KW 35Die Woche, in der wir fassungslos auf Überwachungsfantasien geschaut haben

Die 35. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 20 neue Texte mit insgesamt 163.254 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

diese Woche ist so eine, die Beißspuren in der Tischplatte hinterlässt. Mein Kollege Martin und ich haben uns die Wahlprogramme der Parteien in Sachsen und Thüringen daraufhin angeschaut, welche Ideen sie haben, um die Demokratie gegen autoritäre Fantasien von Rechtsaußen abzusichern.

Währenddessen fällt Politiker:innen nichts anderes ein, als in Reaktion auf die Messerattacke in Solingen lauter Forderungen rauszuhauen, die den Weg in eine Law-and-Order-Gesellschaft weisen. Manche Ideen waren so bizarr – Stichwort Netflix-Gutschein gegen Messer-Abgabe –, dass man fast darüber lachen konnte. Und dann kam am Donnerstagnachmittag das Maßnahmenpaket der Bundesregierung.

Mehr Gesichtserkennung, Big-Data-Analysen, anlasslose Kontrollen und abschieben, abschieben, abschieben. SPD, FDP und Grüne vereint wie selten beim grobkörnigen Schleifen von Bürgerrechten. Das ist eine Bundesregierung, die sich autoritären Tendenzen nicht entgegenstellt, sondern sie umarmt.

Mich macht das wütend und fassungslos.

Ein kleiner Lichtblick: In zwei Wochen wollen wir auf unserer Konferenz mit ganz vielen tollen Menschen darüber diskutieren und Ideen dazu tauschen, wie eine solidarische und gemeinwohlorientierte Gesellschaft aussehen kann und was wir dafür tun müssen. Solche Zusammenkünfte können Kraft geben, wenn man sich fragt, ob man eigentlich ganz allein ist mit dem Wunsch nach einer freien und offenen Welt.

Wenn ihr das auch gebrauchen könnt, kommt doch am 13. September in Berlin vorbei. Hier könnt ihr euch anmelden. Ich würde mich freuen, euch zu sehen!

Ein schönes Wochenende wünscht euch

anna

PS: Wenn ihr zur Konferenz kommt und schon am Vorabend, dem 12. September, in Berlin seid, könnt ihr für noch mehr netzpolitischen Input zu einer Diskussionsveranstaltung von AlgorithmWatch ins Prachtwerk kommen. Online zuschauen ist auch möglich. Es geht KI und Demokratie, ich werde die Runde moderieren.


BKA-GesetzAnwaltverein sieht „Verfassungsbeschwerde garantiert“

Die Bundesregierung will KI-Systeme und biometrische Internetsuche für die Polizei. Für den Deutschen Anwaltverein geht das weit über das hinaus, was in der „analogen Welt“ zulässig wäre. Die Juristen erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht dem BKA-Gesetz die rote Karte zeigt.

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