Bezahlkarten für AsylsuchendeKeine Eilentscheidung beim Hamburgischen Landessozialgericht

Nach einer Eilentscheidung zum Bargeldlimit bei Bezahlkarten für eine Familie am Mittwoch ging der Fall eines alleinstehenden Geflüchteten anders aus: Das Landessozialgericht Hamburg lehnte hier eine Eilentscheidung ab. Ob ein pauschales Bargeld-Limit rechtmäßig ist, hat damit nichts zu tun.

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Bezahlkarte statt Bargeld: Damit kommt man nicht überall weiter. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Unsplash / Marksus Spiske

Erst am Mittwoch hatte das Sozialgericht Hamburg im Fall einer geflüchteten Familie mit einer Eilentscheidung festgestellt: Das pauschale Bargeldlimit von Bezahlkarten für Geflüchtete von 50 Euro pro Erwachsenem und 10 Euro pro Kind ist unrechtmäßig. Das Landessozialgericht Hamburg, die nächsthöhere gerichtliche Instanz, hat nun in einem weiteren Fall jedoch eine Eilentscheidung abgelehnt.

Das bedeutet: Das Gericht sieht es in diesem Fall als nicht so dringend an, direkt etwas zu entscheiden. Anders als in der Eilentscheidung von Mittwoch ging es um eine alleinstehende Person, die sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung befindet. „Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bezahlkarte oder einer pauschalen Bargeldobergrenze trifft das Landessozialgericht Hamburg somit nicht“, heißt es auf der Fall-Seite der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Gemeinsam mit Pro Asyl vertritt sie beide der Fälle vor Gericht.

Die Entscheidung muss also im Hauptsacheverfahren getroffen werden, was eine lange Zeit dauern kann. „Gemeinsam mit dem Kläger werden wir in einem umfassenden Klageverfahren gegen die restriktiven Beschränkungen der Bezahlkarte vorgehen, um das Recht des Klägers auf ein menschenwürdiges Existenzminimum durchzusetzen“, so Lena Frerichs, Verfahrenskoordinatorin bei der GFF, gegenüber netzpolitik.org.

Verwirrendes Statement

Für Verwirrung hatte im Rahmen des Falls ein Statement eines Sprechers der Hamburger Innenbehörde geführt, der den Kurs des 50-Euro-Bargeldlimits „klar bestätigt“ sah, obwohl keine Entscheidung dazu fiel.

Mit den beiden unterschiedlichen Entscheidungen zu beantragten Eilentscheidungen deutet sich an, dass eine pauschale Behandlung aller Bezahlkarten-Nutzer:innen unabhängig von ihren Lebensumständen wenig angemessen erscheint. Jede Person aber hinsichtlich der etwaigen Beschränkungen einzeln zu behandeln, dürfte ein nicht zu stemmender Aufwand sein.

„Wir haben von Anfang an davor gewarnt, dass Bargeldobergrenzen aus der Bezahlkarte ein Bürokratiemonster machen könnten“, sagte Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Hamburg gegenüber der dpa. „Tausende Einzelfallprüfungen würden das Amt für Migration noch weiter überlasten“, warnt sie. „Deshalb machen wir uns für eine Rücknahme der Obergrenzen und eine Bezahlkarte ohne Einschränkungen stark.“

In Hannover funktioniert es ohne Bargeld-Limit

Ein solches Modell hat beispielsweise die Stadt Hannover eingeführt. Dort können Geflüchtete am Geldautomaten frei über das Geld auf der Karte verfügen. Der dortige Oberbürgermeister Belit Onay sieht sich durch das Urteil von Mittwoch bestätigt. „Unser Ziel ist es, Geflüchteten einen diskriminierungsfreien Zugang zum bargeldlosen Bezahlen zu ermöglichen“, sagte er dem NDR.

Auch mit der Verwaltungsentlastung hat es dort offenbar funktioniert. „Sechs Mitarbeitende des Fachbereichs Soziales der Landeshauptstadt Hannover, die nach dem alten Verfahren an bestimmten Tagen jeweils am Ende des Monats für die Auszahlung der Gelder zuständig gewesen waren, konnten andere Aufgaben übernehmen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

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