Klage gegen DatenschutzbehördeStreit um Pur-Abo des SPIEGEL eskaliert

Die Datenschutzorganisation noyb erhebt schwere Vorwürfe gegen den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. Bei der Prüfung des Pur-Abo-Modells des SPIEGEL sei die Behörde voreingenommen vorgegangen und habe dem Hamburger Medienhaus preisgünstige Rechtsberatung gegeben. Nun landet die Sache vor Gericht.

Das Gewässer an der Erisspitze in Hamburg bei Abendlicht, Im Hintergrund hell erleuchtete, gläserne Hochhäuser. Auf einem prangt der neonrote Schriftzug "DER SPIEGEL"
Streit um den Datenschutz beim Hamburger Medienhaus SPIEGEL – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jörg Angeli

Der Streit um Datenschutz bei deutschen Online-Medien verschärft sich. Gemeinsam mit der Datenschutzorganisation noyb zieht ein Betroffener vor das Verwaltungsgericht. Im Visier steht der Hamburgische Datenschutzbeauftragte. Bei einem Prüfverfahren soll dieser dem Hamburger Medienhaus SPIEGEL kostengünstige Rechtsberatung gegeben haben, statt unabhängig einer Beschwerde nachzugehen.

Das Verfahren lief bei der Datenschutzbehörde seit Sommer 2021. Der Bürger hatte damals gemeinsam mit noyb Beschwerde gegen das Pur-Abo auf der Website des SPIEGEL eingelegt. Bei der „Pay or okay“ genannten Einwilligungslösung werden Nutzer:innen vor die Wahl gestellt, ob sie die Seite kostenlos, aber mit Tracking zu Werbezwecken besuchen wollen, oder ob sie Geld für einen Tracking-freien Zugang bezahlen möchten. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte hatte diesem Modell bei SPIEGEL grundsätzlich grünes Licht gegeben.

Jetzt verklagt die Person die Datenschutzbehörde, weil diese in dem Verfahren zu eng mit SPIEGEL kooperiert und diesen beraten haben soll, statt unvoreingenommen über die Beschwerde zu entscheiden. In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung von noyb heißt es, der Datenschutzbeauftragte habe teilweise die Kommunikation mit dem betroffenen Bürger verweigert und relevante Aspekte der Beschwerde nicht untersucht. Unterdessen habe sich die Behörde mehrfach mit dem SPIEGEL getroffen, so noyb weiter.

Die Hamburger Datenschutzbehörde möchte sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu dem Vorgang äußern, da ihr die Klage noch nicht vorliege. Das teilte ein Sprecher auf Anfrage von netzpolitik.org mit. Der SPIEGEL will etwaigen Antworten der Behörde „nicht vorgreifen“ und verzichtete ebenfalls auf eine Stellungnahme.

Gut vier Euro für den SPIEGEL ohne Tracking

Der Streit um das „Pay or okay“-Modell schwelt inzwischen seit fünf Jahren. 2019 hatte der österreichische STANDARD als erstes größeres deutschsprachiges Medienhaus die tracking-freie Bezahlvariante eingeführt. Inzwischen gibt es kaum noch ein größeres Medium, das nicht auf Pur-Abos setzt.

Die Datenschutzbehörden hatten zuvor entschieden, dass Tracking zu Werbezwecken nur mit der informierten und freiwilligen Einwilligung der Betroffenen mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) konform geht. Doch wenn Nutzer:innen tatsächlich eine Wahlmöglichkeit haben, entscheiden sie sich in der Praxis überwiegend gegen das Tracking. Die Medien hätten also auf Einnahmen aus zielgerichteter Werbung – Kritiker:innen sprechen von Überwachungswerbung – verzichten müssen. Das Pur-Abo ist für die Verlage eine bequeme Lösung dieses Problems.

In der Kritik steht das Modell jedoch, weil umstritten ist, ob es wirklich eine adäquate Alternative darstellt. Häufig kosten die Pur-Abos vier oder fünf Euro im Monat. Wer also mehrere Nachrichtenseiten ohne Tracking konsumieren möchte, käme schnell auf mehr als 30 Euro oder mehr im Monat. Demgegenüber stehen Werbeeinnahmen, die pro Kopf deutlich geringer ausfallen. Medienunternehmen machen aus der Zahl ein großes Geheimnis, doch nach Schätzungen des Wirtschaftswissenschaftlers Timo Müller-Tribbensee, der zu Pur-Abos forscht, betragen die Einnahmen aus zielgerichteter Werbung nur etwa 10 Cent pro Monat und Person.

Der Preis für das Pur Abo beträgt also 4000 Prozent mehr als die mutmaßlichen Verluste aus Werbeeinnahmen. Auch beim SPIEGEL: Das Medium hatte das Pur-Abo im Februar 2020 eingeführt. Damals betrug der Preis 4,99 Euro im Monat. Inzwischen bietet das Medienhaus das Pur-Abo im Wochenmodus an, pro Woche kostet es 99 Cent, also etwa vier Euro im Monat. Menschen, die bereits Abonnent:innen des SPIEGEL oder von SPIEGEL+ sind, zahlen einen Aufpreis von 49 Cent pro Woche, um das Medium „ohne Werbetracking und weitestgehend ohne Werbung“ zu konsumieren.

„Von einer freiwilligen Einwilligung kann keine Rede sein“

Dagegen hatte noyb im Sommer 2021 gemeinsam mit einem betroffenen Bürger Beschwerde bei mehreren Datenschutzbehörden eingelegt. Konkret ging es bei den Beschwerden um spiegel.de, zeit.de, derstandard.at, krone.at, t-online.de und heise.de.

In ihrem jüngsten Jahresbericht verweist die Hamburger Datenschutzbehörde auf eine Stellungnahme der Datenschutzkonferenz [PDF] zum Thema Pay or Okay. Dieses Positionspapier veröffentlichten die deutschen Datenschutzbehörden im Frühjahr 2023, also gut vier Jahre nach dem Start des ersten Pur-Abos beim STANDARD. Zur Überraschung vieler gaben sie grundsätzlich grünes Licht.

Dass die Hamburger Behörde das Pur-Abo des SPIEGEL durchgewinkt hat, stößt bei noyb trotzdem auf Kritik. Der Einsatz von „Pay or Okay“ ziehe eine Einwilligungsrate von 99,9 Prozent nach sich, sagt der noyb-Vorsitzende Max Schrems unter Verweis auf eine internationale Studie. „Eine so hohe Fake-Zustimmung hat nicht mal die DDR zusammengebracht“, kritisiert Schrems. „Von einer freiwilligen Einwilligung kann hier keine Rede sein. Es scheint nur, als wolle die Hamburger Behörde von solchen Zahlen nichts wissen.“

Schwere Vorwürfe gegen Behörde

Gegenstand der Klage gegen die Hamburger Behörde ist allerdings nicht die Entscheidung an sich, sondern das Prüfverfahren, das zu ihr geführt hat. Die Nichtregierungsorganisation und der Betroffene haben Akteneinsicht vorgenommen und erheben nun schwere Vorwürfe gegen die Behörde.

„Anstatt unvoreingenommen zu ermitteln und zu entscheiden, traf sie sich mehrmals mit Vertretern des Unternehmens, lud sie zu sich ein und gab Rückmeldungen zu den vorgeschlagenen Änderungsplänen“, heißt in der Pressemitteilung von noyb. Für den Verwaltungsaufwand habe die Aufsichtsbehörde dem SPIEGEL gut 6.100 Euro in Rechnung gestellt. Diese „Rechtsberatung“ sei für das Medienhaus deutlich günstiger gewesen als etwaige Gebühren bei einer Anwaltskanzlei, kritisiert noyb.

Über den konkreten Fall hinaus formuliert die NGO grundsätzliche Bedenken, wenn die Aufsichtsbehörde „Anwalt und Richter zugleich“ sei. „Laut DSGVO sollen Datenschutzbehörden Unternehmen zwar ‚sensibilisieren‘, aber keinesfalls beraten“, so noyb. Ihre Aufgabe sei es vielmehr, Beschwerden zu untersuchen und „auf Grundlage ihrer Ermittlungen eine unparteiische Entscheidung zu treffen“.

Im Fall des SPIEGEL werde die Hamburger Aufsichtsbehörde nach der Beratung kaum noch Entscheidungen treffen, die ihren Empfehlungen widersprechen. Für das Hamburger Medienhaus sei das eine Win-Win-Situation. Der Beschwerdeführer hingegen sei von der Behörde nicht angehört worden. Mehr noch: „Der Großteil seiner Nachrichten an die Behörde wurde nicht einmal beantwortet“, so noyb.

Auch Meta setzt auf Pay or Okay

Die Person hat nun beim Verwaltungsgericht Hamburg beantragt, die Entscheidung der Datenschutzbehörde aufzuheben. Sollte diese Klage erfolgreich sein, müsste die Behörde erneut über die Beschwerde aus dem Jahr 2021 entscheiden.

Auch an anderer Stelle wird der Streit um das Pay-or-Okay-Modell weitergehen: Nach etlichen Versuchen, die DSGVO zu unterlaufen, hatte Ende vergangenen Jahres der US-Konzern Meta das Modell der deutschsprachigen Verlage aufgegriffen. Seitdem bietet er für seine Sozialen Netzwerke Facebook und Instagram eine Art Pur-Abo an. Umgehend entzündete sich Kritik an den Preisvorstellungen des Unternehmens. Auch hiergegen hatte noyb Beschwerde eingelegt.

In einer Stellungnahme äußerte sich der Europäische Datenschutzausschuss im April 2024 kritisch zum Einsatz von Pay-or-Okay-Modellen bei großen Plattformen. „Online-Plattformen sollten den Nutzern bei der Verwendung von ‚Zustimmungs- oder Bezahlungsmodellen‘ eine echte Wahl geben“, so die Vorsitzende Anu Talus. Unklar ist derzeit noch, welche Folge die Entscheidung der europäischen Datenschützer:innen für kleinere Unternehmen und Medienwebsites hat. Nach Informationen des kostenpflichtigen Newsletters Tagesspiegel Background [Paywall] arbeitet der Europäische Datenschutzausschuss derzeit an einer grundsätzlichen Stellungnahme zu Pur-Abos, die diese Frage beantworten soll.


Update am 2.8.2024, 11:30 Uhr: Ergänzung eines neuen letzten Absatzes mit Info zu geplanter Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses.

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32 Ergänzungen

    1. Ihr seid ja alle echte Schlaffis! Immer habt ihr von irgendwelchen Internet-Sachen Angst, anstatt sich zu einem modernen Leben zu bekennen! Was soll das? Echte Männer haben nichts zu verbergen, ich bin total stolz darauf, das ich von allen Webseiten getreckt werde! Damit zeige ich auch meine Meinung und das ist Demokratie!!!

      Genau wie diese Windows Angst überall, echt peinlich! Wir laden bei uns in der Firma alles bei Azur in die Cloud hoch, und wir fahren voll gut damit! Ist doch voll cool und Microsoft sagt ja auch, dass es total sicher ist!

      Facebook ist sowieso viel besser als Medium, nicht so Mainstream wie diese Seite hier und ich finde das voll gut wenn deutsche Medien wie Spiegel auch immer Facebook mitmachen und alles verlinken! Das ist die Wahrheit, denn das moderne Internet funktioniert halt so und unsere Wirtschaft findet das auch!

  1. Zum Vorgehen der Behörde (jenseits der inhaltlichen Position): Die Alternative wäre, dass die Behörde die Unternehmen im Dunkeln über ihre Rechtsansichten lässt. Die Unternehmen kaufen sich dann teure Rechtsberatung ein. Wenn aber was nicht passt, geht die Behörde wieder dagegen vor im förmlichen Verfahren. Am Ende kostet das alles mehr Zeit und Ressourcen als wenn man sich mit einem großen Player wie Spiegel trifft und ein gemeinsames Konzept erarbeitet mit dem dann Ruhe ist. Denn die Ressourcen der Datenschutzbehörde sind begrenzt und die müssen auch überlegen, wie sie die einsetzen.

    1. Ja, die Datenschutzaufsicht soll natürlich auch beraten und so zum Rechtsfrieden beitragen, aber wenn dabei „Beratungsrechnungen“ herauskommen und wesentliche Teile der Beschwerde ebenso ignoriert werden, wie die Beratungspflicht gegen die andere Streitpartei, dann riecht das auch beim besten Willen nur noch nach Parteilichkeit und dann handeln sie sich halt (zu recht) nicht nur ein einfaches Verwaltungsverfahren im eigenen Hause ein, sondern ein komplettes Gerichtsverfahren. Von Ruhe keine Spur.

      Datenschutzbehörden (auch die Hamburger) können durchaus gut abgewogene Empfehlungen und Vorabüberlegungen in beide Richtungen geben. Das war hier aber scheinbar nicht der Fall. Es riecht leicht irisch.

      Schließlich: unter gar keinen Umständen sind Aufsichtsbehörden dafür da, Medienkonzernen die Anwaltskosten zu minimieren. Es ist natürlich deren eigene Verantwortung Rechte und Gesetze zu kennen, insbesondere wenn mit Schlupflöchern Geld gemacht werden soll. Ansonsten wäre es auch normal, dass Finanzbehörden Firmen beraten, wie sie Steuerschlupflöcher ohne Beanstandung ausnutzen können.

    2. Das sehe ich anders. Die Behörde ist nicht dazu da, die Profitgier der Unternehmen zu befriedigen und diesen Umgehungsmaßnahmen zur DSGVO vorzuschlagen. Das pervertiert die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten. Ich kann nur für mich sprechen: Wer Versucht mich mit Abos oder Tracking zu erpressen landet auf der blacklist, so auch heise.de, golem.de etc. Die journalistische Qualität ist wie beim ehemaligen Nachrichtenmagazin unterirdisch. Der Abopreis ist dafür um Faktor 100-1.000 überteuert und Tracking ist ein no go. Die Unternehmen versuchen ihre mangelhaften jounalistischen (?) Ergüsse, die inzwischen keiner mehr abonnieren möchte, zwangsweise an den Kunden zu bringen. Sie sollten besser über Ihre Qualität und Objektivität nachdenken anstatt Copy-Paste und Propaganda zu machen.

    3. Ja, und wenn dann noch die Person die den Anspruch auf die dsgvo geltend macht / die.Beschwerde eingereicht hat, vollständig gehört wird, sind alle zufrieden. War/ist aber nicht der Fall. Daher die Klage.

    4. Datenschutzbehörden sollen dafür sorgen, dass die Gesetze eingehalten werden, nicht Rächer der Enterbten und Frustrierten spielen. Wenn Beratung schneller und effektiver ist, ist doch super!

    5. Gerne darf die Behörde auch beraten – aber doch bitte nicht nachdem schon die Beschwerde eingetrudelt ist. Genauso wie der Richter nicht dafür verantwortlich ist, den Angeklagten zu beraten was er zu sagen hat, damit die Strafe möglichst gering ausfällt.

      Wenn die Behörde unabhängig von Beschwerden kontaktiert wird, soll sie gerne so viel beraten wie sie will – aber wenn es dann zu einem Streitfall kommt muss sie als neutrale Partei agieren – dann bekommen entweder beide Seiten so weitreichende Gesprächsbereitschaft und die Datenschutzbehörde nimmt damit mehr oder minder eher eine Mediatoren-Rolle ein oder sie kommuniziert außerhalb von Stellungnamen nicht weiter mit den Konfliktparteien trifft anhand dessen eine Entscheidung in Bezug auf die Beschwerde.

  2. Ich vermisse hier den Mehrwert zur PM von noyb. Wenn ihr die einfach nur 1:1 wiedergebt, ist das zwar kosteneffizient, aber keine echte Leistung.

    1. Hallo „Anonymous“. Das hier verwendete journalistische Format nennt sich „Meldung“. Es geht um einen schnellen Überblick über relevante Infos, gegebenenfalls mit weiteren Kontextinfos (wie in diesem Fall die Infos zur Historie des Pur-Abos und der datenschutzrechtlichen Auseinandersetzung). Ich hätte mir gewünscht, dass auch die Datenschutzbehörde und der Spiegel sich äußern, aber beide haben sich dagegen entschieden ¯\_(ツ)_/¯

      1. Ad anonymous: Naja doch, ist schon auch eine Leistung, dass ich hier darüber lesen kann, und nicht die Aussendungen jeder NGO und jedes Vereins manuell jede Woche auf neue durchsuchen muss. Insofern danke an Netzpolitik.org

  3. fühl ich, bin ich komplett dabei, aber diese ewigen Vergleiche mit der DDR, sobald einem etwas nicht passt, finde ich unmöglich und Geschichtsvergessen.

    1. noyb hätte auch Vergleiche zu Wahlen in China oder Nordkorea ziehen können, aber dann hätte wahrscheinlich auch wieder jemand gemeckert, warum man (geographisch) so weit weg geht, wenn man auch die DDR hätte nehmen können. ¯\_(ツ)_/¯
      Es geht schlicht und ergreifen darum, dass man bei >99,9 % Zustimmung nicht von einer echten Wahl reden kann. Und die meisten Leute haben im Geschichtsunterricht gut genug aufgepasst, dass sie den DDR-Vergleich auch so verstehen.

    2. Geschichtsvergessen wäre es, zu leugnen dass die DDR ein Unrechts-Staat war.
      Dieser Unrechtsstaat konnte nur deshalb so lange überleben, weil es zu viele waren, die es sich darin bequem gemacht haben. Diesen und anderen Romantikern stößt es verständlicherweise auf, wenn Vergleiche kognitive Dissonanzen verursachen.

  4. Nicht unterschlagen sollte man das Vorgehen, das insbesondere bei Zeit Online (aber auch zahlreichen anderen Medien) aufstösst:

    Artikel wird auf sozialen Medien beworben vom Autor oder der Zeitung selbst. Klick auf den Link bringt die Weiche „Zahlen oder mit Werbung lesen“. Klick auf „mit Werbung lesen“ erteilt Einwilligung zum Tracking. Tut man dieses landet man bei Zeit Online in 95% der Fälle auf einer Bezahlschranke, da „Zeit+“ Artikel. Das ist vorher nicht erkennbar und der Hinweis auf Paywall wird auf den sozialen Medien von der bewerbenen Zeitung oder dem bewerbenden Autor in der Regel auch nicht gegeben.

    Meiner persönlichen Meinung nach grenzt das an Betrug: Es wird die Einwilligung zum Tracking eingeholt mit dem Versprechen im Gegenzug den Artikel lesen zu können. Nachdem die Einwilligung erteilt ist wird die Gegenleistung aber verweigert und es kommt die Bezahlschranke.

    1. Es ist löblich, dass du es tatsächlich gewagt hast, Tracker zu akzeptieren, der Recherche wegen. Aber auch gleichzeitig eine Schande. Ich könnte mir nicht mehr in den Spiegel gucken, ganz gleich ob ich damit einen Missstand aufgedeckt habe oder nicht.

      Weil solange Menschen freiwillig ihre Seele verkaufen, sich kommerziell vergewaltigen lassen, oder einfach nur die Datenschutzrichtlinien prüfen wollen, solange wird das Modell ‚Pay or Okay‘ Erfolg haben.

      Es müssen weitaus härtere Strafen her, ohne juristisches Aufschieben. Alleine der Verdacht auf Pay or Okay oder alleine der Verdacht, dass Daten z.B. an Cambridge Analytica weiterverwendet werden, muss reichen um das einer Datenschutzbehörde zu melden und sofort Strafzahlungen oder im schlimmsten Fall Zerschlagung des Konzerns einzuleiten.

    2. Ich weiß schon, warum ich bei Presseartikeln immer erstmal gucke, ob sie bei archive.today und der Wayback Machine (https://web.archive.org) archiviert sind (man muss bei Letzterem bei „Save error pages“ den Haken rausmachen) und es andernfalls „nachhole“.

      Es nervt einfach nur, wenn Artikel depubliziert werden (man denke nur an die Arschloch-Regelung für die öffentlich-rechtlichen Medien) oder nachträglich zu „Plus“-Artikeln gemacht werden.

  5. Der Bürger ist auch ein wenig für sich selber verantwortlich und sein handeln. Man muss nicht jeden Müll mitmachen und akzeptieren.
    Die Zeitungen und Magazine…….sind unter enormen wirtschaftlichen Druck. Teilweise werden sie sogar fragwürdig von Stiftungen, Staat mitfinanziert…..damit sie am Markt bestehen bleiben.

    Eine Täuschung darf es aber nicht geben….wenn ich mit meinen Daten einwillige und mir suggeriert wird den Artikel gratis lesen zu dürfen….dann muss das Angebot stehen.

    Die Verlage und Medien müssen alle ihr Geschäftsmodell verändern…….Print stirbt und eine gratis Mentalität herrscht nun mal im Netz.

  6. Schade, dass hier so einseitig berichtet & kommentiert wird. Auch in den Kommentaren sind die meisten gegen Medienhäuser und deren Versuch endlich wieder einigermaßen die Chance zu bekommen, nachhaltigen Journalismus zu machen.

    Ich glaube was hier oft verkannt wird: Die DSGVO war gerade am Anfang und ist bis heute aufgrund der großen Rechtsunsicherheit in der Kritik. Es gibt keine klaren Vorgaben. Der Ethos der DSGVO war gegen große Konzerne, was auch immer „groß“ bedeutet. Beispiele wären die Silicon Valley Konzerne wie Meta Gewesen. Es ging darum die große Sammelwut dieser einzuschränken.

    Somit kann sich jeder selbst fragen, inwiefern nun ein Medienanbieter hier als Ziel her halten müsse, die ja sowieso aufgrund der Digitalisierung deutlich Umsätze einbüßen musste.

    Aus persönlicher Erfahrung im Webdesign weiß ich wie komplex die Umsetzung der DSGVO doch ist, oder eben, wie unsicher jeden klar ist, was zu tun ist. Beruhigend ist jeweils nur, dass davon auszugehen ist, dass Behörden eben nicht sofort Klage erheben, sondern erstmal helfen, Gesetze, so wie sie auszulegen sind, umzusetzen.

    Somit: Ich bin eher dankbar, wenn Rechtsstaat erstmal Versuch zu Helfen, auszulegen, wie bestimmte Gesetze gemeint waren. Das ist leider an vielen Stellen nicht immer der Fall, somit: Danke!

    1. Und genau diesen Standpunkt kann ich heute nicht mehr Ernst nehmen, Herr Gruber. Erst recht nicht von einem Webentwickler. Sicher haben sie recht, wenn die liebe Elternvertreterin seit fünf Jahren keine Ahnung von dem Ganzen hat und ihre Pflichten bei der Weitergabe von Informationen der Schule nicht nachkommt. Da braucht es ein Handout, an dem sie sich orientieren kann, wie entsprechende E-Mails zu schreiben sind.
      Aber wie kann es sein, dass man das gleiche Problem auch mit Lehrern hat? Ich finde es unglaublich wie viele Leute das gar nicht ernst nehmen und eher Menschen ausgrenzen, die darauf sensibel reagieren.
      Weiteres Beispiel ist ein Besuch beim Einwohnermeldeamt gewesen. Na ja, es war schon ein heißer Tag, aber sollten die Büros wirklich alle offen sein? Ich konnte zwei Büros weiter einen Bekannten grüßen. dazwischen saß noch eine Familie, Zimmer an Zimmer.
      Ich empfinde das alles als sehr unangenehm und der Trend geht für mich in die falsche Richtung. Was ich beobachte, ist Kumpanei und Grüppchenbildung, dann gehöre ich nicht mehr dazu, wenn ich die Art der Kommunikation in der Form nicht akzeptiere.
      Das geht meiner Erfahrung nach fließend in die hier schon von einem anderen Kommentatoren erwähnte Parteilichkeit von Behörden über. Und weil es leider so wenig Leute interessiert, wird das Ausmaß der Verstöße und was sich Unternehmen überhaupt erlauben immer schlimmer.

    2. > Schade, dass hier so einseitig berichtet & kommentiert wird. Auch in den Kommentaren sind die meisten gegen Medienhäuser und deren Versuch endlich wieder einigermaßen die Chance zu bekommen, nachhaltigen Journalismus zu machen.

      Hier geht es um Netzpolitik und nicht um Wettbewerbe darum, wer der Wirtschaft am tiefsten in den Hintern kriecht. Außerdem ist mir kein Grundgesetzartikel bekannt, in dem steht, dass Geschäftsmodelle für immer und ewig zu funktionieren haben.

      > Aus persönlicher Erfahrung im Webdesign weiß ich wie komplex die Umsetzung der DSGVO doch ist, oder eben, wie unsicher jeden klar ist, was zu tun ist.

      Die IT-Leute, die ich im Real-Life kenne, haben mir von einer Korrelation berichtet: Je mehr ein Unternehmen schon vor der DSGVO auf Datensparsamkeit Wert gelegt hat, desto geringer waren die Umstellungsprobleme.

    3. Es gibt keine Rechtsunsicherheit.

      Wer keine unnötigen Daten erhebt, hat nichts zu befürchten.

      Tracking ist immer opt-in. Jedes Dark Pattern das eine Ablehnung schwieriger macht als eine Einwilligung, ist illegal.

      Inzwischen gibt es sogar die erste Rechtsprechung, dass der „Do not track“ Header als explizite Ablehnung gilt. Diese Nutzer muss man gar nicht mehr mit Cookie Bannern belästigen.

      Werbung kann man auch ohne Tracking ausspielen.

      Die Rechtsunsicherheit hat nur die lasche Umsetzung der DSGVO erzeugt.

      1. > „Es gibt keine Rechtsunsicherheit. Wer keine unnötigen Daten erhebt, hat nichts zu befürchten.“

        Den Teil habe ich bereits aus Bettinas „Korrelation“ herausgelesen.

        > Werbung kann man auch ohne Tracking ausspielen.

        Könnte man. Aber BWL-Schlipse und sonstige Leute mit Powerpoint-Fetisch wollen das vermutlich nur sehr ungern hören.

    4. „Somit: Ich bin eher dankbar, wenn Rechtsstaat erstmal Versuch zu Helfen, auszulegen, wie bestimmte Gesetze gemeint waren. Das ist leider an vielen Stellen nicht immer der Fall, somit: Danke!“

      In einem Rechtsstaat hat man für diese Funktion *Gerichte*.
      Das nennt sich „Gewaltenteilung“ und läuft natürlich gewissen Leute quer.

      Ein Behörde hat die Gesetze auszuführen. Und sind die Gesetze (wie leider immer öfters) handwerklich schlecht gemacht, so hat auch die Behörde, das Recht und die Pflicht, ein Gericht zu fragen.

      Ich finde es bedauerlich, dass diese Grundlagen der Demokratie vergessen werden können.

    5. Dass die Rechtslage den Medienhäusern nicht gefällt, bedeutet nicht, dass sie unklar sei.

      Es existiert keine Rechtsunsicherheit. Erlebst du Daten, weil es technisch erforderlich für die Funktion des Dienstes ist, bist du sauber. Erlebst du Daten aus anderen Gründen, brauchst du eine Zustimmung. Datenerhebung ist für das Ausspielen von Werbung nicht technisch erforderlich.

      Die Chance, nachhaltigen Journalismus zu machen, ist da. Sie besteht in einem „Verlags Netflix“. Ein Abo, ein vernünftiger Preis, alle Publikationen. Wenn die Verlage das selber aufsetzen, und nicht auf einen amerikanischen Mittelsmann warten, der die Hand aufhält, wird sich das tragen. Wenn nicht, geht ihr Weg in die Bedeutungslosigkeit halt weiter.

  7. Wegen der Umsetzung bei heise.de hatte ich mich beim zuständigen Datenschutzbeauftragten beschwert. Dass heise+ Nutzer trotz Bezahlung für diesen Dienst dem Tracking zustimmen müssen oder einen weiteren kostenpflichtigen abonnieren müssen (heise pur), fand ich fragwürdig. Es gab und gibt keine andere Auswahl, außer das Abo von heise+ zu beenden.
    Am Ende wurde das Verfahren eingestellt. Als zahlender Nutzer muss man weiterhin dem Tracking zustimmen!
    Die unsägliche Begründung:
    „Zur Kollision eines solchen Einwilligungsbanners mit einem kostenpflichtigen Plus-Abonnement:
    Bei einzelnen Anbietern von Webseiten kann es dazu kommen, dass ein bereits bestehendes, kostenpflichtiges Abonnement – häufig Plus-Abonnement genannt – mit dem Pur-Abonnement scheinbar in Konflikt gerät. Dies ist etwa der Fall, wenn das Plus-Abonnement ausschließlich den Zugriff auf bestimmte, kostenpflichtige Artikel erlaubt und das Pur-Abonnements demgegenüber den werbefreie Besuch der Webseite ermöglicht. Insofern weisen beide Abonnements jedoch einen unterschiedlichen Gegenstand auf.
    Wie die Abonnements im Einzelnen ausgestaltet sind, ist, wie ich bereits in meiner E-Mail vom 06.02.2023 angedeutet habe, eine Frage des Vertragsrechts und damit dem Zivilrecht zuzuordnen. Aus dem Datenschutzrecht lassen sich nur die oben erwähnten allgemeinen Anforderungen an das Pur-Modell ableiten. In wie weit Sie als Plus-Abonnent die Webseite ohne Einwilligung oder Abschluss eines Pur-Abonnements nutzen dürfen, ist dem Vertrag mit dem Betreiber der Webseite zu entnehmen. Eine Prüfung dieses Umstandes kann durch mich nicht erfolgen.
    Mir liegen allerdings einige Hinweise vor, nach denen einzelne Anbieter in der Vergangenheit kulant waren und Kunden, die ein Plus-Abonnement vor Einführung des Pur-Abo-Modells abgeschlossen haben, die Möglichkeit zur kurzfristigen Kündigung eingeräumt haben. Sollte dies für Sie in Betracht kommt, fragen Sie bitte bei dem Betreiber der Webseite nach.“

  8. Wir erinnern uns: Werbung lässt sich auch ohne Profilbildung und Tracking ausspielen. Diese Option sollte bei Diskussionen um Abo-oder-Tracking immer erwähnt werden.

  9. vielleicht eine bedenkliche Notiz am Rande.
    Ich hatte diese extreme Preisunterschiede und die Benachteiligung finanziell Schwächeren ihre Rechte wahrzunehmen und mehrere Quellen nutzen zu können passend und sachlich erwähnt.
    Es war keine Schmähkritik, aber natürlich konnte ich dank des konspirativen Verhaltens der Verlage, dieses extreme Missverhältnis nicht belegen, wie ihr ja auch Problem habt, nur mein gesunder Menschenverstand sagte mir, das es unverhältnismäßig ist und eine Art Schutzgeld Erpressung/Nötigung.
    Mein Betrag war tagedrauf weg.
    Nicht als „gelöscht“ markiert, nein spurlos weg.
    Diesen Verschwindibus- Effekt konnte schon einmal früher bei Heise beobachten.

    Bedenklich, ich finde das sehr bedenklich, wenn es sich nicht als technischer Fehler herausstellt.
    (Vermutlich hatte die Forums-Software ein Spam-lösch-Funktion, die natürlich Spurlos arbeitet und letztlich gehört das Forum ja dem Anbieter und er kann löschen was er möchte..)
    Kontrolliert eignetlich ein Dritter, was alles als spam gelöscht wurde?

  10. Die Absichten von noyb, DSGVO etc. mögen ja gutgemeint sein, aber die Resultate finde ich dann teilweise eher kontraproduktiv z.B. Cookie-Banner und Pur-Abos. Seit dem (Siemens) Webwasher benutze ich Ad-Blocker. UBlock Origin leistet seit vielen Jahren traumhaft gut und dabei völlig kostenfrei seine Dienste in allen relevanten Browsern. Dabei geht es mir primär nicht einmal um Werbung, denn er blockt auch sehr viele phishy Domains bishin zu Malware. Und auch wenn man noch zig andere Browser-Extensions nutzen kann oder sich daran tot optimieren kann, reicht in 99,99% einfach nur die Grundinstallation. Dafür muss man kein Hacker, Experte oder sonstwas sein. Man muss nur wissen, dass es das gibt. Bei Desktop-Browsern konnte man seit jeher einstellen, dass Cookies und Cache beim Beenden gelöscht werden. Flash ist seit einem Jahrzehnt tot. Vor den schwer entfernbaren Flashcookies braucht man also auch keine Angst haben. Und obwohl ich quasi permanent online bin und generell ziemlich digital unterwegs bin, bekomme ich keine seltsame Werbung. Klar gibt es gegen Cookie-Banner auch Browser-Erweiterung, die vielleicht auch die Pur-Dialoge wegklicken. Gewinner sind aber letztlich nur dubiose Anbieter, die Verlagen diese Cookie- und Pur-Banner einrichten. Ja, dafür gibt es Dienstleister! Deshalb sehen die Dialoge fast überall ziemlich gleich aus. Das eigentliche Problem ist für mich eher die immer noch mangelhafte Bildung bezüglich Internet. Otto Normal hat keinen blassen Schimmer, was ein Cookie ist oder wofür man sie verwendet bzw. benötigt, hält sie aber im Zweifel für genauso gefährlich wie Malware. Und dann werden ohne nachzudenken, Browsererweiterung, Apps und Anwendungen von überall und nirgendwo heruntergeladen, die im Handumdrehen mehr Daten absaugen und Schaden anrichten als jegliche Werbung oder Cookies das jemals vermocht hätten. Mich erinnert das Ganze an realitätsfremde Beschlüsse aus überflüssigen Meetings.

    1. > Die Absichten von noyb, DSGVO etc. mögen ja gutgemeint sein, aber die Resultate finde ich dann teilweise eher kontraproduktiv z.B. Cookie-Banner und Pur-Abos.

      Cookie-Banner und Pur-Abos sind keine „Resultate“, die noyb zu verantworten haben. Die Verantwortung liegt bei jenen, die von Tracking und Daten-Ausbeutung nicht ablassen wollen. Einverständnis-Banner sind ein Workaround um geltendes Recht. Also bitte keine Täter-Opfer-Umkehr in dieser Sache.

  11. Gerade mein FAZ-Abo gekündigt, da ich trotz Abo ständig zu Zustimmung zu Werbung gedrängt wurde. Die gesparten Gebühren wirde ich gerne für diese Klage spenden. Hat jemand Informationen, ob Spenden angenommen werden?

Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen, Fragen, Korrekturen und inhaltlichen Ergänzungen zum Artikel. Bitte keine reinen Meinungsbeiträge! Unsere Regeln zur Veröffentlichung von Ergänzungen findest Du unter netzpolitik.org/kommentare. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.