Medienkritik von RezoDie Zerstörung der Presse

Rezos neues Video „Die Zerstörung der Presse“ ist eine Liebeserklärung an guten und transparenten Journalismus. Verschwörungsideologen und einige große Medienhäuser bekommen in diesem einstündigen Journalismus-Grundkurs gleichermaßen ihr Fett weg.

Rezo knöpft sich Methoden bestimmter Medien vor. – Alle Rechte vorbehalten Rezo / Screenshot

Bei Bild-Chefredakteur Julian Reichelt liegen die Nerven offenbar schon blank, bevor das Land über das neue Video „Die Zerstörung der Presse“ von Rezo diskutiert. Denn natürlich ist die Bild-Zeitung in dieser einstündigen Medienkritik immer ganz vorne mit dabei und Reichelt hat die Kritik, wie er in seinem Tweet beweist, nicht verstanden. Wenn er sie überhaupt angesehen hat.

Rezo macht einen interessanten Brückenschlag in diesem in fünf Kapitel und einem Fazit unterteilten Video, das er mit über 250 Quellen belegt: Er zeigt einerseits die Methoden von Verschwörungsideologen auf und seziert dann deren Entsprechungen in der Presse. So stellt Rezo beispielsweise die Methoden der Regenbogenpresse mit ihren Behauptungen über Prominente auf eine Stufe mit den hanebüchenen Verschwörungsmythen eines Attila Hildmann.

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Ein ganzes Kapitel widmet sich dem Thema Menschenfeindlichkeit der Presse. Hierbei werden Beispiele gezeigt, wie Medien Kampagnen fahren, wie zuletzt die „Bild“ gegen den Virologen Drosten, den Opferschutz verhöhnen, Nacktheit von Frauen gegen deren Willen wie die „Welt“ zeigen oder die Wohnorte von Menschen offenlegen, wie zuletzt beim Rapper Sido. Wer so menschenfeindlich agiere, verspiele sein Vertrauen und auch das anderer Medien.

Parallelen zu Verschwörungsmythen sieht Rezo auch in Presse-Artikeln, die spekulative Fragen stellen oder mit Konjunktiven Bilder im Kopf der Rezipient:innen erzeugen, diese dann aber nicht mit Quellen belegen. Wer sich dieser Methoden bediene, müsse später keine Rechenschaft ablegen und könne sich rausreden, dass er doch nur eine Frage gestellt habe.

Rezo fordert höhere journalistische Standards

Im Kapitel „Falschbehauptungen“ hat Rezo die Berichterstattung über sich selbst und damit etwa 400 Artikel analysiert. Er kommt zum Schluss, dass etwa ein Drittel aller Artikel über ihn Falschbehauptungen enthalte –  Spitzenreiter ist dabei die FAZ, bei der er in zwei Dritteln der Artikel Fehler ausmacht. Die FAZ, deren Innenpolitik-Chef Jasper von Altenbockum und die dünkelhafte Berichterstattung des Blattes über das Phänomen Rezo machen einen guten Teil dieses Kapitels aus.

Im letzten Kapitel geht es um den Umgang mit Quellen und Verweisen. Rezo ist es leid, in vielen Artikeln der klassischen Medien weiterhin kaum oder keine Links oder Quellen zu finden. Er fordert Überprüfbarkeit und das Ernstnehmen der Leser:innen. Mit diesem Unwillen zu Transparenz lasse sich die Presse abhängen mit einer Praxis, die sich aus dem Print in die heutige Zeit übertragen habe.

Liebeserklärung an guten Journalismus

„Die Zerstörung der Presse“ keine Abrechnung mit „den Medien“ als ganzes, wie man sie so oft in den unterschiedlichsten Formen hören muss, sondern eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Methoden.

Und nein, das Video ist gar keine Zerstörung, sondern auch ein Aufruf, es besser zu machen. Dazu gehöre auch, dass sich seriöse Medien von denen, die sich unlauterer Methoden bedienen, stärker distanzieren und auch nicht auf deren unsauber entstandenen Artikel verlinken – auch wenn es Klicks und Auflage verspricht.

Mit klar belegbaren Quellen und Links, höheren journalistischen Standards sowie mit Respekt vor Menschen und Achtung vor den Leser:innen könnten Medien wieder Vertrauen gewinnen. Denn wem Menschen nicht vertrauten, dem glaubten sie auch nicht. In diesem Sinne ist die „Zerstörung der Presse“ vielmehr eine Liebeserklärung an guten Journalismus. Dass das einem Julian Reichelt nicht gefällt, darf uns nicht verwundern.

Regelmäßigen Leser:innen von Bildblog oder Übermedien wird Rezos Video nicht allzuviel Neues bringen. Aber das ist egal: Es ist eine unterhaltsame, solide und vor allem konstruktive Medienkritik, die Rezo da auf seine Weise für ein großes Publikum produziert. Und das kann nun wirklich kein Fehler sein.

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11 Ergänzungen

  1. Die Stelle mit den erfundenen Interviews hat mich daran erinnert, das selber vor Jahren erlebt zu haben.

    Highlight: Google-Alert auf von mir gesetzte Stichworte zu einem Outdoorhobby und meinem Namen führte zu einem „Interview“, welches ich aber nie gegeben hatte. Da waren einfach Passagen anderer Veröffentlichungen zusammenkopiert und frei ergänzt und dann als eigenständiges Interview verkauft worden.

    Andere selbsterlebte „Ungenauigkeiten“, Fotoklau (Urheberrechtsverletzung von Print/Online-Medien) etc. erwähne ich da schon gar nicht.

    Spätestens ab da war mein Gedanke: Wenn das schon bei so simplen Themen passiert, was ist dann bei wirklich ernsten Themen? Wie kann ich das Vertrauen haben, dass das nicht bei anderen Personen/Themen genauso passiert?

    1. Ich hatte das in sehr ähnlicher Weise auch mal, auch ein paar Jahre her, ebenfalls mit Foto.

  2. Korrektur:
    „– die Spitzenreiter ist dabei die FAZ, bei der er in zwei Dritteln der Artikel Fehler ausmacht.“

    In diesem Satz ist ein „die“ zuviel.

  3. Das Verlangen nach anständiger Nachprüfbarkeit eines Artikels ist nicht ganz fehl am Platze; hätte man bereits bei der Facharbeit im Abitur, oder später im Studium so stümperhaft recherchiert und die Quellenverweise angeführt, dann wäre man mehr als nur einmal durchgerasselt.

    Hab mir das gesamte Video gegeben. Weil mir eigentlich alles davon schon bekannt war, blieb nur eine Sache hängen: dass Rezo ‚Lord of the Weed‘ gesehen, und dann auch zitiert hat. Wette das ging den meisten Älteren WOOSH am Kopf vorbei.

  4. An der Stelle auch mal riesengroßen Respekt and netzpolitik.org.
    Ihr macht größtenteils sehr gute Arbeit, gebt umfassende und seriöse Quellen an, seid transparent über eure Finanzen und reagiert auf Kritik.
    Vor allem sind eure Kommentare oft relativ konstruktiv gehalten. Mir fehlt bei vielen Zeitungen (außerhalb der reinen Nachrichtenvermittlung) ein nachvollziehbar gestalteter Versuch, einen Sachverhalt einzuordnen. Die Argumentationsführung macht dann einfach oft keinen Sinn und ganz grundlegende Fragen, die bei jedem Leser aufkommen (müssten), werden einfach nicht beantwortet. Wenn man sich in einem Thema nicht gut genug auskennt, um einen konstruktiven Kommentar (als Artikelform) zu schreiben, dann lässt man es doch einfach sein oder macht vorher die entsprechende Recherche, oder nicht?

  5. Nach der unterhaltsamen Aufarbeitung der aktuellen Situation der Medien fehlt mir das Nachdenken über die Gründe.

    Medien, die sich über Aufmerksamkeit finanzieren, haben das Problem, dass den marktbeherrschenden Aufmerksamkeitsvermarktern, ethische und journalistische Standards weitestgehend egal sind. Bezahlt wird für die Menge der Aufmerksamkeit, die ein Beitrag bringt. Die Algorithmen von YT, FB, Twitter etc. können sehr einfach messen, wie häufig Beiträge gelesen, geliked, kommentiert, geteilt oder retweeted werden. Beiträge, die maximale Aufmerksamkeit generieren, werden von den Algorithmen der Unternehmen für das eigene Publikationsangebot (Trends, News) bevorzugt. Da es bisher niemand geschafft hat, diese Firmen für ihr eigenes Publikationsangebot wirksam in die Pflicht zu nehmen, ist es ihnen egal, welcher Art die Beiträge sind, die ihnen Aufmerksamkeit verschaffen.

    Es ist dem menschlichen Wesen geschuldet, dass Beiträge die Angst, Hass oder Gewalt enthalten, verstärkte Aufmerksamkeit bekommen. Es muss also niemanden wundern, dass angsterzeugende Verschwörungserzählungen oder Hassbeiträge aktuell sehr viel mehr Aufmerksamkeit bekommen, als aufwändig recherchierte und sich an ethische Standards haltende Beiträge.

    Indem Rezo YouTube/Google zum Geschäftspartner seiner journalistischen Tätigkeit macht, stärkt er m.E. genau das Geschäftsmodell, das für die von ihm beschriebenen Missstände verantwortlich ist.

    Btw: Man kann seine Statistik auch so lesen: Je unabhängiger das Medium von der Aufmerksamkeit der großen Aufmerksamkeitsvermarkter ist, um so geringer ist die Menge der Falschaussagen. Netzpolitik.org ist hier auf dem richtigen Weg.

    1. Danke „Kasper Ohm“ (Beitrag vom 2. Juni 2020 um 15:47 Uhr)!

      Der vorletzte und letzte Absatz deines o. g. Beitrages bringen es auf den Punkt. Da wären durchaus alternative Kanäle, wie bspw. Peertube, gefragt. Desweiteren ist es praktisch unmöglich, Rezo in irgendeiner Form zu kontaktieren, ohne eben die genannten Bullshit-Kanäle (TikTok, Instagram, Twitter) nutzen zu müssen.

      Schade, Rezo!

  6. Ich recherchierte in den Wochen nach dem #wirvsvirus DEM HACKATHON DER BUNDESREGIERUNG – Original-Schreibweise des Veranstalters https://wirvsvirushackathon.org [1] . Was ich bis heute in den Medienberichten vermisse – eine ausgewogene Berichterstattung, eine sachliche Ausseinandersetzuung mit diesem Phänomen.

    Bspw. Tatsache ist, dass als Reaktion auf eine Beschwerde, dass während der Veranstaltung [1] die Bestimmungen der Europäischen Datenschutzverordnung nicht eingehalten werden, hieß es seitens der Bundesregierung – den Link poste ich hier erstmal nicht, damit der Beitrag nicht als Spam blockiert wird – dass es keine Veranstaltung der Bundesregierung ist – s. dazu der Name der Veranstaltung [1].

    Tatsache ist auch, dass nach einer Anfrage wegen dem Bundesadler auf [1] das Hoheitszeichen Bundesadler nach 1,5 Monaten aus der Liste der Initiatoren der Veranstaltung [1] entfernt wurde. S. Details dazu hier https://fragdenstaat.de/anfrage/genehmigung-zur-verwendung-des-bundesadlers-auf-der-website-wirvsvirushackathonorg/ .

    Ich vermisse in den etablierten Medien eine sachliche Ausseinandersetzuung mit den Schattenseiten von derart Veranstaltungen. Die Medienberichterstattung – Stand jetzt – kommt beim [1] wie Hofberichterstattung aus den Zeiten, wo Demokratie noch eine Vision für die Zukunft war.

  7. Ich bin ein wenig enttäscuht wie undifferenziert ihr Rezos Video bewertet. Ja, seine Intentionen sind mit Sicherheit gut und wichtig. Es ist toll, dass er seine Reichweite nutzt um aufklären zu wollen und schlecht recherchierten Journalismus zu kritisieren. Allerdings sollte man selber diese Fehler dann nicht machen – und das tut Rezo leider zuhauf. Diese falschen Aussagen dann einfach stehen zu lassen und hier nicht mal zu erwähnen – das sehe ich persönlich kritisch.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.