Etappensieg und weitere Proteste gegen Vorratsdatenspeicherung

Das Verwaltungsgericht Berlin einen weiteren Internet-Provider von der Vorratsdatenspeicherung befreit, wie das Beck-Blog meldet:

Das Unternehmen dürfe nicht mit einem Bußgeld bestraft werden, wenn es die Infrastruktur zum Datensammeln nicht bereithalte, entschied das VG Berlin bereits am 16.1.2009 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und weitete damit seine Rechtsprechung aus dem BT-Verfahren von Oktober 2008 aus, Az.: VG 27 A 321.08. Die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung sei verfassungswidrig, solange den Unternehmen keine angemessene Entschädigung für die Investitionskosten der notwendigen Infrastruktur gewährt werde (…) Anders als in dem BT-Verfahren von Oktober 2008 bietet die QSC AG nicht nur Geschäftskunden-, sondern auch Endkundenanschlüsse an, so dass der Beschluss eine größere Auswirkung auf die Praxis der Vorratsdatenspeicherung haben dürfte.

Während heute in einer Woche der Europäische Gerichtshof in Luxemburg über die formale Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entscheiden wird, gilt es in Deutschland jetzt die freiwillige Vorratsdatenspeicherung von Web-Anbietern zu verhindern. Die im neuen BSI-Gesetz versteckte Klausel (Seite 10, Artikel 2, TKG-Änderung) würde es allen Web-Anbietern ermöglichen, das Verhalten ihrer Nutzer anlasslos aufzuzeichnen, auszuwerten und weiterzugeben, wenn die Daten irgendwann und irgendwie zur Sicherheit des Betriebes nützlich sein könnten – also immer. Es gibt hierbei auch keinen Richtervorbehalt zur Weitergabe der Daten an die Sicherheitsbehörden.

Das Bundesinnenministerium hatte auf die ersten Proteste des AK Vorratsdatenspeicherung geantwortet und dementiert, dass eine „unbegrenzte oder anlasslose Speicherung (…) durch die vorgeschlagene Regelung (…) gestattet“ werden soll. Patrick Breyer vom AK Vorrat hat nun eine ausführliche Erwiderung geschrieben, die die Bedenken nochmals unterstützt und auf die Verfassungswidrigkeit des Vorhabens hinweist. Die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes teilen diese Auffassung nach den ersten Reaktionen und werden sich wohl noch auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen. Bereits im November 2008 hatten sie einstimmig gegen eine ähnliche Klausel im Telekom-Paket der EU protestiert.

Innenminister Wolfgang Schäuble hat trotz (oder gerade wegen?) dieser Widerstände nun den Gesetzesentwurf im Eilverfahren in den Bundesrat eingebracht. Damit wird verhindert, dass die Stellungnahmen der Länder abgewartet werden müssen. Bereits am 12. Februar soll das Gesetz in den Bundestag eingebracht werden.

Wenn es keinen massiven Protest aus der Bevölkerung und eine öffentliche Debatte darüber gibt, könnte es also in wenigen Wochen wieder ein neues Überwachungsgesetz geben. Protestieren kann man, indem man seinen Bundestags-Abgeordneten anruft oder anschreibt und die Mitglieder von Wirtschaftsausschuss, Rechtsausschuss, Kulturausschuss und Innenausschuss des Bundesrats kontaktiert. Der AK Vorrat hat dazu heute eine Pressemitteilung herausgegeben und eine eigene Kampagnenseite erstellt, die das alles vereinfacht. Dort werden auch Musterbriefe und Antworten gesammelt.

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5 Ergänzungen

  1. Nicht jedes für uns günstige Urteil ist als Etappensieg zu werten. Das BVG hat nicht die Speicherung als rechtswidrig disqualifiziert, sondern die fehlende Entschädigung.

  2. Ist QSC diejenige welche Firma die hier geklagt hat? Das wundert mich ein bißchen, in der Statistik die hier vor einigen Monaten veröffentlicht wurde, konnte man lesen dass QSC mit der technischen Umsetzung der VDS schon recht weit fortgeschritten war.

    Einerseits erfreulich dass dieser ISP auch rechtliche Schritte erwägt, andererseits verwundert es mich wenn sie mit der Umsetzung erst so vorlegen und sich hinterher bei einem Verwaltungsgericht am entgegengesetzten Ende des Landes darüber beschweren.

  3. Speicherung der IP-Adressen aus Sicherheitsgründen sinnvoll!

    Angebote im Web werden nicht selten angegriffen. Um hierauf reagieren zu können z.B. in dem bestimmte IP-Adressen ausgefiltert werden oder Hacks nachverfolgt werden, ist es notwendig die IP-Adressen zu speichern.

    Gleichzeitig sollte jede andere Form der Auswertung verboten werden:

    – Löschung nach einem Monat
    – Zugriff nur bei Verdacht auf einen Angriff und dann nur um den Angreifer zu lokalisieren bzw. Gegenmaßnahmen einleiten zu können
    – keine Weitergabe an Sicherheitsbehörden – auch nicht per Gerichtsbeschluss sofern die obigen Bedingungen nicht erfüllt sind

    1. Es gibt massenhaft Webseiten, die ohne Speicherung auch gut fahren, darunter sogar http://www.bundeskriminalamt.de. Wenn es Probleme gibt, kann man auch bei (noch) geltender Rechtslage ein Logging immer einschalten.

      Das Problem mit dem neuen TKG-Paragrafen ist aber vor allem, dass er so gummiartig formuliert ist, dass er eine unbegrenzte Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe der Daten zulassen würde.

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