Liebe Leser:innen.

Ich erinnere mich noch an eine Zeit, als man auf Twitter, wie die Plattform damals hieß, tatsächlich politische Diskussionen führen konnte. Auch mit Fremden. Manchmal sind diese Diskussionen sogar vom kleinen Kreis der Plattform in die größere Öffentlichkeit geschwappt und traten dort noch größere Debatten los. So etwa geschehen beim Hashtag #aufschrei, mit dem die Aktivistin Anne Wizorek auf Alltagssexismus aufmerksam machen wollte – lange bevor #metoo um die Welt ging.

Auch damals schon ging es auf Twitter ab. Für Menschen of Color, Queers und Frauen mit politischen Ansichten war die Plattform kein sicherer Hafen. Wer sich dort halten wollte, brauchte einen trainierten Blockfinger und ein unterstützendes Umfeld. Aber es ging.

Aus heutiger Sicht wirkt das sehr lange her. Twitter gibt es nicht mehr und der Nachfolger X wurde von Elon Musk umgebaut zu einem Ort, an dem es vor allem Rechtsextremisten und Wissenschaftsleugner:innen gemütlich haben. Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Medienmenschen haben die Plattform inzwischen weitgehend verlassen.

Während Musk den Arm zum Hitlergruß hebt und als Chef-Milliardär an der Seite von Donald Trump den Weg der USA in den Faschismus ebnet, freue ich mich daher ganz besonders über diesen Beitrag meines Kollegen Sebastian. Er hat sich angesehen, wo im Netz man heute noch mit Fremden über Politik diskutieren kann – ohne dabei bedroht oder beschimpft zu werden. Es sind Orte, an denen sich Menschen weiter darum bemühen, eine gute Diskussionskultur zu pflegen. Vielleicht ist etwas für euch dabei oder ihr wisst von weiteren solchen Orten, schreibt es in die Ergänzungen.

Auf bald

Chris

Texttafel mit Text: Schon wieder Databroker Files! Wir lassen nicht locker und enthüllen weitere Akteure. Nur möglich dank deiner Unterstützung. Spende jetzt.

Unsere Artikel des Tages

Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

The Guardian
Rund 7.000 Menschen wurden in Myanmar aus sogenannten „Scam-Zentren“ befreit. Dort wurden sie etwa zu Online-Betrugsmaschen gezwungen. Einem UN-Bericht zufolge sollen in Südostasien mehrere hunderttausend Menschen in sklavenähnlichen Zuständen gefangen sein.
Euractiv
Das Verlagshaus Mediahuis Ireland verklagt die Plattform X. Demnach soll die Musksche Fake-News-Schleuder irreführende Werbeanzeigen akzeptiert und ausgeliefert haben, die als seriöse Zeitungsartikel getarnt waren.
Heise Online
Cyberkriminelle stehlen Bonuspunkte von Rewe-Kund:innen. Möglich machen dies offenbar schwache Passwörter und Phishing. Rewe bestreitet ein Datenleck.
RAV
Mehrere Menschenrechtsorganisationen und juristische Berufsvertretungen beklagen, dass im Bundestagswahlkampf rechtsstaatliche Mechanismen in Frage gestellt werden. Sie warnen vor Entwicklungen wie in Italien, Polen und Ungarn.
The Atlantic
In den USA protestierten Tausende Menschen gegen die Machtübernahme durch Elon Musks "DOGE"-Abteilung und die rechtsradikale Trump-Regierung. Auf den Schildern steht zum Beispiel: "Verteidigt unsere Demokratie".
Caschys Blog
WhatsApp vermeldet allein für die Funktion "Kanäle" mehr als 45 Millionen monatliche EU-Nutzer*innen. Damit überschreitet der Meta-Dienst die Schwelle zur "sehr großen Plattform", die strengere Regeln nach dem Gesetz über digitale Dienste (DSA) erfüllen muss.
Euractiv
Die weltgrößten Pornoseiten vermelden immer kleinere Abrufzahlen: Statt einst 150 Millionen monatlichen EU-Nutzer*innen will beispielsweise XVideos heute nur noch 31 Millionen haben. Die Schwelle für strengere EU-Auflagen nach dem DSA sind 45 Millionen.
Europäischer Bürgerbeauftragte
Durch das Gesetz über digitale Dienste (DSA) musste Twitter-Nachfolger X – wie andere große Online-Plattformen – einen Risikobewertungsbericht vorlegen. Die EU-Kommission hält ihn jedoch unter Verschluss. Die Bürgerbeauftragte Emiliy O'Reilly kritisiert das.
Der Spiegel
Meist halten sich Influencer*innen mit politischen Statements oder Abgrenzungen gegen Rechtsaußen zurück. Anders "Rewi" (Sebastian Meyer) im Spiegel-Interview: "Gerade ist die falsche Zeit, um den Mund zu halten", sagt er.
beck-aktuell
Wie viel Initiative muss Facebook beim Aufspüren und Löschen bestimmter Inhalte zeigen? Ein Verfahren der Grünen-Politikerin Renate Künast vorm BGH wurde nun ausgesetzt, um eine Entscheidung des EuGH in einem anderen Verfahren abzuwarten.
EU-Parlament
Nach einem EuGH-Urteil blieb das Fluggastdaten-Abkommen zwischen Kanada und der EU jahrelang ausgesetzt. Mit breiter Mehrheit hat nun der Innenausschuss des EU-Parlaments eine Neuregelung abgesegnet. Die Abgeordneten beteuern, ausreichenden Schutz sensibler Daten zu gewährleisten.
Pharma Deutschland
Der Einrichtung der elektronischen Patientenakte für alle haben bislang etwa fünf Prozent der gesetzlich Versicherten widersprochen. Einer Umfrage zufolge kennen nur 76 Prozent der Versicherten in Deutschland die ePA.
Politico
In einem Eilverfahren hatte jüngst das Landgericht Berlin das soziale Netzwerk X angewiesen, Forscher:innen Zugriff auf seine Daten zu geben. Dagegen will X nun in Berufung gehen.
heise online
Ohne sogenannte Künstliche Intelligenz könnten Geheimdienste die Big-Data-Berge nicht in den Griff bekommen, sagte der estnische Geheimdienstchef auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Zugleich könne ein zu großes Vertrauen in Technik zu blinden Flecken führen, warnte ein israelischer Ex-Geheimdienstler.
Der Standard
Ein Volksbegehren in Österreich fordert eine strategische Bitcoin-Reserve des Landes in Höhe von 2,3 Milliarden Euro. Die Initiatoren wollen finanzielle Unabhängigkeit und bessere rechtliche Rahmenbedingungen. Viele Bürger:innen sind skeptisch.
BBC
Auf YouTube gibt es geschätzt mehr als 14 Milliarden Videos – und mehr als vier Prozent davon haben null Aufrufe. Die britische BBC fasst das Ergebnis einer Untersuchung der Uni Massachusetts Amherst zusammen.
BEUC
In einem Positionspapier machen EU-Verbraucherschützer:innen Vorschläge, wie sich das Internet sicher für Kinder gestalten lässt. Dazu zählen unter anderem sichere Grundeinstellungen sowie ein Verbot von Online-Tracking und manipulativem Design.
ifo Institut
Migration nach Deutschland führt laut dem ifo Institut nicht zu einer höheren Kriminalitätsrate an den Zuzugsorten. Dies zeigen Auswertungen der Polizeilichen Kriminalstatistik in Landkreisen für die Jahre 2018 bis 2023.
Zeit Online
Twitter-Nachfolger X hat der EU-Kommission Dokumente zu Änderungen am Algorithmus vorgelegt. Damit können die eingeleiteten Untersuchungen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste weitergehen.
Der Spiegel
Erneut haben in Deutschland so viele Menschen wie nie zuvor bargeldlos mit einer Girokarte bezahlt, rund 90 Prozent davon kontaktlos.
beck-aktuell
Renate Künast klagt gegen Facebook, um eine Pflicht zur Löschung nicht nur eines beanstandeten Inhalts zu erreichen, sondern auch von sinngleichen Äußerungen. Ein Gericht hat bereits entschieden, dass Facebook auch ähnliche, rechtswidrige Posts löschen muss. Nun verhandelt der Bundesgerichtshof.
BBC
Audiologen warnen, dass die häufige Nutzung von Noise-Cancelling-Kopfhörern bei jungen Menschen zu Hörverarbeitungsstörungen führen könnte. Betroffene haben offenbar Schwierigkeiten, Geräusche zuzuordnen, und leiden unter Angst in lauten Umgebungen.

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