Halbjahreswerte für Stille SMS, IMSI-Catcher und Funkzellenabfragen

Mobiltelefone werden immer häufiger als Ortungswanzen genutzt. – CC0 markusspiske

Die Nutzung digitaler Fahndungsmethoden bewegt sich weiter auf hohem Niveau. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage hervor, über die das Handelsblatt Anfang des Monats berichtete. Abgefragt wurden die Zahlen für Stille SMS, IMSI-Catcher und Funkzellenabfragen im ersten Halbjahr 2018 und Einsätze durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei.

Die Halbjahreswerte unterliegen wie üblich Schwankungen, die vermutlich auf einzelne Ermittlungsverfahren oder Trends in der geheimdienstlichen Beobachtung zurückgehen. So setzte das BfV deutlich weniger Stille SMS ein, während die Zahlen für die Bundespolizei und das BKA wieder anstiegen.

Bei den Funkzellenabfragen sanken die Einsätze beim BKA drastisch, was vermutlich auf abgeschlossene Ermittlungen zu Anschlägen auf Signalanlagen an Strecken der Deutschen Bahn zurückgeht. Der Tatvorwurf lautet auf „verfassungsfeindliche Sabotage“ und „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Die Bundespolizei und das Zollkriminalamt haben hingegen wieder mehr Funkzellen abgefragt.

Ähnliche Schwankungen zeigen sich bei IMSI-Catchern zur Lokalisierung von Telefonen, wobei nicht alle Zahlen öffentlich beauskunftet werden. Das BKA greift wieder öfter auf die Geräte des Geheimdienstzulieferers Rohde & Schwarz zurück, während sich die Nutzung durch die Bundespolizei halbiert hat. Zahlen des Zolls und der angeschlossenen Zollkriminalämter, die auch von Stillen SMS Gebrauch machen, bleiben Verschlusssache. Angaben zum Bundesnachrichtendienst sind weiterhin komplett geheim.

Telekommunikationsüberwachung eigentlich „passive Tätigkeit“

Die Nutzung von Telefonen als Ortungswanzen ist rechtlich umstritten. Eine Telekommunikationsüberwachung darf eigentlich nur als „passive Tätigkeit“ ausgeführt werden, das Erzeugen eines Kommunikationsvorgangs mittels Stiller SMS ist aber eine aktive Maßnahme. Dies hat unter anderem Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie an der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, kritisiert.

In diesem Jahr hatte der Bundesgerichtshof (BGH) dazu geurteilt und sich zunächst der Auffassung Singelnsteins angeschlossen. Der Einsatz stiller SMS und die Erhebung der so generierten Standortdaten können demnach nicht auf § 100a der Strafprozessordnung gestützt werden, da die erzeugten Standortdaten nicht im Rahmen der Telekommunikation anfallen. Bei einer Stillen SMS fehlt es laut dem BGH „an einem menschlich veranlassten Informationsaustausch“.

Stille SMS braucht richterlichen Beschluß

Trotzdem hat das Gericht festgestellt, dass die Stille SMS bei einem Verdacht auf Straftaten von „erheblicher Bedeutung“ genutzt werden darf. Die Eingriffsbefugnis ergibt sich demnach aus § 100i Abs. 1 Nr. 2 StPO. Die Vorschrift regelt den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung des Standorts eines Mobilfunkgerätes und war bei ihrer Verabschiedung 2002 auf IMSI-Catcher zugeschnitten.

Laut dem nunmehr schriftlich vorliegenden BGH-Urteil soll der Paragraf aber dem „technischen Fortschritt Rechnung tragen“ und kann demnach auch auf Stille SMS angewendet werden. Damit liegt die Hürde für deren Einsatz aber auch höher, denn für den Versand Stiller SMS ist demnach stets ein richterlicher Beschluß erforderlich. Die Auswirkungen des Urteils werden also vielleicht bei der nächsten Halbjahresstatistik sichtbar.

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