Angebliche HassredeLinkedIn löscht sachliche Kritik an AfD

Mit klaren Worten warnte der SPD-Abgeordnete Robin Mesarosch vor einer Zusammenarbeit mit der AfD. Seinen Diskussionsbeitrag postete er auf LinkedIn, das Karrierenetzwerk löschte den Beitrag wegen angeblicher Hassrede. Nun zieht der SPD-Politiker vor Gericht.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch will sich von LinkedIn nicht den Mund verbieten lassen. (Archivaufnahme) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Becker&Bredel

Während die Unionsparteien darüber diskutieren, ob und wie sie mit der Rechtsaußen-Partei AfD zusammenarbeiten wollen, stellte sich der SPD-Politiker Robin Mesarosch klar auf. „Die AfD tritt bei demokratischen Wahlen an, missachtet aber demokratische Grundsätze und will sie abschaffen“, warnte der Bundestagsabgeordnete auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn. Eine Kooperation mit der AfD sei deshalb nicht möglich: „Nicht im Bundestag, nicht im Gemeinderat. Nirgends. Nie wieder“, so Mesarosch weiter.

LinkedIn verstand dies nicht als sachlichen Diskussionsbeitrag, sondern sah einen Verstoß gegen die hauseigenen Richtlinien. Es löschte das Posting wegen angeblicher Hassrede, eine Beschwerde von Mesarosch ließ das Unternehmen nicht gelten. Dagegen klagt der Bundestagsabgeordnete nun mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

„Ein Post, der sachlich vor einer Partei warnt und deren Hasstiraden kritisiert, ist keine Hassrede, sondern ein zulässiger politischer Meinungsbeitrag“, sagt Jürgen Bering, der das Verfahren koordiniert. Es könne nicht sein, dass Plattformen willkürlich Posts löschten, während Hetze und Falschinformationen oft ungehindert kursieren würden, so der Jurist.

Willkürliche Sperren nicht erlaubt

Zwar dürfen Anbieter für ihre Online-Dienste eigene Regeln aufstellen und durchsetzen. Allerdings dürfen sie dabei nicht willkürlich vorgehen, urteilte der Bundesgerichtshof in einem Facebook-Fall. Dies sei auf LinkedIn übertragbar, erklärt die GFF: Wenn Plattformen sich eigene Richtlinien geben und das Löschen von „hasserfüllten“ Posts auch jenseits der Strafbarkeit erlauben würden, dann müsse der jeweilige Tatbestand auch erfüllt sein. Im Beitrag von Mesarosch sei jedoch keine Herabwürdigung erkennbar, zudem fehle jegliche Begründung für die Löschung.

Der Abgeordnete Mesarosch hält das für eine Einschränkung seiner Meinungsfreiheit, gerade in dieser aktuellen Debatte müsse man sich klar bekennen. „Wir müssen auch in sozialen Medien präzise benennen können, wo Gefahren für unsere Demokratie lauern und von wem sie ausgehen“, sagt Mesarosch. Seine klaren Worte würden ihn nicht zum Hetzer machen, damit würde er nur Verantwortung zeigen. „Meine Klage ist für die Meinungsfreiheit und alle, die ihre Stimme für unsere Demokratie erheben.“

Rechte für Nutzer:innen erkämpft

Die GFF hat bereits mit mehreren strategischen Klagen die Moderationspraxis von Online-Diensten getestet. So geht die Nichtregierungsorganisation derzeit gegen das so genannte Nippel-Verbot des sozialen Netzwerks Facebook vor. Zuvor hatte eine Ankündigung der Filmwerkstatt Düsseldorf, die mit einem Filmausschnitt mit nackten Oberkörpern bebildert war, den Verlust des gesamten Facebook-Accounts zur Folge.

Bereits erfolgreich verlief eine Klage gegen die willkürliche Facebook-Sperre der gemeinnützigen Organisation Goliathwatch. In einem Eilrechtsschutzverfahren stellte das Oberlandesgericht Hamburg klar, dass eine Sperre einen sachlichen und objektiv überprüfbaren Grund verfolgen müsse. Zudem müssten die Nutzer:innen vor einer eventuellen Sperre angehört werden, und der jeweilige Online-Dienst müsse eine Sperre begründen. Ein unbestimmter Verweis auf die Gemeinschaftsrichtlinien sei hierbei nicht ausreichend.

Update, 28.8.: Nur zwei Tage später hat das Landgericht Hechingen den Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen LinkedIn zurückgewiesen, berichtet Heise Online. Robin Mesarosch und die Gesellschaft für Freiheitsrechte berufen nun vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen die Entscheidung.

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9 Ergänzungen

  1. Also bei der Aussage selber, dass man nicht mit der Afd zusaammenarbeitet und auch, dass man das klar sagen dürfen muss bin ich ja ganz bei ihm. Aber die zitierte Begründung klingt für mich genau nach dem, was die Nazis auch immer sagen. Dass sie halt ihre Meinung frei äußern können müssen und nicht willkürlich zensiert werden wollen. Oft mit dem Gegenargument, dass ihnen dafür aber niemand eine Plattform bieten muss. Ich sehe nicht wirklich den Unterschied zu Mesarosch hier. Der Unterschied ist vielleicht in dem, was sein Anwalt sagt, dass das halt sachlich geäußert war. Aber Mesaroschs eigener Beitrag klingt erstmal nach dem was so Nazis auch immer sagen finde ich.

    1. Der Unterschied besteht darin, dass die Nazis Nazis sind: sie fallen regelmäßig durch menschenfeindliche, rassistische, antisemitische oder homophobe Äußerungen auf, welche Eindeutig als »Hassrede« identifiziert werden können. Mesarosch hat lediglich klar und sachlich die AfD kritisiert und dazu aufgerufen nicht mit ihr zu kooperieren.

      In Kürze — Warum die AfD gefährlich für demokratische Grundsätze ist: Die verfassungsfeindlichen Tendenzen der AfD wurden ausreichend vom Verfassungsschutz dokumentiert, das DIMR bescheinigt der AfD ein völkisch-nationales Menschenbild: sie wolle rassistische und rechtsextreme Ziele durchsetzen. Demnach hetzt Mesarosch nicht gegen die AfD, er schürt auch keinen Hass gegen sie. Er warnt einfach nur vor den realen, mehrfach belegten Gefahren, welche von der Partei ausgehen.

      Auf einer Plattform wie LinkedIn, auf der auch sachliche politische Inhalte verbreitet werden dürfen, bewerte ich es als willkürliche Löschung den Beitrag Mesaroschs zu entfernen. Die Begründung hierfür — Hassrede — sehe ich als an den Haaren herbeigezogen. Ein kurzer Blick in die ToS reicht hierfür völlig aus.

      Natürlich kann man jetzt sagen »Ja aber das entscheidet ja die Plattform. Pech gehabt, hättet das denen halt verbieten sollen«. Dem stimme ich zu. Plattformen sollten strenge Vorgaben haben, wann sie überhaupt Inhalte entfernen dürfen, und welche Inhalte sie entfernen müssen (z.B. Volksverhetzung). Diese Regeln müssen sich an den Grundwerten unserer Verfassung orientieren (Meinungsfreiheit, Menschenwürde, Diskriminierungsverbot).

      Nimmt man ebendiese Grundwerte als Basis für die Regeln, so kann man sehr wohl argumentieren, dass menschenfeindliche Beiträge von Nazis entfernt werden sollten, Kritik an der AfD jedoch nicht.

  2. Genau aus diesem Grund sollten Plattformbetreiber so wenig als möglich löschen. Der Urteilsfähigkeit von Meta, Microsoft und Co traue ich keinen Zentimeter.

  3. da bekommt ein SPD-Mitglied die Medizin zu schmecken…die seine Partei (SPD)…das Netzwerkdurchsetzungsgesetz…als Gesetz beschlossen hat…genau mein Humor ;)
    Macht bessere Politik…dann ist die AFD auch kein Thema mehr…
    und nein…ich mag die AFD nicht…

  4. Eine Partei wie die SPD, die einfach mal für ein Jahr eine epidemische Notlage nationaler Tragweite mitbeschließt, und damit das Parlament für diese Zeit aushebelt, befindet sich meiner Meinung nach nicht in der Position, anderen Parteien was von demokratischen Grundsätzen zu erklären. Aber egal. Ich stimme meinen Vorrednern zu, dass man sich entscheiden muss, ob man nun Zensur haben möchte oder nicht. Und wenn ja, dann richtet sie sich eben auch mal gegen einen selbst. Und als Hass wird ja heute alles mögliche angesehen, was irgendwem nicht gefällt. Ab heute gelten nun sogar durch EU-Regelung Zensurpflichten für Plattformen. Viel Spaß damit!

    1. Die Krankheitswelle wurde also beschlossen, sie kam gar nicht von selbst und Mediziner und Virologen sind sowieso nur geltungssüchtig. Und weil die vielen auch übertriebenen Maßnahmen nur zu wenig mehr Toten als sonst und nur wenigen immer noch unter den Folgen Leidenden führten, kann man jetzt behaupten, dass das alles nicht notwendig und eine unnötige Freiheitsberaubung war.
      Das Paradox der Vorsorge: Mache ich nichts und es gibt Probleme wird sich beschwert und man hat selbsts natürlich immer besser alles gewusst. Sorgt man vor und die Probleme werden dadurch klein gehalten, heißt es alles war total übertrieben.
      Wie übertrieben es war, sieht man am Vergleich mit der Situation z.B. in Italien, sowohl bevor dort Maßnahmen ergriffen, als auch danach, als es kaum Ausnahmen für das Hausarrest gab, selbst dort, wo kaum jemand wohnt und es keine Ansteckungsgefahr gab.

  5. Hmm, wobei oft sehr sachliche, ja präsidiale Aussagen, durchaus Aggressionsschürend SIND. Nicht nur sein können. Würde eine KI da allgemein trainiert, und nehmen wir mal an, sie würde wirklich korrekt erkennen, würde vieles auch von CDU und SPD blockiert werden. Ich fokussiere hier nicht auf dieses konkrete Beispiel.

    Beispiel von Merkel: Man werde nicht nach einem Codex handeln.

    Was bedeutet das? Klimawandel am Arsch kleben? Grundgesetz egal? Totaler Rechtsstaat? Recht wird nicht mehr geformt? Nach welchen Prinzipien wird Recht geformt? Den im Recht beschriebenen Prinzipien (hust…)?

    Absolute Logikprofis, hier in Deutschland…

  6. Sehr schön, liebe Netzpolitik, dieses klassische Beispiel von ‚framing‘. Der Titel dieses Beitrages: „LinkedIn löscht sachliche Kritik an AfD“ (Betonung auf *sachlich*). Aber habt ihr doch glatt vergessen, den Titel von Mesaroschs LinkedIn Beitrag zu erwähnen. Wie war der nochmal, oh ja: „Nix mit Nazis“. Aber ne, schon klar, reiner Zufall dass das nicht erwähnt wurde, ist ja praktisch irrelevant, und hätte auch keinerlei Einfluss auf die Beurteilung des Beitrags als „sachlich“.

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