BND überwachte jahrelang internationale Polizei-Behörden

Der Bundesnachrichtendienst soll seit dem Jahr 2000 die Polizei-Netzwerke Interpol und Europol ausspioniert haben. Die Opposition fragt sich, wen der Geheimdienst eigentlich nicht angezapft hat.

Die alte Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Pullach. CC-BY-SA 4.0 Bjs

Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll jahrelang die internationalen Polizeinetzwerke Interpol und Europol ausgespäht haben. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf Unterlagen, die das Magazin einsehen konnte. Der BND soll neben der Interpol-Zentrale in Lyon auch Dutzende sogenannte Verbindungsbüros auf der ganzen Welt ab dem Jahr 2000 abgehört haben.

Ob die Abhöraktion durch das Auftragsprofil der Bundesregierung gedeckt war, wollte der BND gegenüber dem Spiegel nicht beantworten.

Demnach speiste der BND neben E-Mail-Adressen auch Telefon- und Faxnummern der Fahnder in seine Selektorenliste zur Überwachung ein. […] Neben Interpol erfasste der BND auch Daten der europäischen Polizeibehörde Europol im niederländischen Den Haag sowie mehrerer nationaler Polizeibehörden.

Linke: Wen überwacht der BND eigentlich nicht?

Zum wiederholten Mal haben die für die Geheimdienstkontrolle zuständigen Abgeordneten zuerst in den Medien von der Abhöraktion erfahren, kritisierten die Oppositionsfraktionen. Das mache es den Abgeordneten praktisch unmöglich, die Arbeit der Geheimdienste auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, gegenüber der dpa:

Dass all diese Dinge durch journalistische Recherche und Whistleblower wie Snowden rauskommen, offenbart das Fehlen belastbarer rechtlicher Einhegung der Arbeit der Dienste und die Wirkungslosigkeit parlamentarischer Kontrolle.

Für das Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn von der Linkspartei, stellt sich angesichts früherer Enthüllungen die Frage, wen der BND eigentlich nicht überwache:

Offenbar vertraut der BND nichts und niemandem und überwacht lieber selbst. Unter dem neuen Präsidenten Kahl soll der BND offenbar zu einer Art Mini-NSA entwickelt werden, getreu deren Motto: ‚Wir wollen von allen alles wissen.‘ Doch genau das ist nicht der gesetzliche Auftrag des Bundesnachrichtendienstes.

Im Zuge des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses waren eine ganze Reihe von Spähzielen des BND bekannt geworden. Darunter Regierungen, Firmen und Journalisten, wie vor wenigen Wochen bekannt wurde. Die Reform des BND-Gesetzes im Herbst legalisierte weite Teile der Auslandsüberwachung und ermöglicht es dem Geheimdienst, seine Internet-Überwachung großflächig auszubauen.

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