Netzpolitischer Wochenrückblick KW 1: Das große Löschen kann beginnen

Seit diesem Jahr müssen kommerzielle Plattformen wegen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes vermeintlich offensichtlich rechtwidrige Inhalte schneller löschen. Das Bundeskartellamt rüstet sich verbal gegen seine Auseinandersetzung mit Facebook und wäre Kohl nicht Kanzler geworden, hätten wir in Deutschland heute möglicherweise das beste Glasfasernetz der Welt. Die Themen der Woche im Überblick.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Geran de Klerk

Das neue Jahr hat bereits begonnen und doch wollen wir noch einmal kurz auf das vergangene zurückblicken. Die letzten Tage des Jahres 2017 verbrachten wir auf dem 34C3, dem mittlerweile 34. Chaos Communication Congress. Und wie jedes Jahr gab es eine Menge spannenden Input. Netzpolitik.org trug auch einen kleinen Teil dazu bei: Arne berichtete von der Informationsfreiheitsfront, Ingo sprach über die Lobby-Schlacht um die ePrivacy-Reform, Constanze unterhielt sich mit Hans-Christian Ströbele über den NSA-Untersuchungsausschuss und Markus beleuchtete die netzpolitische Gesamtsituation.

Wer selbst noch nie beim Congress war und vielleicht einen Motivations-Stupser für nächstes Jahr benötigt, dem sei Stefanies spontaner Erlebnisbericht ans Herz gelegt. Sie war das erste Mal dabei und hat ihre Erfahrungen in zwei Texten geschildert.

Außerdem bei uns nachzulesen: Ein Interview mit Vincent Haupert über Sicherheitsprobleme beim mobilen Banking. Er spricht über die Kurzsichtigkeit der Banken, Regulierungsbedarf und Tipps für Nutzer und Nutzerinnen. Bei seinem Vortrag auf dem Congress demonstrierte er, wie sich mit einem Angriff auf einen einzigen Sicherheitsdienstleister 31 Finanz-Apps manipulieren ließen.

Löschen mit dem NetzDG

Und nun sind wir im Jahr 2018. Politisch ist in Deutschland nach wie vor vieles in der Schwebe. Klar ist aber, dass mit dem Jahresbeginn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtend in Kraft ist, welches große kommerzielle Plattformen dazu verpflichtet, als offensichtlich rechtswidrig eingeschätzte Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Das Gesetz ist hochumstritten und wird von vielen Seiten kritisiert, da es die verfassungsrechtlich verankerte Meinungsfreiheit durch Overblocking gefährdet. Die noch amtierende Bundesregierung will mit dem Gesetz Hass und verbaler Gewalt im Netz entgegenwirken.

So wie es aussieht, wird es Facebook dieses Jahr mit dem Bundeskartellamt zu tun bekommen. Dessen Präsident bekräftigte zum neuen Jahr das Ansinnen seiner Behörde, Facebook zu sanktionieren, sollte es nichts an seiner Praxis ändern. Das Amt kritisiert, der Konzern sammle Nutzerdaten aus Drittquellen und setze sie zu Werbezwecken ein, ohne dass die Betroffenen darüber informiert wären. Zudem nutze Facebook dabei seine marktbeherrschende Position aus.

Wie sich alternative Technologien entwickeln lassen, die den großen Plattformen etwas entgegensetzen können, untersucht die Knight Foundation in einer Studie zu Civic-Tech-Projekten in den USA.

Gute Nachrichten für Öffentlichkeit und Transparenz

Die Informationsfreiheit in Deutschland hat einen Sieg errungen. Wie ein Gericht in Mainz entschied, sind auch wissenschaftliche Dienste von Landtagen auf Anfrage auskunftspflichtig und müssen Gutachten, beispielsweise zu Gesetzen, herausgeben.

Wo wir bei freiem Wissen und offenen Daten sind: Wikipedia hat ein neues Statistik-Portal, das den Zugang zu Informationen über die Plattform wesentlich komfortabler und übersichtlicher macht.

Vom geplatzen Glasfasertraum und falschen Frequenzen

Die Wirtschaftswoche enthüllte diese Woche, dass die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt bereits Anfang der achtziger Jahre Pläne für einen bundesweiten Glasfaserausbau beschloss. Nachfolgekanzler Helmut Kohl hielt davon jedoch nicht viel und förderte stattdessen das Kabelfernsehen.

Die CIA fördert hingegen lieber ihre Mitarbeiter. Und zwar mit eigens entworfenen Brettspielen, die ihre Angestellten im Umgang mit politischen Krisen trainieren sollen. Teile der Spielkarten mussten vor der Herausgabe im Zuge einer Informationsfreiheitsanfrage allerdings geschwärzt werden.

Hierzulande nahm die Bundesnetzagentur im Jahr 2017 insgesamt 460.000 Geräte vom Markt, die etwa den Polizeifunk stören oder elektromagnetische Unverträglichkeiten verursachen können. Davon betroffen waren insbesondere Funkkopfhörer.

Außerdem ist die zweite Folge unseres Webvideoprojekts about:blank draußen. Dieses mal geht es um Privatsphäre beim Versenden von Nacktbildern.

Zuletzt hier noch ein Lesetipp fürs Wochenende: Ein Portrait über Reality Winner, die als Übersetzerin und Sprachforscherin für die NSA tätig war und im Juni einen NSA-Bericht geleakt hatte. Seitdem sitzt sie hinter Gittern. Ihr Ziel war es, die Öffentlichkeit über Hacker-Angriffe auf US-amerikanische Wahlbüros aufmerksam zu machen.

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