Internetsperrungen, Telekom-Paket und das Urheberrecht

Heute fand in der französischen Botschaft in Berlin die Veranstaltung „Kann die Olivennes-Vereinbarung die Weichen für die digitale Zukunft stellen?“ statt. Konkret ging es um Internetsperrungen, die Urheberrechsdebatte und das Telekom-Paket, denn Frankreich ist gerade EU-Ratspräsident.

Ich war dabei und hab mitgebloggt, mich an der Diskussion beteiligt und die ganze Geschichte als MP3 aufgezeichnet. Da die Kritik gerne kommt: Falls es in diesem Artikel Rechtschreibfehler gibt, dann ist das so und ich werde es wohl nicht mehr ändern. Ich werde wie immer, nicht für diese Fleissarbeit bezahlt und ich muss auch noch anderes tun.

Die Veranstaltung:

Ein Vertreter der Frankreichs Botschaft erzählte zu Beginn, dass der Schutz des „Geistigen Eigentums“ eine der grössten Herausforderungen der Volkswirtschaftschaften sei. Es gäbe eine Mrd illegale Downloads in Frankreich, daher sei für Frankreich der Kampf notwendig. Man habe herausgefunden, „80% der Benutzer würden nach einfacher Verwarnung den illegalen Download einstellen“. (Da hat sicherlich wieder die Musikindustrie die passende Studie gesponsert, wie gerade in England wieder.) Die Olivennes – Vereinbarung wurde zwischen Musik, Film, audiovisuelle Medien Lobby mit ISPs.ausgehandelt und besteht aus zwei Teilen:

1.Förderung Legaler Inhalte
2.Bekämpfung illegaler Downloads (Repression)

Das Kompromiss zwischen „alles ist kostenlos“ und „alles kostenpflichtig“. (Aha) Es gebe eine pädagogische Rolle der neu geschaffenen Behörde, die befugt ist, zu bestrafen. Sie arbeitet (übrigens) ausschliesslich auf Anfrage der Rechteinhaber.

Dann gabs den nächsten Vortrag von Ruth Hieronymi, CDU-Abgeordnete im EP. Diese hat in unserer Bewertung des Abstimmungsverhaltens der EU-Abgeordneten zum Telekom-Paket einen phänomenalen 631. Platz erreicht (1 war am Besten, 694 am schlechtesten) Nur ganz wenige deutsche (konservative) Abgeordnete haben schlechter abgeschnitten.

Frankreich hätte das EP und den Kulturausschuss immer gut unterstützt, die Balance zwischen den Interessne der Sicherung der kulturellen Vielfalt und der Interessen der Sicherung der wirtschaftlichen Interessen in der Infogesellschaft zu finden. (Fernsehrichtlinie, Unesco-Initiative und zur Mitteilung der Kommission zur Entwicklung kreativer Online-Inhalte) Für angemessene Balance sei es wichtig, Frankreich an der Seite zu haben. Sie begrüßt die zunehmende deutsch-französische Kooperation, um schnell zu Lösungen zu kommen.

„Kann Olivennes die Lösung bringen?“, fragte sie offen, um vorab zu sagen; „Der Ansatz kann eine Lösung erleichtern“. Aber im EU-Kontext müsse man daran arbeiten, zu Verfahren zu kommen, die nach den Grundsätzen der Oliveness einen EU-Konsens zu erreichen. Dieser sei noch nicht da. Betont das „noch“. Andere würden sagen, dass nach 1. Lesung Telekom-Paket ein Konsens verhindert worden ist. Sie ist der Meinung, dass dies ein Irrtum sei. Worum geht es? Im Grundsatz gehe es um das Grundrecht auf freie Informationen und das Grundrecht zum Schutz des Geistigen Eigentums, die ausbalanciert werden müssen (Wo kommt denn das zweite Grundrecht her?) Wir hätten es bisher noch nicht geschafft, die Balance auf die neue Technologie, die Internettechnolgie auszurichten. Das sei die Herausforderung, vor der wir stehen. Problem seien da unterschiedliche kulturelle Traditionen in der EU. Die Internettechnolgie sei a prio grenzüberschreitend. Daher kann Lösung nur eine grenzüberschreitende sein.

Diejenigen, die grenzüberschreitend arbeiten, hätten einen größeren Einfluss, als die lokal oder national arbeitenden. Die Provider, die zunehmend grenzüberschreitend arbeiten, hätten auch die größere Möglichkeit, grenzüberschreitend Einfluss zu nehmen. Die Telekomindustrie habe dadurch stärkeren politischen Einfluss in Brüssel. (Liegt das nicht vll auch an dem Anteil am Bruttosozialprodukt der Industrie?). Rechteinhaber seien stärker national organisiert. „Diejenigen, um die es geht, die Autoren, von denen ist überhaupt nichts zu hören.“ Weder national, noch europäisch. (Aha.) „Daher stehen die ziemlich komisch da, die sich für die Balance einsetzen, aber keine Autoren zur Seite haben“ (Aha).

Sie habe während des Telekom-Paketes kein Schreiben eines Autors bekommen. (Wetten dass dieser Aufruf dazu führt, dass die Lobbys diese zukünftig organisieren? Ausserdem bin ich auch Autor und hab ihr geschrieben. Merken: Nächstes Mal größer Autor auf den Brief schreiben.)

Das habe dazu geführt, dass im Telekom-Paket eine spektakuläre Abstimmung gewesen sei. Die Abstimmung hat bei den Antragstellern ausdrücklich gegen die Oliveness-Vereinbarung gerichtet. (Als Beteiligter an genau diesem Punkt kann ich ihr widersprechen, da hätte auch Post von Autoren nichts geholfen).

Konkret geht es hierum:

Zitat des Beschlusses zum Richtervorbehalt (§138 Trautmann-Report):

ga) applying the principle that no restriction may be imposed on the fundamental rights and freedoms of end-users, without a prior ruling by the judicial authorities, notably in accordance with Article 11 of the Charter of Fundamental Rights of the European Union on freedom of expression and information, save when public security is threatened where the ruling may be subsequent.

Dieser Beschluss habe eine breite Mehrheit bekommen. Es gab Bemühungen im Vorfeld diese Position zu verhindern. Da hätte sich Hiernoymi auch für eingebracht. Konkret erwähnt sie die Punkte, die eine Kooperation stärken wollten. (Ansonsten danke für den Hinweis). Sie hat das zurückgezogen, weil der Bono-Antrag eine Mehrheit bekommen hätte und Kooperation nicht. Sie wollte nicht marginalisieren lassen. Aber sie wurde von den Sozialdemokraten unter Druck gesetzt, wenn Kooperations-Antrag der Konservativen im Trautmann-Report weitergeht, dann gebe es von Seiten der Sozen keine Unterstützung für den Bericht zur Regulierungsbehörde.

In der Universaldiensterichtlinie sei das Prinzip der Kooperation in breiter Mehrheit beschlossen worden. (Hätte ich auch gerne anders gehabt, aber da spielten die Sozen leider nicht mit) Das wäre etwas unlogisch, dass es in anderer Richtlinie nicht sei. Sie ist aber optimistisch, mit franz. und deutscher Regierung auf Grundlage dieser Bechlüsse die EU-Rat Beschlüsse einen gesetzlichen Rahmen entwickeln kann, der das Prinzip der Kooperation fördern kann. (20) (30) (Harbour)

Hieronymi findet es gut, dass Telekom-Paket Rechtsgrundlage gegeben hat, um Modelle wie Oliveness sehr wohl mit europäischen Recht kompatibel zu gestalten ist. (Gut zu wissen, bisher hieß es immer, dass man dies gar nicht wolle!). Sie hofft, dass diese Debatte nicht mit dem Telekom-Paket beendet ist. Bald werde der EU-Bericht zu Online-Content.vorgelegt. Frage des digitalen Rechtemanagement sei da das größte Thema! Dann bettelte sie regelrecht darum, dass die Rechteinhaber im weiteren Verlauf der Debatte auch bekannte Autoren an die Front schicken und nicht nur ihre Lobbyisten. Nur so könne die politische Stimmung in Richtung Urheberrechtsverschärfung erzielt werden! Denn die politische Lobby für das freie Internet sei wesentlich größer als die Lobby für das Geistige Eigentum. Sie wollte auch zukünftig die Datenschutzbeauftragten frühzeitig in die Debatte reinbringen, sonst kommen die in der Endphase ins Spiel und dann gibt es ihrer Meinung nach wenig hilfreiche Sachen wie den Richtervorbehalt bei §138. (Aha)

Als nächstes sprach ein Vertreter der französischen Regierung und stellte die Rahmenpunkte vor, wie der Olivennes Bericht entstanden ist. Grundvoraussetzungen seien gewesen, dass immer mehr Raubkopien im Umlauf seien und immer mehr Breitband von Bevölkerung genutzt wird (Schlimm!). 2006 habe man festgestellt, dass 1 Mrd Downloads im Monat heruntergeladen werden (Ob da die Lobby bei der Erhebung der Zahlen geholfen hat?). Zweite Zahl, die schockiert habe, sei die, dass der Umsatz im Musikbereich um 50% in den letzten 5 Jahren zurückgegangen sei, was den Verkauf von CDs betrifft!!! (Schock: CDs!!!). In Frankreich würden 500.000 Filme werden am Tag illegal heruntergeladen. (Ich bin mir auch sicher, dass es dafür so gut wie keine legale Möglichkeit gibt) Es gebe aber auch legale Möglichkeit, Sachen herunterzuladen, vor allem im Musikbereich. Legale Downloads entwickeln sich aber nicht so sehr, um das zu kompensieren, was durch illegale Downloads verloren gehe.

Ziel der Aktion sei es, gegen illegale Downloads, aber auch Richtung der Entwicklung attraktivere legale Downloadmodelle vorzugehen. Könne man nur „durch nette, angenehme und vielfältige legale Downloadmöglichkeiten schaffen“ (!), aber dafür sei Repression notwendig, um die (netten, angenehmen und vielfältigen Tauschbörsen) zu verschlechtern. (Hab mich mit der Aussage später nochmal in einem Redebeitrag beschäftigt) Eine Strafandrohung von 300.000 Euro (!) Strafe für illegale Downloads verfehle das Ziel, weil die die Waffe als zu stark für den kleinen Bürger gesehen werde. (Überraschung!)

Man habe eine „pädagogische Aufgabe“: Downloader werden immer jünger, Raubkopieren ist illegal, für viele Menschen sei das nicht einfach zu verstehen. Man müsse ihnen mitteilen, dass dies eine illegale Handlung sei. (Raubkopierer sind Verbrecher) Raubkopieren sei Diebstahl, Daher gebe es erstmal eine Warnmail. Darin wird auch gewarnt, dass es in der zweiten Meldung eine Strafe gibt. Eine große Anzahl der Betroffenen werde dann wohl keine Kopien mehr machen. Zwiete Stufe ist ein eingeschriebener Brief. Darin stehe, dass Angeschriebene Raubkopierer seien und ein Gerichtsverfahren droht. Gestaffelte Ankündigung: Weiterer Schritt wird kommen. Aber es gebe auch Wiederholungstäter, die eine angemessene Strafe erhalten. Keine 300k Geldstrafe und keine drei Jahre Gefängnis, sondern zeitlich begrenzte Unterbrechung des Internetzuganges. (Internetsperrung!) Der Zugang des Internets wird unterbrochen, um die Rechte der Produzenten, Vertriebe, aber auch der Urheber zu schützen.

Der Oliveness-Text beinhaltet: Gestufte Repression (Graduate Response), Selbstverpflichtung der anderen Stakeholder (Rechte-Lobbys), um attraktive Angebote zu entwickeln (!), das DRM zu verstärken (!) und technische Schutzmassnahmen auf wenige zu beschränken (Interoperables DRM! – Kein Scherz!) Drei bis zwölf Monate werde der Nutzer vom Netz abgehängt. Oder er bekommt nur einzelne Stunden pro Tag Nutzung eingeräumt. Wenn auf Arbeit heruntergeladen, soll es andere Massnahmen geben, wovon der abgehalten werden kann, weiter auf Arbeit herunterzuladen, z.b. finanzielle Strafzahlungen.

Entscheidung ist wird Gericht anfechtbar sein und man brauche ein System, womit Nutzer überwacht werden können. Die Regulierungsbehörde soll das Phänomen beobachten und entwickeln. EU-Ministerrat hat kommenden Monat neues Treffen und wird Beschluss unterschreiben, was Förderung kreativer Werke online belangt. Problem soll ausgwiesen werden, als solches darzustellen, Gesamtheit der EU-Länder muss zusammen dagegen wirken. Zuallererst pädagogische Aufgabe. Änderung von 138 widersetzen sich wohl noch viele EU-Mitgliedsstaaten. Frankreich bleibt aber bei dem Ziel.

Dann gab es einen Forderungsvortrag einer Vivendi-Universal Lobbyistin mit dem Titel “The French approach to internet privacy – viVendi experience“. Sie sprach von der Phase 1 des Internets, in dem seien die traditionellen Geschäftsmodelle gewesen, als ISP den Zugang zu verschaffen, nicht Inhalte zu distributieren. Das führe dazu, dass Nutzer für die Ausstattung und den Zugang zahlen, die Kollateralschäden seien massive Urheberrechtsverletzungen. Aber wir seien am Vorabend von Phase 2 und da gebe es Geschäftsmodelle, wo ISPs Inhaltedistributionen werden. (Naja, vielleicht Vivendi-Universal, aber nicht der gemeine ISP) Sie beschwerte sich, dass die derzeitige Situation zuviel Geld für die Rechteinhaber koste, weil die zuviel mit der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen beschäftigt sind. Das koste Juristen, Verfahren und Überwachung, Es sei leider nicht so attraktiv, „die jungen blonden Internetnutzer“ ins Gefängnis zu stecken und ihren Familien zu hohe Geldstrafen zu verurteilen. (!)

Vivendi-Lobbyisten erklärt Filesharing!

Dann wurde es lustig: Phase 1 sei ein Ali Baba-Modell. Und jetzt bereute ich, dass ich das Aufnahmegerät ausgemacht habe, um Batterien zu sparen. Dachte, es kommt jetzt hier eine Unternehmensdarstellung mit Positionen der Rechteinhaber. Konnte ja nicht erwarten, dass die Vivendi-Lobbyisten hier Tauschbörsen erklärt. Und das war lustig. Ein Beispiel für das Ali Baba -Modell sei Bittorrent. Sie wisse nicht, worin die Attraktivität von Bittorrent besteht und präsentiert Screenshots von Clients. „Der Client sieht nicht hübsch aus“. (Mein Vorschlag: Dann soll sie sich mal die legalen Plattformen anschauen, wo man sich Musik und Filme kaufen kann. Die sind noch hässlicher.) Als nächstes zeigte sie einen Screenshot von Mininova, „Hier können Sie ein Musikstück hochladen“. Das Mininova nur eine Seite ist, die andere Bittorrent-Tracker indiziert und eine Suchmaschine dafür anbietet, hat sie noch nicht verstanden. Natürlich musste auch noch das Beispiel kommen, dass Kinder beim durchsuchen von Mininova sicherlich auf Pornoinhalte stossen. Zumindest im Bereich Mininova ist das falsch. Die Plattform hat den Anspruch, eine „family-friendly“ Seite zu bieten, die der Präsident von Mininova mal im NetzpolitikTV-Interview sagte. Porno-Inhalte gibt es da nicht. Aber das Porno-Argument wird gerne genutzt, um Tauschbörsen bei Politikern und älteren Menschen schlecht zu machen. Als weitere Beispiele brachte sie Rapidshare und Imageshack. Das seien alles Seiten, auf die Bittorrent hin verweisen würde. Aber wie das immer so ist, die Lobbyisten haben Narrenfreiheit vor einem solchen Publikum und können irgendeinen Unsinn labbern. Ich kann hier leider auch nicht ins Mikro sgen, dass sie Blödsinn redet, weil sie mit dem Mikrofon auf der Bühne steht. Wenigstens kann ich es bloggen.

Dann kam die Abschlussdiskussion und zusätzlich wurde noch Professor Thomas Hoeren auf das Podium gesetzt, was Stefan Krempl moderierte. Und endlich gab es mal Kontra. Thomas Hoeren fing an, weil er keinen Vortrag gehalten hat. Olivenness sei ein fortschrittliches und innovatives Modell, ebenso aber ebenso die Kulturflatrate. Warum ISPs da mitmachen, sei betriebswirtschaftlich nicht zu verstehen. In Deutschland sei klar, dass es keine Verantwortlichkeit für Accessprovider mehr gibt. „Wir wollen keine Compuserve-Fälle mehr haben“. Die Ecommerce-Richtlinie sage das auch. „Einem Bit sieht man nicht seinen Inhalt an“. „Wie soll ein Accessprovider das überhaupt juristisch prüfen?“ Und hier kommt Olivenness ihm nicht so fortschrittlich an. Verweist auf Idee der IFPI, das selbst zu machen mit der Prüfung. ISPs hätten vertragliche Pflichten ihren Kunden gegenüber. Weiteres Problem: ISP kommt nur an IP heran. Wenn jemand anderes was macht, müsste man mit fragwürdigen Sachen wie ProMedia weiterschauen und die Staatsanwaltschaften einschalten. BMJ sehe weitere Datenschutzprobleme, vor allem durch die Vorratsdatenspeicherung und den Richtervorbehalt. Es dürfen auch laut Hoeren nicht nur die Hausautoren von bestimmten Rechteinhabern in der öffentlichen Debatte vorgeführt werden, sondern es müsste mal analysiert werden, wer sonst kreative und kulturelle Leistungen für die Gesellschaft bringt. Ein Freund-Feind Denken führe dazu, dass ein Dialog nicht möglich sei. Dieser wäre aber sinnvoll, um Lösung zu finden. Aber alle Andersdenkenden würden sofort von den Rechteinhabern geschnitten und mit denen würde nicht mehr geredet. Zum Graduate Response glaubt Hoeren, dass es für eine deutsche Umsetzung im Detail Dinge gibt, die nicht geregelt werden können: Welche Daten werden wo gespeichert und wer erhebt sie? Richtervorbehalt müsse sein. Richtigkeit der Daten wäre eine datenschutzrechtliche Frage. „Was zum Himmelswillen speichern Sie da und was wird da genutzt?“

Vivendi-Lobbyistin antwortete darauf, dass IP-Adressen keinen personenbezogenen Daten seien. Rest konnte ich nicht verstehen, weil ich dann Übersetzungsteil an das Aufnahmegerät gemacht hatte. Hoeren verweist auf Gerichtsentscheidungen in Deutschland, die mittlerweile mehrheitlich IPs als personenbezogene Daten ansehen. Beispiel BMJ-Webseite. ProMEdia & Co werden durch ihre private Überwachung des Internets als sehr kritisch angesehen. „Die Freaks, die richtigen Badguys wissen genau, wie man das französische Modell ausschalten kann. Die richtigen Bösen kriegen Sie damit nicht.“ Hieronymi wird zu Netzsperren befragt. Sie findet es schade, dass beim Kulturwirtschaftsantrag im EU-Parlament Internetsperrungen verurteilt wurden (guy bono act), das sei so nicht geplant gewesen. (gut dass die keine Mehrheit haben mit ihren radikalen Konservativen!)

(Ab Minute 21 in der Aufzeichnung der Diskussion)

Ihr Anliegen sei das Grundrecht auf Schutz des geistigen Eigentums und wie wir das erreichen können? Die Diskussion müsse stattfinden in der Diskussion um kreative Inhalte.

(Ab Minute 29 Hoeren zur kulturflatrate)

Thomas Hoeren meinte danach, die Kulturflatrate käme ja vor allem den Kreativen und den Urhebern zugute. Das sei vielleicht auch der Grund, warum man sie in Deutschland nicht wolle. Bestimmte Industrien würden ja gerne den ganzen Kuchen für sich haben und nichts abgeben.

Ich konnte dann den ersten Redebeitrag bringen, weil ich als erster meine Hand gehoben habe. Konkret hatte ich die folgenden Punkte:

1. Vertreter der französischen Regierung brachte das Beispiel, dass Oliveness nette, angenehme und vielfältige legale Downloadmöglichkeiten schaffen sollen. Warum muss dies durch Repression kommen? Es ist komplettes Marktversagen, dass die Industrien das nicht schon längst realisiert
haben. Wo kann ich heute bequem Musik oder gar Filme kaufen?

2. Netzsperrungen sind vollkommen unverhältnis. Sie greifen in verschiedene andere Grundrechte ein, wie den Recht auf Zugang oder die Rezipienten- und Informationsfreiheit,

3. Wenn man schon über neue Lösungen redet, dann ist Kulturflatrate besser geeignet als Oliveness, die eigentlichen Urheber zu kompensieren und ein freies Netz zu erhalten.

Und da ich ja eigentlich eine Frage stellen sollte: Wo kommen denn die Verbraucher in der Debatte vor?

Hieronymi meinte, die Verbraucher würden ja die ganze Zeit vorkommen und hätten ihr Grundrecht auf freien Zugang. Aber hier ginge es ja auch um das andere Grundrecht auf Geistiges Eigentum. Die legalen Downloadmöglichkeiten würden fehlen, das sieht sie auch. Aber da diese nicht geschaffen werden, müsste man eben Kooperationen machen, damit diese gefördert werden.

Es ging noch etwas weiter, aber das hab ich dann lieber aufgenommen, um diesen Artikel zu Ende zu bringen. Die Aufnahmen bringe ich gleich noch online.

Lustig war auch noch der kleine Empfang danach. Ein Regierungsbeamter kam zu mir, und war total geschockt von der Idee von Internetsperrungen. Der war gekommen, weil das Programm die Förderung kreativer Inhalte vorsah. Er konnte nicht verstehen, dass man Familien das Internet für ein Jahr wegnehmen will, nur weil die Kinder downloaden. Da haben wir einen neuen Lobbyisten an der Front gefunden. Ansonsten war ich überrascht, dass die meisten IT-Lobbyisten hier mitlesen.

Und hier ist die Aufzeichnung der einstündigen Diskussion: MP3. Ich hab bei den französischen Redebeiträgen einfach den Übersetzungskopfhörer ans Mikro gehalten und kann nicht sagen, ob das gut geklappt hat. Aber die deutschen Beiträge versteht man gut.

Und hier ist der Redebeitrag von Ruth Hieronymi.

12 Ergänzungen

  1. wenn man sich das durchliest kann einem wirklich schlecht werden. Nicht, weil irgendetwas wirklich neues in deinem Bericht vorkommt – aber weil diese geballte Ladung von dreisten Lügen auf der einen und blankem Unverständnis auf der anderen Seite mir wieder einmal vor Augen führt, wie sehr Lobbyisten demokratischen Strukturen schaden.
    Und natürlich auch, weil die Aussichten auf eine baldige verbraucher- und künstlerfreundliche Lösung der Copyrightfrage alles andere als rosig aussehen.

  2. sehr gute Anmerkungen Markus (im mp3)
    aber unglaublich schlechte Antwort von der Volksvertreterin(?) Hieronymi.
    Der Hoeren danach hat aber wieder ganz ordentliches von sich gegeben.

    der Mensch von den deutschen ISP (Internetwirtschaft) hat auch sehr Sinnvoll argumentiert: also im Sinne von die Provider geben die IP bei Strafanzeigen schon raus … es gibt also schon nötige Mittel zur Wahrung von Urheberrechten.
    Wenn Ruth Hieronymi dann sagt schaut auf die USA da wird ganz anders mit IP usw umgegangen (auch aus Wirtschaftlicher Sicht) dazu kann ich nur sagen super nehmen wir uns die zum Vorbild (aus Wirtschaftlicher Sicht ;) ) Meiner Meinung nach der denkbar schlechteste Vergleich :/

    Urheberrecht = Magna Charta des Internets, der Typ ist super! Wer ist das, der ganz am Ende auch darüber spricht dass geistiges Eigentum ein Kampfbegriff ist? Der ist Klasse aber irgendwie habe ich nicht mitbekommen wer genau das ist.

    Wirklich großartige (Aufklärungs-)Arbeit Markus !!
    die deutsche Übersetzung ist mal ganz gut und mal nur sehr schwierig zu verstehen, aber super wie viel Arbeit du dir gemacht hast, wüsste nicht wie ich sonst an all diese Infos drankommen sollte.

    1. danke für die blumen. das mit dem kampfbegriff war wieder thomas hoeren. hat mir sehr gefallen auf dem podium, war auch der einzige kontrapunkt. die vivendi-frau hat leider die hälfte der diskussionsredezeit für ihr lobbying in anspruch genommen.

  3. ich mal nen kleines Banner gebastelt, weil ich das von laquadrature.net nicht so toll fand. Meins ist zwar nicht wirklich besser geworden aber vielleicht ein bisschen:

    (könnte ich nat. noch in andere Formen bringen, falls wer will)

  4. „Im Grundsatz gehe es um das Grundrecht auf freie Informationen und das Grundrecht zum Schutz des Geistigen Eigentums, die ausbalanciert werden müssen (Wo kommt denn das zweite Grundrecht her?)“

    Ich weiß ja nicht, ob die Bemerkung in Klammern ironisch gemeint war oder eine echte Frage ist. Woher dieses Grundrecht kommt ist doch klar: aus Artikel 17 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Dort heißt es:

    „Geistiges Eigentum wird geschützt.“

    Artikel II-17 (2) des Vertrags über die Europäische Verfassung

    In den allgemeinen Bestimmungen über die Auslegung und Anwendung der Charta wird das wie folgt präzisiert.

    „Der Schutz des geistigen Eigentums ist zwar ein Aspekt des Eigentumsrechts, er wird jedoch aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung […] ausdrücklich aufgeführt. Das geistige Eigentum umfasst neben dem literarischen und dem künstlerischen Eigentum unter anderem das Patent- und Markenrecht sowie die verwandten Schutzrechte.“

    Sobald der Vertrag von Lissabon ratifiziert ist, ist auch der Schutz von Markenrechten ein Grundrecht.

  5. interessant und haarstäubend. gerade auch der vergleich mit anderen abgeordneten, die zumindest geglaubt verstehen, worum es bei „neuen medien“ und „dem internet“ geht. brrrr. sowas will man vor den kommenden wahlen im juni 2009 noch öfter lesen.

    >>> Behörde, die befugt ist, zu bestrafen. Sie arbeitet (übrigens) ausschliesslich auf Anfrage der Rechteinhaber.

    und noch eine öffentliche instanz, an die die privatwirtschaft outsourcen kann.. wurde das nicht gerade in deutschland erst verboten?

    offtopic: vielleicht mal einen -more- tag setzen, damit man sich nicht ungewollt den finger wund scrollt. ;-)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.