Um mich zu erinnern, wie diese Recherche losging, habe ich in meine Mails geschaut. Dabei habe ich diesen kuriosen Austausch mit der Pressestelle der Berliner Senatsverwaltung aus dem Jahr 2019 wiedergefunden. Wir hatten damals schon viel über das BAMF berichtet, das die Handys von Geflüchteten durchsuchen durfte, um die Daten im Asylverfahren zu nutzen. Irgendwo hatte ich gelesen: Die Ausländerbehörden dürfen auch Handys auswerten. Da geht es vor allem um Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, die abgeschoben werden sollen, aber keine Papiere haben. Bei denen wird gesagt: Sie müssen ihre Geräte rausrücken, sie müssen diese Maßnahmen dulden und die Ausländerbehörde darf darauf nach Hinweisen auf ihre Nationalität oder Identität suchen. Ich fragte mich, warum liest man darüber eigentlich nichts?
Ich habe dann angefangen zu recherchieren und dachte: Ich könnte doch einfach mal anfragen bei der Berliner Ausländerbehörde, wie die das machen. Und die Senatsverwaltung hat erst mal ganz offen geantwortet: Ja, die Ausländerbehörde in Berlin durchsucht Handys. Ich fragte dann, ob sie dafür auch eine spezielle Software und Hardware haben, wie das BAMF, das sich bei der Handyauswertung künstlich blind machen muss, um nicht zu viel zu sehen. Und die antworten: Nein, wir machen das so von Hand. Da gingen bei mir sofort rote Lampen an, weil ich dachte: Moment, das BAMF bekommt super strikte Auflagen verpasst, unter welchen Bedingungen sie überhaupt auf die Daten zugreifen dürfen, ohne die rechtlich geschützte Intimsphäre zu verletzen. Aber die Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörde dürfen einfach per Hand durchs gesamte Privatleben der Person auf dem Handy stöbern? Irgendwas ist da schräg. Das war der Einstieg in diese Recherche.
Es gab vorher keine Berichterstattung zu dem Thema.
Wir sind offenbar eine der wenigen Organisationen, die diesen gesetzlich erlaubten Zugriff auf persönliche Datenträger – und damit die Intimsphäre – von Menschen ohne Papiere für derart skandalös halten, dass wir darüber berichten. Vielleicht liegt es auch daran, dass diese Recherche mühsam ist. Die Zahlen werden nirgendwo zentral erfasst, in den meisten Bundesländern muss man die Ausländerbehörden einzeln anschreiben.
Ja, die Zahlen sind nicht so hoch wie zum Beispiel im Fall der massenweisen Auswertung von Geräten durch das BAMF, in Berlin hat das in den vergangenen Jahren etwa 90 Personen betroffen. Aber die Frage bleibt für mich dennoch: Ist das verhältnismäßig? Wir reden hier über einen massiven Grundrechtseingriff, auf dem Handy findet ja heutzutage das gesamte Leben statt. Da sollte man schon sehr gute Gründe haben, um das zu tun. In diesem Fall sehe ich die nicht.
Vor allem ist gar nicht klar, ob die Maßnahme irgendetwas bringt. Es ist ja nicht so, dass man auf dem Handy irgendwelche Beweise für die Staatsangehörigkeit findet. Das sind höchstens Indizien. Ich habe viel mit Anwält:innen gesprochen für diese Recherche. Auch sie sagen: Ein Staat, der seine mutmaßlichen Bürger:innen nicht zurücknehmen will, wird sich mit ein paar Indizien aus der Handyauswertung sicher nicht umstimmen lassen und dann plötzlich doch einen Pass ausstellen. Bis heute konnte uns keine der Behörden sagen: Ja, wir konnten tatsächlich jemanden abschieben aufgrund der Daten aus dem Handy. Für mich ist das eher eine Maßnahme zur Einschüchterung und Machtdemonstration.
Rechtsextreme Kräfte sind auf dem Vormarsch.
Wir halten mit unserer Arbeit dagegen.
Ohne die Spenden hätten wir diese Recherchen nicht machen können.
Im Gespräch mit anderen habe ich festgestellt, dass viele die Durchsuchung für angemessen halten. Da heißt es dann: die Leute sind ja illegal hier. Und wenn sie nicht freiwillig ihre Identität preisgeben, dann ist doch klar, dass man alle anderen Maßnahmen auch nutzen muss. Die CDU/CSU und die AfD waren offenbar sehr erfolgreich damit, das Bild des betrügerischen Ausländers zu etablieren, der sich hier in Deutschland Sozialleistungen und ein gutes Leben erschleichen will. Erst in Gesprächen mit Organisationen wie Pro Asyl habe ich gemerkt, wie viele falsche Annahmen dahinterstecken, darüber, was es eigentlich heißt, mit einer Duldung in Deutschland zu leben. Dass es Fälle gibt, in denen Menschen trotz größter Bemühungen keine Papiere bekommen können, weil etwa ihre Botschaften nicht kooperieren.
Was hoffentlich klar geworden ist: Diese Recherchen sind sehr zeitaufwändig. Wenn ich überschlagen müsste, wie viel Zeit ich investiert habe, würde ich wahrscheinlich locker auf ein paar Wochen kommen. Allein in diesem Jahr. Ich wüsste nicht, in welcher anderen Redaktion ich die Möglichkeit hätte, so viel Zeit in diese Recherche zu stecken. Das geht nur, weil wir bei netzpolitik.org gesagt haben: Wir machen das zur Priorität. Für mich ist völlig klar: Ohne die Spenden hätten wir diese Recherchen nicht machen können.
Wir wissen jetzt, dass Ausländerbehörden Handys auch mit Profiwerkzeugen knacken.
Wir wissen jetzt aus Berlin und aus Bayern, dass die Behörden dort Handys und andere Geräte von Geduldeten ohne Papiere durchsuchen. Und wir wissen, dass sie dafür inzwischen besondere Hardware und Software angeschafft haben, dass sie teils mit den Polizeibehörden zusammenarbeiten, mit welcher Software es gemacht wird, wie oft es passiert ist. Wir recherchieren weiter in anderen Bundesländern, von denen wir ebenfalls wissen, dass sie Geräte durchsuchen.
Wir haben in Berlin auch eine neue Prüfung der Datenschutzbehörde ausgelöst mit unseren Recherchen, weil wir öffentlich machen konnten, dass die Ausländerbehörde hier mit dem Berliner LKA zusammenarbeitet.
Am besten wäre natürlich, die gesetzliche Grundlage würde abgeschafft werden, aber das kann nur die Regierung veranlassen. Im Gesetz dazu steht: „Der Ausländer hat die Maßnahme zu dulden.“ Es sollte genau andersherum sein: Der Staat hat die Grundrechte zu achten und zu schützen. Das ist seine Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es, die Fakten herauszufinden und zu veröffentlichen.
Diesen Kampf können wir nicht allein führen.
Wir werden an dem Thema dranbleiben, ich sehe das als Langzeitrecherche. Zugleich wäre ich sehr froh darüber, wenn wir nicht die Einzigen bleiben. Das Thema ist dankbar, auch für Lokaljournalist:innen, die bei ihren lokalen Ausländerbehörden anfragen könnten. Stück für Stück könnte sich so ein Puzzle zusammensetzen.
Was fehlt, sind Berichte von Betroffenen. Alles, was wir wissen, wissen wir durch die Auskünfte von Behörden. Wir würden aber gern die Geschichten der Menschen erzählen und hoffen immer darauf, dass sie sich bei uns melden.
Anders als bei Themen wie der Chatkontrolle, der Vorratsdatenspeicherung oder vielen anderen Themen, über die wir berichten, gehe ich davon aus, dass der größte Teil der Menschen, die uns spenden, nicht selbst von der Handyauswertung betroffen ist. Sie verstehen aber vielleicht, warum wir uns so intensiv mit diesen Geschichten beschäftigen: Wenn wir für Grund- und Freiheitsrechte kämpfen, dann geht es um die Rechte aller in unserer Gesellschaft – unabhängig davon, ob sie hier Staatsbürgerschaft haben, Asyl beantragen oder geduldet sind. Gerade Menschen mit der schwächsten Lobby sind dem Staat oft am stärksten ausgeliefert. Für uns ist deshalb klar, dass es sich ganz besonders lohnt, dorthin zu schauen.
Der Text basiert auf einem Gespräch, das Stefanie Talaska geführt und aufbereitet hat.
„Wir reden hier über einen massiven Grundrechtseingriff, auf dem Handy findet ja heutzutage das gesamte Leben statt. “
Nur wenn das Grundrecht existiert ^^
Man könnte judikativ zwar Paragraph 48 des Aufenthaltsgesetzes challangen, weil ein Smartphone erstmal keinen Datenträger selbst präsentiert, und betreffender Paragraph keine Textform (126b BGB) sondern Topologisch multilaterale Kennzeichnungen nationalstaatlicher Herkunft fodert.
Wird leider wenig bringen, weil 126b BGB eben Formularmasken als Textform (CCSDS protocole der Herkunftssignatur des Datenträgers Datein) bei Mustern der von Paragraph 48 gewünschten Unterlagen mitbringt – Und da kommt die Direktion Familienkasse des Ausländerzentralregisters und Geldwäsche und Finanztransaktionen der Generalzolldirektion ins Spiel, die wird zwar erstere Versuche unterstützen – wers meint – stoßen aber am Ausländerzentralregister an die Grenzen, weil die Direktion Familienkasse, Abteilung Bundesagentur für Arbeit, dann darauf verweißt, dass die Mitwirkungspflicht auch europaweit gelten tut, und die Familienkasse nunmal jede Verschleppung der Aufenthaltsgenehmigungen dauerhaft – quasi – ermitteln darf.
Was übrigens für uns alle zählt, die mit „Flüchtlingen“ Kontakt haben könnten. Naja, solange es um Familienleistungen der Bundesagentur für Arbeit geht. …. Ich glaub das beginnt schon bei potenzieller Arbeitslosigkeit. (Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa, Paragraph 6)