KW 31Die Woche, als die KI-Verordnung in Kraft trat

Die 31. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 14 neue Texte mit insgesamt 87.200 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser*innen,

ich musste tatsächlich erst eine Weile für netzpolitik.org schreiben, um zu begreifen, dass es bei Gesetzen einen wichtigen Unterschied gibt zwischen „in Kraft treten“ und „anwendbar sein“. Die KI-Verordnung der EU („AI Act“) zum Beispiel ist seit dieser Woche zwar in Kraft, viele Regeln finden aber noch keine Anwendung. In einfachen Worten ausgedrückt: Es ändert sich erstmal nix! (Lol.) Der Grund dafür sind die Übergangszeiten, die sich teils bis August 2027 ziehen.

Für den industriefreundlichen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist die KI-Verordnung nicht industriefreundlich genug. Wer hätte das gedacht. Für mich wiederum – und aus der Perspektive von Grundrechten – geht die KI-Verordnung ganz klar nicht weit genug, wie ihr in meinem Kommentar nachlesen könnt.

Ohne den aktuellen KI-Hype um Bild-Generatoren und große Sprachmodelle wäre das Interesse an der Verordnung vermutlich deutlich geringer. Die Arbeit daran begann aber schon lange vor dem Hype und die Auswirkungen werden wir noch spüren, wenn dieser Hype schon längst wieder vorbei ist.

Der Hype kühlt ab

Zumindest nach meinem Empfinden ist der Hype seit Monaten abgekühlt. Die von mir abonnierten KI-Podcasts und Newsletter verfolge ich kaum noch. Viele KI-generierte Bilder, die mich noch vor einer Weile in ihren Bann gezogen haben, erscheinen mir inzwischen geschmacklos und beliebig. ChatGPT, vor dessen Einsatz ich einst leidenschaftlich gewarnt hatte, gehört inzwischen als gelegentliche Brainstorming-Maschine zu meinem redaktionellen Alltag. (Gerade eben habe ich das Sprachmodell nach anderen Adjektiven als „geschmacklos“ und „beliebig“ befragt, aber die Alternativen haben mich nicht überzeugt).

Mit Abstand betrachtet sehe ich in der KI-Verordnung eine weitere Säule in einer groß angelegten Regulierungs-Architektur der EU, die in bemerkenswerter Beharrlichkeit vorangetrieben wird. Weitere Säulen sind etwa die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) von 2016 oder das Digitale-Dienste- und Digitale-Märkte-Gesetz von 2022. Überall lauern Gefahren und Probleme. Dennoch finde ich es faszinierend zu beobachten, wie dieses Konstrukt wächst und die Säulen unsere digitale Gesellschaft tragen sollen.

Als nächstes bin ich gespannt auf die KI-Haftungs-Richtlinie. Sie könnte einige der von der KI-Verordnung offen gelassenen Lücken im Verbraucherschutz stopfen. Ohne eine Lobby-Schlacht dürfte das kaum über die Bühne gehen, und bei der journalistischen Begleitung sehe ich das eine oder andere Haare-Raufen schon voraus…

Macht’s gut und bis bald!
Sebastian

PS: Ich hatte schon drei sehr coole Gespräche mit Betroffenen, die ihre Werbe-ID in unserem Databroker-Checker gefunden haben. Und ich würde sehr gerne mit noch mehr Menschen sprechen. Potenziell betroffen sind alle, die Handy-Apps mit Standortfreigabe nutzen. Habt ihr schon gecheckt, ob eure ID im Datensatz ist? Das wäre ganz toll!

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