Hamburger Senat erklärt das neue „Kompetenz- und Dienstleistungszentrum“ zur Telekommunikationsüberwachung

Telekommunikationsüberwachung am Gerät (Bild: Polizei Sachsen).
Telekommunikationsüberwachung am Gerät (Bild: Polizei Sachsen).

Vor einem Monat hatten wir hier zu zwei geplanten „Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentren“ zur Telekommunikationsüberwachung berichtet. Zusammen mit Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt plant Berlin eine solche Überwachungsanlage. Bereits 2008 hatte die Innenministerkonferenz von Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bremen (die sogenannte Nord-IMK) die Errichtung eines „TKÜ-Zentrums Nord“ beschlossen.

Nun hat der Hamburger Senat auf Nachfrage der Linksfraktion Einzelheiten zu den Planungen mitgeteilt. Demnach handele es sich um eine „geeignete Maßnahme zur Erzielung von fachlichen und technischen Vorteilen sowie von Synergieeffekten“. 2008 wurde von der Nord-IMK geprüft, auch die Landesämter für Verfassungsschutz mitmachen dürfen. Aus „rechtlichen Gründen“ sei dies aber nicht weiterverfolgt worden, das nun geplante „TKÜ-Zentrum“ bleibt also der Polizei vorbehalten.

Auch Versand von „Stillen SMS“ und Einbringen von Trojanern?

Schon 2012 wurden die vorhandenen ländereigenen TKÜ-Anlagen miteinander verschaltet, in einer zweiten Phase war die „Zentralisierung“ in einem „redundant ausgelegten Rechen- und Dienstleistungszentrum“ geplant. Dieses Zentrum mit dem Kürzel RDZ wird laut der Antwort bereits beim Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover eingerichtet. Es bildet dort eine „eigenständige und organisatorisch direkt bei der Leitung angebundene Einheit“.

Die Inbetriebnahme des RDZ soll laut einem Beschluss der Nord-Innenministerien aber erst im Jahr 2020 erfolgen. Welche konkreten Überwachungsmaßnahmen dann übernommen werden, bleibt weiter unklar. Möglich sind neben dem klassischen Abhören von Telekommunikation auch der Versand von „Stillen SMS“ oder der Einsatz von Staatstrojanern.

Die Einrichtung und der Betrieb des RDZ wird im Rahmen eines Staatsvertrages geregelt, das „förmliche Verhandlungsverfahren“ sei laut dem Hamburger Senat aber noch nicht abgeschlossen. Unklar ist, inwiefern es dabei um die Klärung strittiger Punkte geht. In dem Länderabkommen soll auch eine Obergrenze für die benötigten Investitionen festgelegt werden. Laut einem Entwurf des Verwaltungsabkommens zur Finanzierung des RDZ könnten diese bis zu 2,75 Millionen Euro betragen. Der größere Anteil entfällt dann auf Niedersachsen. Weitere 1,2 Millionen Euro fielen für „externe Dienstleistungen“ an.

Zuständigkeiten beim Aufbau des "Rechen- und Dienstleistungszentrums" (RDZ).
Zuständigkeiten beim Aufbau des „Rechen- und Dienstleistungszentrums“ (RDZ).

Außer der technischen Durchführung von Überwachungsmaßnahmen soll das RDZ eine „einschlägige fachliche Beratung für TKÜ-Maßnahmen“ der beteiligten Polizeibehörden vornehmen. Außerdem sollen dort „Marktanalysen“ vorgenommen werden. Gemeint ist wohl die Erhebung neuer Überwachungsmethoden und die Einführung derselben. Mit der Beteiligung an entsprechenden Forschungsprojekten soll das RDZ den Blick auf die „Fortentwicklung des Telekommunikationsmarktes“ richten. So wollen die Innenministerien „Handlungserfordernisse frühzeitig erkennen und umsetzen“. Bundes- und Landesbehörden tauschen ihre Erkenntnisse und Vorhaben zu neuen Abhörmaßnahmen in der „Kommission Grundlagen der Überwachungstechnik“ (KomGÜT) aus. Sie fungiert als eine Art Frühwarnsystem und bereitet notwendige „Anpassungsprozesse“ für die beteiligten Behörden vor.

„Konzept zum Datenschutz“ fehlt noch

Zur technischen Zusammenarbeit mit dem als „Dienstleister“ bezeichneten RDZ sollen die beteiligten Länder eine polizeiliche Zentralstelle schaffen. In Hamburg (und vermutlich auch in den anderen Bundesländern) wird diese im LKA eingerichtet. Zur „Sicherstellung der Berücksichtigung fachlicher Belange und Interessen“ bilden die fünf Beteiligten einen Beirat aus den LeiterInnen der LKÄ.

Ein „Konzept zum Datenschutz“ für das geplante RDZ werde laut der Antwort von den Behörden derzeit noch erarbeitet. Die Landesdatenschutzbeauftragten (LfD) der fünf am Projekt beteiligten Länder haben beschlossen, die Federführung zur Aufsicht des „TKÜ-Zentrums Nord“ dem LfD des Landes Schleswig-Holstein zu übertragen. Grundsätzliche Probleme mit dem Überwachungszentrum hat dessen Leiter Thilo Weichert laut einem Zeitungsbericht nicht.

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