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Helft uns, besser zu werden! Die einfachste Möglichkeit dafür ist, noch rasch in den nächsten Tagen an unserer laufenden Umfrage teilzunehmen. Hier erklären wir, warum uns Eure Antworten wichtig sind. Außerdem möchten wir alle einladen, in diesem Jahr bei unserer Konferenz „Das ist Netzpolitik!“ dabei zu sein, die am 21. September in Berlin über die (Volks)Bühne geht. Der Vorverkauf dafür ist angelaufen. Wir freuen uns auch noch über Einreichungen für das Programm.
Etappensieg gegen Uploadfilter
Die Woche brachte einen Etappensieg für Freunde des freien Internet. Eine Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament stimmte dafür, eine wichtige Vorentscheidung über die Einführung von verpflichtenden Uploadfiltern und einem EU-weiten Leistungsschutzrecht fürs Erste zu vertagen. Wochenlanger Druck gegen eine allzu schnelle Festlegung auf die beiden toxischen Vorschläge hat gewirkt. Nun gibt es im September eine Chance, sich für eine echte Modernisierung des Urheberrechtes auf europäischer Ebene einzusetzen.
Filterpflichten bleiben auch abseits des Urheberrechts auf der Agenda: Denn die Innenminister der EU-Staaten wollen die Zensurtechnologie auf Hass und terroristische Inhalte ausweiten. Der Vorstoß landete wohl wegen Horst Seehofer in dem vor einigen Tagen getroffenen Beschluss der Minister.
Die EU-Abgeordneten trafen in Straßburg unterdessen eine weitere gute Entscheidung: Sie bestätigten einen Bericht, der der „Privacy-Shield“-Übereinkunft über den Datenaustausch zwischen den USA und den EU-Staaten klare Mängel attestiert. Das Parlament verlangen nun von der EU-Kommission, „Privacy Shield“ mit 1. September auszusetzen, wenn die USA nicht nachbessert.
In der EU-Metropole Brüssel sorgt sich die Kommission indes wegen fremder Einflussnahme auf die Europawahlen 2019. Allerdings sehen die Mitgliedsstaaten in der Frage wenig Dringlichkeit, wie von uns veröffentlichte Dokumente von einem Treffen nationaler Wahlbehörden zeigen. Unser Bericht macht deutlich, auf wie viele Arten soziale Medien zum Einfallstor für manipulative Kampagnen anonymer Akteure geworden sind.
Durchsuchungen bei Zwiebelfreunden
Eine Polizeiaktion gegen den Verein Zwiebelfreunde sorgt nicht nur unter Netzaktivisten für Aufregung. Die Exekutive nahm für die Hausdurchsuchungen äußerst fadenscheinige Gründe zum Anlass. Das wirft die Frage auf, aus welchem Zweck der Staat eigentlich Computer, Spendenquittungen und Mitgliederlisten von kritischen Organisationen der Zivilgesellschaft beschlagnahmen möchte. Der Spiegel berichtet darüber, und Reporter ohne Grenzen solidarisiert sich mit den Zwiebelfreunden.
Inzwischen setzte es gleich den nächsten Schlag gegen Aktivisten: Schwerbewaffnete Polizisten durchsuchten ein linkes Zentrum in Dortmund, darunter auch die Räumlichkeiten einer lokalen Gruppe des Chaos Computer Club. Dabei beschlagnahmten sie Server und weitere Materialien. Der Vorwurf: Ausspähen von Daten.
Wie man Hacken als direkte Aktion gegen den Überwachungsstaat nutzen kann, erzählt indes die wohl berühmteste Hacker-Persönlichkeit und selbsternannte anarchistische Revolutionärin Phineas Fisher. Im Interview spricht sie über die Politik hinter ihren Angriffen auf die Überwachungsindustrie, die türkische Regierungspartei und die katalanische Polizei.
Europäische Staaten lassen sich mitunter zur Verfolgung von Dissidenten aus autoritären Staaten instrumentalisieren. Spätestens nach der Festnahme des türkeikritischen Autors Doğan Akhanlı gerieten die Interpol-Fahndungsersuchen in die Kritik. Rückwirkend sollten alle Festnahmeersuchen auf mögliche politische Verfolgung überprüft werden. Auch deutsche Behörden wollten Haftbefehle strenger prüfen. Passiert ist seitdem wenig, schreibt unser Autor Matthias Monroy.
Deutsches Digitalraten
Die Politik in Deutschland rätselt noch, wie sie am Besten mit Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz umgehen soll. Nachdem das Thema Netzpolitik unter Angela Merkel viele Jahre verschlafen wurde, geht jetzt der Aktionismus los. Vergangene Woche beschloss der Bundestag die Einrichtung einer Enquete-Kommission zu Künstlicher Intelligenz. Am Donnerstag tagte erstmals der von der Koalition initiierte Digitalkabinett. Und dann soll es auch noch einen Digitalrat geben. Einig sind sich alle Initiativen, dass Netzpolitik in Deutschland voran gebracht und besser koordiniert werden muss. Denn die Zeit läuft ab. Die Frage ist, wie – und orientiert an welchen Werten und Zielen?
Inzwischen möchte der zuständige Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) den lange stockenden Breitbandausbau endlich in die Gänge bringen. Nach monatelanger Funkstille bei dem Thema legte der Minister ein überarbeitetes Bundesförderprogramm vor. Das ist auch bitter nötig, denn Scheuers Vorgänger Alexaner Dobrindt hat einen Scherbenhaufen hinterlassen, resümiert unser Autor Tomas Rudl.
Unsere Freunde von FragDenStaat haben inzwischen einen kleinen Sieg für die Transparenz in der öffentlichen Verwaltung errungen. Nach einem Gerichtsurteil muss der Landtag in Rheinland-Pfalz auf Anfrage Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes herausgeben. Damit geht ein Rechtsstreit zu Ende, der sich über zwei Jahre hinzog.
Und zum Abschluss: Eine Studie beschäftigt sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Bloggern und Journalisten. Das Fazit der Autoren lautet: Journalisten grenzen sich gerne von Bloggern ab, in manchen Augen sind Blogger eher „Amateurjournalisten“. Dabei legen viele Blogger durchaus Wert auf journalistische Qualität und ähneln professionellen Journalisten mehr, als man erwarten würde.
Zum Wochenende empfehlen wir die ARTE-Dokumentation „Hysterie im Netz“, die im Gegensatz zum Titel ziemlich unhysterisch aktuelle technologische und netzpolitische Entwicklungen beschreibt.
Wir wünschen ein entspanntes Wochenende!
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