KW 26Die Woche, in der Datenschutz plötzlich spannend war

Die 26. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 20 neue Texte mit insgesamt 139.503 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

spannend ist keine Eigenschaft, die ich als erstes mit Datenschutz assoziieren würde. Versteht mich nicht falsch, ich finde Datenschutz enorm wichtig und tatsächlich auch interessant. Sogar so interessant, dass ich mir wochenends jederzeit Gesetzentwürfe zur Gesundheitsdigitalisierung reinziehen würde. Aber spannend im Sinne eines guten, fesselnden Kriminalfilms, bei dem ich gar nicht mitkriege, wie sich die Chipstüte geleert hat – das ist Datenschutz nicht.

Außer in dieser Woche.

In Sachsen-Anhalt hat der Landtag versucht, einen Datenschutzbeauftragten zu wählen. In anderen Bundesländern geht das geräuschlos über die Bühne. Doch die Situation Sachsen-Anhalt ist besonders, genauer gesagt: unvergleichbar peinlich. Die wechselnden Regierungen versuchen seit über fünf Jahren vergeblich, sich auf einen Landesdatenschützer zu einigen. Schon zwei Kandidaten hatten nicht die nötige Mehrheit der Stimmen bekommen. Die Hintergründe hat mein Kollege Ingo hier als „unwürdiges Schauspiel“ kommentiert.

Am Mittwoch kam es zum nächsten Showdown, ähnlich schlimm anzusehen wie die Bürgermeisterwahl in Berlin, inklusive der langen Beratungsunterbrechungen. In Berlin hat es bekanntermaßen am Ende doch noch geklappt. Nicht so in Sachsen-Anhalt. Der Kandidat brauchte 49 Stimmen. Bekommen hat er zuerst 44, dann 47, schließlich 48. Drei Anläufe, jedes Mal gescheitert. Ein Armutszeugnis für die Regierungsparteien CDU, SPD und FDP, die zusammen auf 52 anwesende Abgeordnete kamen. Es ist den Parteien nicht gelungen, ihre eigenen Parteikolleg:innen hinter sich zu versammeln.

Wir haben die gescheiterte Wahl gemeinsam im Büro verfolgt, nicht selten fazialpalmierend. Es war so spannend, dass ich mich richtig geärgert habe, als ich zu einem Termin losmusste. In der S-Bahn habe ich immer wieder auf dem Smartphone nach Neuigkeiten geschaut. Erst nach meinem Termin kam die Nachricht von der geplatzten Wahl. Die Misere hat Ingo zusammengefasst, manche reden schon von einer Regierungskrise.

Das Scheitern kam mit Ansage, der Wahlversuch hätte gar nicht erst stattfinden dürfen. Und selbst wenn es geklappt hätte, das Amt das Datenschutzbeauftragten wäre von den politischen Machtspielen belastet gewesen. Jetzt stellt sich die Frage: Wer will noch Sachsen-Anhalts oberste*r Datenschützer*in werden? Wer will sich nochmal zum Spielball einer himmelschreiend unprofessionellen Koalition machen?

Das nächste Mal wünsche ich mir, dass bei einer derart spannenden Wahl der Datenschutz gewinnt. Am Mittwoch haben dagegen alle verloren, auch das Vertrauen in demokratische Prozesse. Nur die, denen politisches Chaos in die Hände spielt, die können sich freuen.

Ein Wochenende, an dem mehr Dinge klappen, wünscht euch
anna

Datenschutzbeschwerde gegen TeleSignFirma legt Scoring-Profile der Hälfte aller weltweiten Handynutzer an

Wenn wir uns bei einer Plattform registrieren, werden wir manchmal nach zusätzlichen Verifizierungsmethoden gefragt. Oft liegt dem offenbar ein Risikowert zugrunde, der an unsere Handynummer gekoppelt ist. Die Datenschutzorganisation noyb geht nun gegen ein großes Unternehmen vor, das diese Werte im Geheimen berechnet.

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Datenschutzbeauftragter von Sachsen-AnhaltDas unwürdige Schauspiel muss gestoppt werden

In Sachsen-Anhalt spielt sich gerade ein Datenschutzkrimi ab, der zur Posse geworden ist. Jahrelang sind CDU und SPD daran gescheitert, einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten zu besetzen. Jetzt soll der Mitarbeiter des FDP-Fraktionsvorsitzenden ins Amt gehievt werden. Doch ein unerbetener Kandidat ficht das intransparente Verfahren an. Ein Kommentar.

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Anlasslose MassenüberwachungEs muss nur ein Wort gestrichen werden, um die britische Chatkontrolle zu entschärfen

Das Überwachungsgesetz Online Safety Bill in Großbritannien steht kurz vor der Verabschiedung. Zivilgesellschaftliche Organisationen und die Tech-Industrie fordern die Regierung gemeinsam auf, das Gesetz so zu ändern, dass verschlüsselte Kommunikation geschützt bleibt.

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Gescheiterte WahlStürzt Sachsen-Anhalt wegen Datenschutz in eine Regierungskrise?

Trotz drei Wahlgängen hat der Magdeburger Landtag schon wieder keinen Landesdatenschutzbeauftragten gewählt. Das Amt ist seit Jahren unbesetzt, offenbar ließen erneut CDU-Abgeordnete den Kandidaten der eigenen Koalition durchfallen. Sollte das Bündnis daran zerbrechen, dürfte sich vor allem die AfD freuen.

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Politische WerbungIn der EU droht eine weichgespülte Regulierung gegen politisches Targeting

Nach dem Cambridge-Analytica-Skandal will die EU politische Werbung regulieren. Das Gesetz soll Manipulation bei Wahlen verhindern und demokratische Prozesse schützen. Doch zivilgesellschaftliche Organisationen warnen, dass die Verordnung in den Trilog-Verhandlungen verwässert werden könnte.

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1 Ergänzungen

  1. The Kremlin continues to use tools of digital authoritarianism to surveil Russia’s domestic population and aims to expand domestic production of surveillance technology. The New York Times (NYT) reported on June 3 that the Kremlin has given Russian law enforcement, including the Federal Security Service (FSB), more tools to monitor the location of phones, break into personal accounts, and track activity in encrypted applications such as Telegram, WhatsApp and Signal.[21] According to Russian internal records that NYT reportedly obtained, the Russian government reportedly aims to expand its surveillance technology tools by supporting the transition of Russian technology firms into producing advanced tools for Russian intelligence services. Russian technology firms may be experiencing a shortage of skilled employees given the number of skilled workers that left Russia after the start of the war in February 2022.[22] ISW has previously reported on the Kremlin’s use of automated technology to censor the Russian information space and trading of surveillance tools in exchange for weapons to use in Ukraine.[23]

    https://understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-july-3-2023
    https://www.nytimes.com/2023/07/03/technology/russia-ukraine-surveillance-tech.html

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