Versteh einer die Jugend, sagt sich ein Mensch vielleicht kopfschüttelnd und probiert es dann erst gar nicht. Mit der Studie „Jugend, Information, Medien“ (JIM) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest wird seit zwanzig Jahren immerhin ein ernsthafter Versuch gestartet: Alljährlich wird hier das Medienverhalten von Jugendlichen analysiert. Am vergangenen Mittwoch wurde die diesjährige Studie (PDF) veröffentlicht. Die Ergebnisse der vergangenen zwei Dekaden ermöglichen eine Langzeitbetrachtung dessen, welche Geräte und Medienangebote für die Jugendlichen relevant sind, und liefern theoretisch Impulse für PädagogInnen und andere Jugend-Verantwortliche, auf das Verhalten der Jugendlichen entsprechend zu reagieren.
Natürlich hat die sich ausbreitende Verfügbarkeit des Internets Online-Medien in den vergangenen Jahren besonders relevant gemacht. Ein großer Teil der Befragung konzentriert sich daher thematisch auf das Nutzungsverhalten von Internetangeboten. Besonders interessant ist in Zeiten der großen Angst vor einflussreichen Desinformationskampagnen auch die Befragung zum Vertrauen der Jugendlichen in Nachrichtenangebote. Für die diesjährige Studie wurden 1.200 Jugendliche im Alter von zwölf bis neunzehn Jahren befragt.
Dreieinhalb Stunden, vor allem mit dem Smartphone
Nach eigener Einschätzung verbringen die befragten Mädchen und Jungen unter der Woche knapp dreieinhalb Stunden im Internet. Diese Zeit hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt. Im Gegensatz zum letzten Jahr ist sie allerdings leicht rückläufig. Das ist fast schon erstaunlich, ist der Zugang zum Internet doch mittlerweile fast uneingeschränkt möglich. Die Jugendlichen werden darüber hinaus befragt, wie sie ihre Zeit im Internet einteilen. Der Zeitanteil für Kommunikation und Informationssuche nimmt dabei tendenziell ab. Mehr Zeit wird hingegen mittlerweile für Spiele und Unterhaltung aufgebracht.
Das Smartphone wird als meistgenutztes Gerät für den Online-Zugang genannt. Besonders verbreitet sind hierbei Geräte von Apple und Samsung. Während stationäre Rechner und Laptops langsam ins Hintertreffen geraten, sind auf dem Weg ins Netz mittlerweile auch Spielekonsolen und Smart TVs relevant. Jeweils knapp fünfzehn Prozent der befragten Jugendlichen, die mindestens alle vierzehn Tage ins Internet gehen, nutzen dafür mehrmals die Woche eine Spielekonsole oder einen Fernseher mit Internetanschluss.
Facebook verliert, YouTube gewinnt
Deutlicher Verlierer auf der Liste der liebsten Internetangebote ist Facebook. Im Vergleich zum Vorjahr, mit fünfzehn Prozent, nannten in diesem Jahr nur noch weniger als halb so viele Jugendliche, sechs Prozent, das soziale Netzwerk als favorisierten Online-Dienst. Damit rangiert es auf Platz sechs der beliebtesten Internetdienste. Der Facebook-Konzern hat damit insgesamt aber noch nicht an Bedeutung verloren. Die Dienste WhatsApp und Instagram, die ebenfalls zu Facebook gehören, landen wie auch schon im Vorjahr auf den oberen drei Plätzen. Mit einem großen Abstand gewinnt YouTube auf der Liste mit über sechzig Prozent.
Die Videoplattform dient den Jugendlichen in vielfältiger Hinsicht als Unterhaltungsmedium. So werden am häufigsten täglich oder mehrmals pro Woche Musikvideos oder lustige Videos geschaut. Das Angebot wird dabei von den Jugendlichen größtenteils passiv genutzt. Die meisten laden selbst keine Inhalte hoch, sondern schauen vor allem Kanäle von anderen YouTubern. Der kommerzielle Einfluss dieser Youtube-Stars ist dabei nicht von der Hand zu weisen: Zwanzig Prozent der Jugendlichen hat schon einmal ein Produkt auf Empfehlung eines Youtubers erworben. In der Studie heißt es zusammenfassend:
Mit zunehmendem Lebensalter werden vor allem Videos aus dem Bereich Comedy und Computerspiele unbedeutender, Nachrichtenformate gewinnen an Relevanz hinzu. Musikvideos, Tutorials oder auch Mode-/Beauty-Videos haben in allen Altersgruppen eine vergleichbare Relevanz.
Die Jugendlichen wurden im Rahmen der Teilbefragung zu „Mobbing im Internet“ gefragt, wo sie am häufigsten mit Hassbotschaften im Netz konfrontiert werden. Neben Instagram fallen den Jugendlichen vor allem in den YouTube-Kommentaren Hassbotschaften auf. Der Kausalzusammenhang mag darin liegen, dass dies nunmal die am stärksten frequentierten Plattformen der Jugendlichen sind. Es ist trotzdem wichtig, sich zu überlegen, wie man mit dieser Erkenntnis umgeht. Das Verhalten von Jugendlichen könnte durch den Kontakt zu Hassbotschaften auch in der analogen Welt beeinflusst werden.
Der heimische Internetzugang wird für die Jugendlichen durch öffentliche Netze erweitert. Immerhin einundsiebzig Prozent der Befragten nutzen öffentlich verfügbare WLAN-Netze. Diese eignen sich natürlich auch hervorragend, um mit dem viel genutzten Smartphone unterwegs die heimischen Einschränkungen zu umgehen. In den Altersgruppen unter sechzehn Jahren gaben immerhin etwa zwanzig Prozent der Jugendlichen an, dass sie zu Hause nur eingeschränkten Internetzugang hätten.
Vertrauen in Nachrichtenangebote
Ein Teilbereich der Studie befasst sich explizit mit dem „Vertrauen in Nachrichtenangebote“. In der Befragung wurden den Jugendlichen drei Nachrichtendienste genannt. Wenn ihnen die genannten Vorschläge bekannt waren, wurden sie darum gebeten, anhand einer Schulnotenskala die persönliche Vertrauenswürdigkeit der Dienste anzugeben. Die Ergebnisse hier sind eigentlich recht erfreulich. Insgesamt werden Tagesschau und Tagesthemen (ARD) von vierundachtzig Prozent der Befragten am vertrauenswürdigsten bewertet, gefolgt von regionalen Tageszeitungen und Radiosendungen der Öffentlich-Rechtlichen. Auf den letzten Plätzen der immerhin dreizehnstelligen Liste stehen die Zeitung Bild und Bild.de mit jeweils fünfzehn Prozent.
Der formale Bildungshintergrund der Befragten ist laut Angaben der Studie Grund für divergierende Ergebnisse, insbesondere wenn es um Printmedien geht. „Generell zeigen Jugendliche mit formal höherem Bildungsniveau ein deutlich größeres Vertrauen in die meisten Nachrichtenangebote“, heißt es in der Studie. Bei Print-Angeboten sowie den Online-Angeboten des Spiegel und Focus wird dies besonders deutlich. Im Schnitt vertrauen zwanzig bis dreißig Prozent der befragten Gymnasiasten diesen Angeboten mehr als SchülerInnen von Haupt- und Realschulen. Dies könnte einen Impuls für LehrerInnen geben, in der medialen Schulbildung einen stärkeren Fokus auf die entsprechenden Nachrichtenangebote zu legen.
Wenn die Bildungseliten den etablierten Medien idR mehr Vertrauen, kann man das uebrigens auch als Problem sehen, der Artikel ist da wohltuend offen 8)
Viele Daten liegen vor, das „Medienkonsum“ „dick, dumm und gewalttätig“ macht.Die Schwere der negativen Konsequenzen sind Vergleich mit dem Missbrauch von Harten Drogen.
Das diese Jugendlichen zu über 80% die Tagesschau als seriöse Quelle erkennen wollen zeigt woran wir hier sind
lol