Informationsfreiheits-Ablehnung des Tages: Der BND beantwortet gar keine Anfragen, wir sollen aufhören zu nerven

Der Bundesnachrichtendienst meint weiterhin, dass das Informationsfreiheitsgesetz für ihn nicht gilt. Mit dieser Begründung wurde unsere Anfrage nach einem Projekt der Datenschutzbeauftragten abgewiesen. Dabei versprach BND-Präsident Schindler: „Wir brauchen mehr Transparenz!“

Auf der Webseite verspricht man „Einblick in das Innenleben des BND„. Es gibt aber keine.

Die Datenschutzbeauftragte des BND sagte vor dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss:

Ein Schwerpunkt meiner Beratung ist aktuell bei der Abteilung „Technische Aufklärung“ (TA). Das Thema Datenschutz ist hier nicht in allen Bereichen in erforderlichem Maße präsent. Daher habe ich ein neues Projekt gestartet: „Datenlandschaft Abteilung Technische Aufklärung“.

Darüber wollten wir mehr erfahren und haben eine Informationsfreiheits-Anfrage nach weiteren Informationen gestellt. Das wurde jetzt abgelehnt:

in Bantwortung (sic!) Ihrer o.g. E-Mail teilen wir Ihnen mit, dass ein Auskunftsanspruch nach § 1 IFG auf Grund der Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG gegenüber dem Bundesnachrichtendienst nicht besteht. Dies hatten wir Ihnen bereits mit E-Mail vom 12.06.2014 mitgeteilt. […]

Wir bitten daher von weiteren Anfragen Abstand zu nehmen.

Bisher hatten wir nach dem Memorandum of Agreement mit der NSA und dem Auftragsprofil der Bundesregierung gefragt, was ebenfalls pauschal abgelehnt wurde.

Einerseits ist der Paragraf Schutz von besonderen öffentlichen Belangen im Informationsfreiheitsgesetz recht deutlich:

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, […]
8. gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.

Andererseits ist es unverständlich, warum staatliche Institutionen überhaupt keine Rechenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit haben sollen, vor allem wenn diese gleichzeitig die Privatsphäre fast aller Menschen der Erde als Freiwild betrachten.

Stefan Wehrmeyer, Projektleiter bei FragDenStaat.de erklärt dazu gegenüber netzpolitik.org:

Gerade im Hinblick auf die NSU-Affäre und die digitale Komplettüberwachung ist es nicht mehr haltbar, dass die deutschen Geheimdienste von Auskunftsansprüchen ausgenommen sind.

Im letzten Jahr verkündete BND-Präsident Gerhard Schindler:

Wir brauchen mehr Transparenz – nicht als Selbstzweck, sondern als Voraussetzung für eine breitere Vertrauensbasis in der Gesellschaft. Die Diskussion über die Zusammenarbeit des BND mit der NSA hat leider mehr als deutlich gezeigt, dass in der Bevölkerung, in den Medien, in der Politik teilweise völlig falsche Vorstellungen darüber existieren, wie wir arbeiten und warum wir es tun.

Da hilft kein Jammern und auch keine Medienschelte, sondern wir müssen selbstkritisch feststellen, dass es uns bislang offensichtlich nicht gelungen ist, die Grundlagen unserer Tätigkeit, die Art und Weise unserer Tätigkeit und den Zweck unserer Tätigkeit hinreichend in die Gesellschaft hinein zu vermitteln.

Unser Ziel, mein Ziel muss daher sein, den BND durch mehr Transparenz als das zu zeigen, was er ist, nämlich als modernen Dienstleister, der fest verankert in der Gesellschaft, täglich auf hohem Niveau Hintergrundberichterstattung für die Entscheidungsträger in Regierung und Parlament liefert.

Ich weiß, mehr Transparenz ist eine Herausforderung für einen Nachrichtendienst, aber ich bin mir sicher, sie ist möglich.

Und wo ist diese Transparenz? Wir bieten gerne unsere Hilfe an und verweisen auf unsere Kontaktmöglichkeiten.

29 Ergänzungen

  1. Der BND hätte die neue Zentrale nicht in Berlin bauen, sondern das Geld lieber in ein riesen Zeppelin stecken sollen. Dann hätte Herr Schindler wenigstens nicht mehr die Schwierigkeit auf deutschem Boden deutsches Recht einhalten zu müssen.

  2. Ich nehme an, die Damen und Herren bei den Geheimdiensten verstehen das mit der Transparenz einfach anders. Etwas Transparentes sieht man nicht, wenn die Geheimdienste also Transparenz fordern oder erklären meinen sie damit wahrscheinlich schlicht, dass sie bzw. ihre Tätigkeiten nicht sichtbar sein sollen.

  3. Fragt doch mal (ohne Verweis auf das IFG), ob es für diese Transparenzoffensive des BND einen Plan und/oder Zeitplan gibt. :-)

  4. Der Artikel lässt mich ein wenig verwirrt zurück, gibt’s jetzt einen expliziten gesetzlichen Anspruch auf IFG für den BND, oder konstruiert ihr euch das passend hin?

    1. Ohne diese „Konstruktion“ würde die wertvolle Kategorie „Ablehnung des Tages“ nicht so sicher funktionieren. Alles hinter dem „sowie“ in § 3 Nr. 8 IFG bezieht sich nicht mehr auf den BND, deswegen kann man anfragen was man möchte. Die Ablehnung kommt garantiert. Ich gehe davon aus, dass dies auch bei netzpolitik bekannt ist. Aber man muss sein Publikum unterhalten, sich gegenseitig unterstützen und dazu bietet das Gebiet beliebig selbstproduzierbaren Stoff – perfekt.

      Wegen § 9 Abs. 2 IFG ist die ablehnende Behörde übrigens nach meinem Verständnis dazu verpflichtet, genau etwas – wie ihr es anpreist – wie „nervt nicht“ mitzuteilen. Derzeit sind „mündliche und einfache schriftliche Auskünfte“ kostenfrei. Durch euer Agieren könnte es durchaus sein, dass ihr demnächst das Gegenteil von dem erreicht, was ihr eigentlich wolltet, dass nämlich solche offensichtliche abzulehnenden oder wiederholten Anfragen mal kostenpflichtig werden, was nicht nur eure Kategorie sterben ließe, sondern auch die eine oder andere wirklich interessante Anfrage eines Jedermann verhindert, weil sie oder er sich vor den möglichen Ablehnungsgebühren schreckt.

      1. Das Wort wollte ich in meinem Beitrag nicht verwenden, aber Trollgebühr versteht jeder Nerd. Wenn du dir mal einige andere Gebührenverordnungen anschaust, ist es durchaus üblich, Ablehnungen zu „vergebühren“. Und als Begründung, um sich gegen den zu erwartenden Shitstorms von denen zu wehren, die gern selbst „Troll“ zu Abwehr jeglicher Kritik verwenden, bieten sich z.B. die allseits beliebten Reichsdödel an, die das IFG sicher gern nutzen. Also wenn man wollte, könnte man. Die Anfragen, über die hier marktreißerisch berichtet wird, haben für die Öffentlichkeit keinen Nutzen.

      2. „Alles hinter dem “sowie” in § 3 Nr. 8 IFG bezieht sich nicht mehr auf den BND“

        Ist das Auslegungssache?
        Wieso formuliert man sowas nicht eindeutig?

      3. Mit Logik und Operatorvorrang hat’s der Jurist oft nicht so ;-) Da werden munter und, oder, sowie und andere Verknüpfungen aneinandergereiht, so dass viel zu oft aus dem Text nicht zu entnehmen ist, was wie zusammenhängt – im Zweifel durch Gericht auszulegen. Auslegungshilfe kann die Gesetzesbegründung sein und in diesem Fall der Nr. 8 ist sie eindeutig.

    1. Ist kein Zitat aber der Teil („Wir bitten daher von weiteren Anfragen Abstand zu nehmen.“) lässt sich auch auch mit „nervt nicht“ umschreiben.

  5. @ André

    2 ernstgemeinte Fragen an euch:

    a) Warum stellt ihr diese Anfragen, wenn ihr doch genau wisst, dass sie abgelehnt werden. Verfolgt ihr irgendein spezielles Ziel mit diesem geplanten Gegendiewandlaufen?

    b) Zitat: „Und wo ist diese Transparenz? Wir bieten gerne unsere Hilfe an und verweisen auf unsere Kontaktmöglichkeiten.“
    Soll das etwa ein Aufruf zum Geheimnisverrat sein? Ein Aufruf zu einer Straftat? Oh je… Was lehnt ihr euch schon wieder so weit aus dem Fenster. Als ob irgendjemand im BND Dokumente an euch leaken würde…

    1. a) Wir finden, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, diese Informationen zu erfahren. Wir würden sie selbst gerne veröffentlichen, brauchen sie aber dazu. Deswegen fragen wir danach mit den rechtlichen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen.

      b) Ja, das ist ein Angebot, uns diese (oder andere) Dokumente zukommen zu lassen. Wir präferieren dafür den Begriff „Whistleblowing“.

      1. @André,
        erst einmal herzlichen Dank für deinen Einsatz, deine Hartnäckigkeit und deine Informationsweitergabe an uns. Ich persönlich finde das super.

        Zu deinem Beitrag möchte ich dir auch gerne ein paar Fragen stellen, Und zwar folgende:

        1. Frage zu Begriffsbestimmungen (zum Gesetzestext)

        Einerseits ist der Paragraf Schutz von besonderen öffentlichen Belangen im Informationsfreiheitsgesetz recht deutlich […]

        Für mich persönlich ist das nicht so ganz eindeutig. Zwar wird im §3 IFG Abs. 8 der BND namentlich ausgenommen, aber nur „soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.„.
        Ich muss ehrlich zugeben, daß ich aus diesem § 10 Nr. 3 SÜG nicht so ganz schlau werde… Kannst du (oder ach gerne jemand anders, hauptsache aber überhaupt irgendjemand) da freundlicherweise evtl. weiterhelfen? Wenn ich das richtig verstehe geht es dabei im doch im Grunde um diese Einstufung der Informationen, also hier in diesem Fall ob „streng geheim“? Oder?
        Wenn ja, darf man das m.E. durchaus mal hinterfragen und sich dabei auf die jeweiligen Einschränkungen der jeweiligen Paragraphen beziehen.
        Denn auch im §10 SÜG gibt es einen Satz, der wie folgt heißt:
        […]soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach § 8 oder § 9 für ausreichend hält.
        Unabhängig von meiner persönlichen Meinung, daß ein BND nicht von einer Informationspflicht ausgenommen werden darf und kann, vertrete ich bezogen auf das konkrete Thema deiner Anfrage die Meinung , daß ein Projekt vom Datenschutzbeauftragten des BND zum Thema Datenschutz (!) per se nicht als „streng geheim“ einzustufen ist, weswegen in meinen Augen § 3 Abs. 8 IFG nicht als Standard-Absage gelten darf und kann.
        Am Rande gefragt: Was meinen die eigentlich in ihrer Absage mit diesem Satz:
        Auch ist in o.g. Anfrage kein Sachverhalt erkennbar, der den Anwendungsbereich des VIG oder des UIG eröffnet.“ ?
        Ich sehe da irgendwie keinen kausalen Zusammenhang…

        2. Nächste Schritte
        Hast du/habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, welche Schritte als nächstes evtl. sinnvoll wären? Du hast ja jetzt eindrucksvoll beweisen können, daß diese Institution es ganz offensichtlich nicht für nötig hält den Bürger über ihre Aktivitäten informieren zu wollen. Ich denke, dies werden sie in Zukunft auch weiterhin so handhaben, weswegen ich persönlich weitere Anfragen für Zeitverschwendung halten würde. Also stellt sich (für mich jedenfalls) die Frage, wie man diesen Umstand stattdessen ändern könnte.

        3. Rechtsweg?
        Hast du mal darüber nachgedacht, die Ansichten seitens BND zum IFG rechtlich prüfen zu lassen? Wenn Nein, warum nicht?
        Im IFG steht dazu folgendes (§ 9 IFG):
        (4) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen wurde.
        Immerhin ist die Überprüfbarkeit öffentlicher Akte im Grundgesetz verankert (s. Artikel 19 Abs. 4)!
        Und diese Tatsache erachte ich persönlich als nicht ganz unerheblich. Denn in diesen Fällen besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der zu treffenden Sachentscheidung und dient somit nicht allein dem subjektiven Rechtsschutz des Klägers.
        Außerdem ermöglicht erst der Gang durch die Instanzen eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe. Allein das wäre in meinen Augen schon Grund allein gegen die Absagen rechtlich vorzugehen.

        4. Datenschutzbeauftragter?
        Mich würde mal interessieren, was dir die Datenschutzbeauftragte zum Thema geantwortet hat. Ich gehe zumindest stark davon aus, daß du sie diesbzgl. gemäß § 12 IFG ins Boot gezogen hast…
        (1) Jeder kann den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach diesem Gesetz als verletzt ansieht.
        Wenn nicht, warum nicht?

        Vielen herzlichen Dank vorab und Gruß aus Kölle,
        Baxter

        1. Anwälte sagten uns: „Da kann man auf Basis des IFG nichts machen.“ Aus diesem Grund – und weil wir nicht die nötigen Ressourcen Zeit und Geld haben – klagen wir in diesem Fall nicht. In anderen Fällen tun wir das aber.

          VIG und UIG werden in der Standard-Anfrage von FragDenStaat.de mit aufgezählt.

    2. @Cosinus: „Als ob irgendjemand im BND Dokumente an euch leaken würde…“

      Die von Deiner Sorte würden hier nicht herumheulen, wenn dieses Risiko nicht bestünde. Denk mal an die jüngeren BNDler, die völlig antitotalitär und antiautoritär sozialisiert worden sind, die haben sicherlich jeden Tag Gewissenskonflikte bei dem was da abläuft.

      Und Netzpolitik ist sicherlich ein Kandidat für den Balls of Steel Award, was full disclosure betrifft. :)

      Wo ist denn das Problem, wenn jeder Bürger sich selbst ein Bild machen kann? Wir sind der Souverän und Arbeitgeber der versammelten Beamtenschaft. Das erwarte ich eine stramme Haltung und Auskunft, wo sind wir hier eigentlich?

      1. Jaja, Ball of Steel, Grimme Sonderpreis, dir wie vielen Kommentatoren bei netzpolitik fehlt offensichtlich ein wenig Abstand oder Eigensinn. Netzpolitik ist deutlich erkennbar ein Wirtschaftsunternehmen, dass immer wieder Artikel knapp über der Belanglosigkeit veröffentlicht, betitelt, wie es auch eine BILD-Zeitung tun würde, um sich bei ihrer Zielgruppe anzubiedern. Gerade die Artikel der Stammcrew werden immer platter, Recherche nahe null oder nur Kopie, Übernahme, Wiederkäuen der immer gleichen Quellen desselben Minikosmos. Man provoziert gern, alles kalkuliert und für den guten Zweck – erlaubt ist, was Erfolg hat und von dem Stammpublikum erwartet wird. Es mag immer wieder gute Beiträge geben und Gelegenheitsautoren nehme ich ausdrücklich von meiner Kritik aus, aber das, was aus dem Zwang des Tagesgeschäfts der Stammcrew kommt, wird nach meinem Geschmack nicht besser.

    3. a) … wirkt manchmal eben doch, weil es dann nicht bloß ein „Einzelfall“ ist, der hinerher totgeschwiegen werden kann.
      b) Nebenbei gefragt: Schlechten Tag gehabt? Und: Es wurde jedenfalls mehrfach seitens BND erwähnt, dass mehr Transparenz herrschen soll. Und gäbe es keinen „Geheimnis“-„Verrat“, wären ein paar Misstände und andere Gesetzesverstöße in den letzten Monaten nie aufgedeckt worden, die im Schatten von „Geheimnisschutz“ begangen wurden.

  6. Frage @all:

    Muss eine Institution wie der BND nicht auch eine Rechenschaft über ihren Haushalt ablegen?
    Wie und von wem werden eigentlich die Ausgaben des BND kontrolliert?
    Haben wir nicht auch diesbzgl. ein Recht darauf zu erfahren was genau mit unserem (Steuer-)Geld passiert?

    Danke und Gruß, Baxter

  7. zu bnd und transparenz; der bnd würde gerne die 97% der menschen im netz transparent machen, die kein oinkoink interessieren ;) dann hätte man SMALLDATA

  8. Im Petitionsforum des Deutschen Bundesages befindet sich noch bis zum 03.12.2014 die Petition 55550 zur Mitzeichnung. Mit der Petition wird die Streichung des § 3 Nr. 8 IFG bzgl. der Nichtanwendungsklausel für Geheimdienste gefordert und diese durch eine Regelung zu ersetzen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden muss. Der Link zur Petition: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2014/_10/_26/Petition_55550.nc.html

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