journalist:innen so gezielt und in dieser hohen Anzahl attackiert werden. Einiges dürfte dazu Donald Trump beigetragen haben, der keine Möglichkeit auslässt, Medien als „Lügenpresse“ oder als „Feinde des Volkes“ zu bezeichnen – und so eine Stimmung schafft, in der sich Polizist:innen als Vollstrecker des US-Präsidenten fühlen.
Die Angriffe auf Journalist:innen sind allerdings nur ein kleiner Ausschnitt der gewalttätigen Polizeieinsätze überall in den Vereinigten Staaten, welche amerikanische Medien als „Eruption der Polizeigewalt“ oder als „Explosion von Wut und Gewalt der Polizei“ bezeichnen. Hierbei wurden friedliche Proteste mit Gewalt aufgelöst, hunderte, wenn nicht tausende Demonstrierende verletzt und etwa 1.400 Personen festgenommen.
Amnesty International USA hat deshalb die Polizeieinsätze insgesamt mit ungewöhnlich scharfen Worten verurteilt:
Die US-Polizei verstößt landesweit gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen, das Recht auf friedlichen Protest zu respektieren und zu ermöglichen, was die angespannte Situation verschärft und das Leben der Demonstranten gefährdet. In einer Stadt nach der anderen sind wir Zeugen von Aktionen, die als unnötige oder übermäßige Gewalt betrachtet werden könnten. Wir fordern ein sofortiges Ende jeder derartigen Gewaltanwendung und fordern die Strafverfolgung auf, das Recht auf Protest zu gewährleisten und zu schützen. (unsere Übersetzung)
In so einer Situation – zumal mitten in einer Pandemie – erwartet man von verantwortungsvollen Regierungsvertretern den Aufruf zur Mäßigung an alle Seiten. Trump hingegen gießt Öl ins Feuer, droht mit dem Einsatz des Militärs und heizt seine Anhänger weiter auf. Es sind schwere Zeiten, nicht nur für die Pressefreiheit, sondern für die amerikanische Demokratie als Ganzes.
Update 01.06.2020:
Die Zahl der von Nick Waters dokumentierten Fälle ist nun auf 100 angestiegen. Schon gestern hatte Reporter ohne Grenzen in einer Pressemitteilung von 68 Fällen gesprochen und dabei auch die Dämonisierung der Presse durch Trump verantwortlich gemacht.
Ist doch kein Wunder nachdem der Präsident jahrelang gegen die Presse gehetzt hat. Da dürften sich so einige Rechte cops in den USA doch sehr ermutigt fühlen gegen die Presse vorzugehen. Sie haben ja das Approval ihres Präsidenten.
Zum einen bedarf es genügend vieler Unterstützer, die die Heinrichs oben sehen wollen, zum anderen genügend Leute, die verharmlosen und/oder weiter mit dem allgemein vorhandenen System mitlaufen, obwohl sie das Aufkommende eigentlich nicht stützen wollen. Eine demokratische Abwahl würde das System ja nicht per se heilen.
Wird das ein Balanceakt?
Kann man Zahlen mal so mit Europa vergleichen?
Wie viele EW, Polizisten, etc.?
Verantwortliche dafür werden garantiert nicht ermittelt und zurechtgewiesen. Bleibt zu hoffen, dass es auch morgen noch genug Journalisten gibt, die sich von der Einschüchterungsstrategie nicht beeindrucken lassen.
Reporter ohne Grenzen listen die Situation in den USA aktuell als „Zufriedenstellende Lage“. Wird Zeit für die Einstufung „Erkennbare Probleme“, mindestens. Russland ist z.B. als „Schwierige Lage“ klassifiziert, die zweitschlechteste Kategorie, und ich sehe keinen großen Unterschied zwischen der Lage in den USA und Russland: Staatl. Eingriffe zu ungunsten der Pressefreiheit sind in beiden Ländern reichlich vorhanden und die Medienlandschaft ist weitestgehend in den Händen einiger weniger Großkonzerne.
Das Eis ist schon recht dünn: „Er kündigte via Twitter an, die Antifa solle in den USA als Terrororganisation eingestuft werden.“
(https://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-kommen-nicht-zur-ruhe-40-staedte-verhaengen-ausgangssperren-a-35f95766-fa87-4693-8130-ffc615b6d9fe)
Genau, dann wären alle welche sich gegen Faschismus aussprechen automatisch Terroristen die weggesperrt werden könnten. Das zeigt doch eindeutig das Trump es anstrebt eine Diktatur zu errichten, genug dumme die ihn unterstützen gibt es ja zur genüge.
Wenn er wiedergewählt werden sollte dann dürfte es für die USA echt so richtig übel werden.
Manche waren überrascht, dass bzw. wie Trump seine Wahlversprechen umzusetzen gesucht bzw. auch getan hat.