Österreich: Vertrag mit BND-Dienstleister Deutsche Telekom zur Datenausleitung bei Eikonal veröffentlicht

Letzten Freitag hatte der Abgeordnete im österreichischen Nationalrat Peter Pilz bereits durch Veröffentlichen einer E-Mail bewiesen, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) mit Hilfe der Deutschen Telekom (DTAG) an den Telefon- und Internetleitungen im Nachbarland lauscht. Die österreichische Zeitung Krone beschreibt nun in einem Artikel die Geheimvereinbarung zwischen dem deutschen BND und der DTAG unter dem Titel: So wurden wir von den Deutschen ausspioniert.

Den Geschäftsbesorgungsvertrag „Transit“ zwischen dem BND und DTAG (pdf) vom 1. März 2004 (Mirror auf unserem Server, aus dem PDF befreit) veröffentlicht sie ebenfalls. Die Herausgabe des Eikonal-Vertrags zwischen BND und DTAG hatte das Bundeskanzleramt nach unserer IFG-Anfrage verweigert. Er regelt, dass „kabelgestützte leitungs- und paketvermittelte Fernmeldeverkehre, die ihren Ursprung nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben“, an den BND ausgeleitet werden.

DTAG

Ein wenig Aufwand musste sich die DTAG laut dem Vertrag machen, da offenbar Umbauten nötig wurden, sie verpflichtete sich zur:

Durchführung erforderlicher baulicher und technischer Maßnahmen, die für die Aufklärung notwendig sind. Die Auftragnehmerin führt diese Umbaumaßnahmen […] in eigener Zuständigkeit aus.

Im Jahr 2001 war das G-10-Gesetz neugefasst und damit das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis stark aufgeweicht worden. Seitdem hat der BND die Erlaubnis, auch internationale Telekommunikationsverbindungen von Deutschland ins Ausland oder umgekehrt abzufangen.

Bild-Lizenz: CC BY-NC 2.0 via flickr Herr Olsen


Deutsche Telekom AG, T-Com Zentrale

Geschäftsbesorgungsvertrag „Transit“

zwischen

dem Bundesnachrichtendienst
[geschwärzt]

-Auftraggeber

und

Deutsche Telekom AG, T-Com
[geschwärzt]

-Auftragnehmerin

Inhaltsverzeichnis

  1. § 1 Vertragsgegenstand
  2. § 2 Leistungen der Auftragnehmerin
  3. § 3 Verpflichtungen des Auftraggebers
  4. § 4 Vergütungen
  5. § 5 Zeit und Ort der Leistungserbringung; Berichterstattung
  6. § 6 Mängelansprüche/Haftung
  7. § 7 Schweigepflicht
  8. § 8 Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen
  9. § 9 Inkrafttreten und Dauer
  10. § 10 Schlussbestimmungen

§ 1 Vertragsgegenstand

1. Der Auftraggeber beabsichtigt im Rahmen seiner Aufgabenstellung nach §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst vom 20.12.1990 kabelgestützte leitungs- und paketvermittelte Fernmeldeverkehre, die ihren Ursprung und ihr Ziel nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben („Transit“), aufzuklären.

2. Hierzu sollen die dem Auftraggeber in der Auslandsvermittlungsstelle der Auftragnehmerin in [geschwärzt] überlassenen Räumlichkeiten verwendet werden.

3. Die Vertragspartner verpflichten sich im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu umfassender gegenseitiger Information über alle für ihre Zusammenarbeit relevanten Fragen. Es werden auf beiden Seiten zuständige Ansprechpartner für die Durchführung der Zusammenarbeit benannt.

§ 2 Leistungen der Auftragnehmerin

Zur Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben wird die Auftragnehmerin insbesondere folgende Leistungen erbringen:

1. Beschaffung von Informationen über die Durchführung oben genannter Fernmeldeverkehre aus allgemein zugänglichen sowie internen Informationsquellen der Auftragnehmerin, aus letzteren Quellen allerdings nur, soweit die Auftragnehmerin hierdurch nicht in einen Konflikt mit ihren Untemehmensinteressen oder Interessen einer anderen Gesellschaft des Konzerns Deutsche Telekom gerät.

2. Planungsmässige Umsetzung von auftragsrelevanten Intentionen in technisch realisierbare Anwendungen unter Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Telekom AG, T-Com und Beachtung der allgemeinen Wirtschaftlichkeit.

3. Durchführung erforderlicher baulicher und technischer Massnahmen, die für die Aufklärung notwendig sind. Die Auftragnehmerin führt diese Umbaumaßnahmen nach Beauftragung durch den Auftraggeber in eigener Zuständigkeit aus.

4. Beratung und Fortbildung in Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand.

§ 3 Verpflichtungen des Auftraggebers

1. Der Auftraggeber hat dafür Sorge zu tragen, dass der Auftragnehmerin alle für die Ausführung ihrer Tätigkeit notwendigen Informationen rechtzeitig erteilt und erforderliche Unterlagen rechtzeitig vorgelegt werden. Dies gilt auch für Unterlagen, Vorgänge und Informationen, die erst wahrend der Tätigkeit der Auftragnehmerin bekannt werden.

2. Auf Verlangen der Auftragnehmerin hat der Auftraggeber die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm mit Blick auf diesen Vertrag vorgelegten Unterlagen sowie seiner Auskünfte und mündlichen Erklärungen schriftlich zu bestätigen.

3. Gegebenfalls erforderliche Erweiterungen einer vorhandenen oder Installation einer zusätzlichen Raumsicherung führt der Auftraggeber durch eigenes Personal und auf eigene Kosten durch.

4. Der Auftraggeber verpflichtet sich, während der Laufzeit des Vertrages aus der Durchführung des Vertragsverhältnisses erworbenes Wissen nicht einem zur Auftragsnehmerin in Konkurrenz stehenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

§ 4 Vergütungen

1. Die Abgeltung der personellen Aufwendungen der Auftragnehmerin erfolgt mittels einer Monatspauschale, deren Höhe auf 6.500 € pro Monat zuzüglich Umsatzsteuer festgelegt wird. Die vereinbarte Pauschale enthält Auslagen, wie bspw. die für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zu zahlenden Entgelte, Schreibauslagen, sowie anfallende Reisekosten.

2. Nach Ablauf eines jeden Jahres (Stichtag erstmalig 1.2.2005) können die Parteien eine Anpassung des Monatspauschbetrages einvernehmlich vereinbaren.

3. Das Entgelt für die zwecks Erreichung des Vertragsziefs gegebenenfalls von der Auftragnehmerin zu beschaffende Femmeldetechnik richtet sich nach den jeweils einschlägigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftragnehmerin.

4. Anfallende Kosten der Auftragnehmerin, die diese für erforderlich werdende bauliche Erweiterungen an Dritte zu entrichten hat, werden ihr vom Auftraggeber ersetzt. Darüber hinaus kann die Auftragnehmerin für damit in Zusammenhang stehende Beratungsleistungen einzelfallabhängig oder pauschal nach beiderseitiger Abstimmung eine angemessene Vergütung festsetzen.

5. Der Ersatz sonstiger Aufwendungen der Auftragsnehmerin bedarf der (schriftlichen) Zustimmung des Auftraggebers.

6. Zahlungen sind auf das Konto der Auftragnehmerin

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kostenfrei gutzuschreiben.

§ 5 Zeit und Ort der Leistungserbringung; Berichterstattung

1. Die Auftragnehmerin bestimmt ihren Arbeitsort, ihre Arbeitszeit und das zur Erledigung ihrer Verpflichtungen aus diesem Vertrag einzusetzende Personal eigenverantwortlich.

2. Die Auftragnehmerin erstattet dem Auftraggeber auf Anforderung Berichte über ihre laufende Arbeit und deren Ergebnisse. Die Berichterstattung kann nach Wahl des Auftraggebers einmalig oder entsprechend dem Arbeitsfortschritt in Form von Zwischenberichten erfolgen.

3. Die Auftragnehmerin gewährt Mitarbeitern des Auftraggebers zu üblichen Geschäftszeiten ein Zutrittsrecht zu den vom Auftraggeber angemieteten Räumlichkeiten.

§ 6 Mängelansprüche/Haftung

Die Deutsche Telekom AG, T-Com gewährleistet eine unverzügliche Bearbeitung und wird hierbei die gleiche Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheit walten lassen.

2. Soweit Bearbeitungszeiten vereinbart werden, sind diese einzuhalten. Können die vereinbarten Termine nicht eingehalten werden, wird die Auftragnehmerin den Auftraggeber unter Angabe der Gründe hierüber unverzüglich unterrichten. Unter Berücksichtigung des Hintergrundes, vor dem dieser Vertrag geschlossen wird, sowie des Verzögerungsgrundes kann ein neuer Termin vereinbart oder die Vergütung angemessen gemindert werden.

3. Für Vorsatz haftet die Auftragnehmerin unbeschränkt. Im Fall der fahrlässigen Pflichtverletzung ist die Haftung der Auftragnehmerin auf das Dreifache der Jahresvergütung für personelle Aufwendungen beschränkt.

4. Die Beschäftigten der Vertragsparteien haften der anderen Vertragspartei außer bei Vorsatz persönlich nicht.

5. Die Regelung ist abschließend. Weitergehende Haftungsansprüche bestehen nicht.

§ 7 Schweigepflicht

1. Die Parteien verpflichten sich, über alle geschäftlichen und betrieblichen Angelegenheiten. die Ihnen im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit ausdrücklich nach den staatlichen Geheimhaltungsvorschriften als vertraulich gekennzeichnet worden ist oder nicht.

2. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit gilt mindestens 10 Jahre über das Ende der Laufzeit der Vereinbarung hinaus fort.

§ 8 Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen

Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, alle diesen Vertrag betreffenden Unterlagen ordnungsgemäß aufzubewahren, insbesondere dafür zu sorgen, dass unbefugte Dritte nicht Einsicht nehmen können. Sofern ihr für die Durchführung des Vertrages Unterlagen vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden, sind diese während der Durchführung des Vertrages auf Anforderung, nach Beendigung des Vertrags dem Auftraggeber unaufgefordert zurückzugeben.

§ 9 Inkrafttreten und Dauer

1. Der Vertrag tritt rückwirkend zum 1. Februar 2004 in Kraft.

2. Der Vertrag wird zunächst für die Dauer von einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens geschlossen. Sofern die Parteien keine abweichenden Regelungen treffen oder eine Partei einer Fortführung widerspricht, verlängert sich der Vertrag jeweils um weitere 6 Monate und kann anschließend schriftlich unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende ordentlich gekündigt werden.

3. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.

§ 10 Schlussbestimmungen

1. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses.

2. Die Vertragsparteien haben keine mündlichen Nebenabreden getroffen.

3. Sollten einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt der Vertrag im Übrigen gleichwohl gültig. Unwirksame Bestimmungen sind von den Parteien durch wirksame Bestimmungen zu ersetzen, so dass der mit dem Vertrag verfolgte wirtschaftliche Zweck so weit wie möglich erreicht wird. Für den Fall einer von den Parteien nicht gewollten Regelungslücke gilt das Vorstehende entsprechend.

4. Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland.

5. Diese Vereinbarung wird in zwei Exemplaren ausgefertigt. Jede Partei erhält ein Exemplar. Dieser Vertrag darf grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben werden.

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