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Musterpolizeigesetz! Dieses Wort wird in den nächsten Wochen wohl heftig diskutiert werden. Denn der Innenminister Horst Seehofer plant offenbar, das kommende bayerische Polizeigesetz zur Blaupause des Musterpolizeigesetzes für alle deutschen Bundesländer zu machen. In Bayern selbst regt sich gegen das noch nicht verabschiedete Gesetz Protest. Fußballfans verschiedener bayerischer Vereine haben bereits in Stadien dagegen Stimmung gemacht. Für den 10. Mai ruft ein breites Bündnis aus 50 Organisationen zur Demonstration nach München. Für die kommenden Wochen sind weitere Proteste in allen größeren bayerischen Städten geplant.
Einer unserer Artikel zu dem Gesetz wurde mehr als eine Million auf unserer Webseite mal geklickt. Trotzdem haben wir im März etwa 6 000 Euro Minus gemacht, wie ihr in unserem Transparenzbericht für den Monat nachlesen könnt.
Mehr Macht für die Polizei gibt es inzwischen in Österreich: Das Parlament in Wien verabschiedete am Freitag mit Mehrheit der rechten Regierung ein Überwachungspaket. Die Exekutive darf künftig mit einem Trojaner Smartphones infiltrieren, anonyme Sim-Karten werden verboten und die Behörden erhalten Zugriff auf alle Videokameras im öffentlichen Raum. Sogar das Briefgeheimnis wird aufgedampft. Die Opposition und Bürgerrechtler warnen vor großangelegten Lauschaktionen.
Facebook: Mehr Datenschutz, mehr Gesichtserkennung
Nachdem Mark Zuckerberg den US-Kongress geschickt in die Irre führte, startete Facebook diese Woche eine Marketingkampagne. Das Unternehmen kündigte Mechanismen an, mit denen es sich den neuen europäischen Datenschutzregeln unterwerfen will. Tatsächlich aber bleiben die Veränderungen minimal. Mehr noch: Der Datenkonzern will die Gunst der Stunde nutzen und sich auch in Europa das Recht zum Einsatz von Gesichtserkennungssoftware einräumen lassen. Nutzer außerhalb von Europa und den USA sollen von der europäischen Datenschutzgrundverordnung nur „dem Geiste nach“ profitieren dürfen.
Wir waren zudem auf einer Journalismuskonferenz in Italien und haben dort die widersprüchliche Haltung vieler Medienhäuser zu Facebook beobachten können: Aus ihrer Sicht ist nicht die Preisgabe von Nutzerdaten das Problem mit Facebook – sondern bloß ihr geringer Einfluss auf den Internetgiganten.
Im Bundestag stellte sich inzwischen der Facebook-Cheflobbyist Joe Kaplan den Fragen der Abgeordneten. Allerdings war bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen nur wenig Neues aus dem Konzernvertreter rauszubekommen. Immerhin scheint der zum wiederholten Male nichtssagende Auftritt eines Facebook-Vertreters vor deutschen Abgeordneten langsam die Lust der Politik wecken, dem Konzern strengere Regeln bei seinem Vorgehen zu setzen.
Ein chinesischer Social-Media-Dienst hat derweil mit der Öffentlichkeit zu kämpfen: Ganze drei Tage lang hielt sich das Praxis des Twitter-ähnlichen Sina Weibo, Fotos und Videos von schwulen und lesbischen Pärchen zu blockieren. Dann musste das Unternehmen einen Rückzieher machen. Freiheitsrechtler feiern das Ende dieser Zensurmaßnahme als Erfolg.
Adblocker bedrohen nicht die Pressefreiheit, aber manche die Privatsphäre
Die Axel Springer AG ist mit ihrem Versuch gescheitert, die Browsererweiterung Adblock Plus verbieten zu lassen. Das hat der Bundesgerichtshof diese Woche entschieden. Ein paar grundsätzliche Erwägungen zum Einsatz von Adblockern hält der BGH auch fest. So etwa, dass Adblocker weder das Grundrecht auf Pressefreiheit bedrohen, noch die Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet verhindern.
Dass sich eine Industrie rund um das Blockierung von Werbung und damit meist verbundenem Tracking gebildet hat, zeigt auch diese Meldung: Ein Adblock-Anbieter hat Fake-Adblocker im Chrome Store aufgedeckt. Die Erweiterungen schützten Nutzer nicht, sondern saugten ihre Daten ab.
EU-Kommission will Ausweise mit Biometriedaten verpflichtend machen
Innerhalb von zwei bis fünf Jahren sollen Papier-Ausweise ohne biometrische Daten in ganz Europa der Vergangenheit angehören. Das will zumindest der EU-Innenkommissar. Gesichtsbilder und Fingerabdrücke sollen auf einem Chip gespeichert und mit sich herum getragen werden. Die Maßnahme findet in einem Klima statt, in dem Regierungsbeamte den Ausbau biometrischer Überwachung vorantreiben.
Der EU-Kommission dauern länderübergreifende Ermittlungen im digitalen zudem Raum zu lange. Mit einem neuen Vorschlag sollen europäische Ermittlungsbehörden einen deutlich schnelleren Zugang zu digitalen Beweisen erhalten – unabhängig davon, wo sie liegen.
Kein Digitalministerium, aber…
In Berlin hat die Bundesregierung ein neues Gremium gegründet. Im Kabinettsausschuss für Digitalisierung sollen sich die Minister sowie Dorothee Bär und Steffen Seibert regelmäßig unter der Leitung der Kanzlerin treffen, um netzpolitische Themen zu besprechen. Dort wird wohl auch der Staatstrojaner zur Sprache kommen. Den hat das Prüfunternehmen Tüv Informationstechnik geprüft, woraufhin Journalisten dort nach einem Interview fragten. Das Bundeskriminalamt mischte sich daraufhin ein und verbot das Interview pauschal.
Tips für das Wochenende
Unsere Videoreihe about:blank zeigt diese Woche, was passiert, wenn Waschmaschinen twittern und Staubsauger die eigenen vier Wände ausspionieren, kurz: der Alltag im Internet der Dinge. Wir haben außerdem Schlecky Silbersteins neue Streitschrift „Das Internet muss weg“ für euch gelesen.
Wenn ihr an diesem sonnigen Wochenende Fahrrad fahren wollt, nehmt kein Obike. Ein Erfahrungsbericht legt nahe, stattdessen lieber zu laufen – das sei weniger anstrengend. Das Leihrrad-Unternehmen hatte zudem im letzten Dezember ein massives Datenleck.
Wir wünschen ein schönes Wochenende!
… und die Vorratsdatenspeicherung ist vom Verwaltungsgericht Köln als nicht vereinbar mit EU-Recht erkannt worden (stand in der Süddeutschen Zeitung vom WoE auf Seite 9,
verlinken kann ich nur den folgenden Artikel, weil ich die Meldung der SZ nicht gefunden habe im Netz :
http://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/01_180420/index.php ).