Liebe Freund:innen von netzpolitik.org,
in dieser Woche bin ich an einem Artikel meiner Kollegin Franziska Rau hängen geblieben. Darin geht es um das Recht auf Internet. Mehr noch: Das Recht auf einen erschwinglichen Zugang zum Internet. Das ist im Telekommunikationsgesetz von 2021 festgeschrieben. Darin heißt es, dass „Telekommunikationsdienste einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses an ein öffentliches Netz Verbrauchern zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden müssen“.
Nun hat die Bundesnetzagentur neue Grundsätze veröffentlicht, wie sie ermitteln will, was erschwingliche Preise sind. Generell erklärt sie, dass die Nutzung der Dienste im Monat nicht mehr kosten darf als der bundesweite Durchschnitt vergleichbarer Angebote. Eine konkrete Antwort dazu, wie viel der Internetzugang maximal kosten darf, bleibt die Agentur allerdings schuldig. Sie rettet sich in die Formulierung, das werde im Einzelfall geklärt.
Das wundert mich nicht. „Erschwinglich“ ist erstmal nur ein Wort. Für sich ist es vage. Im Duden wird es erklärt mit „finanziell zu bewältigen“. Die Antworten auf die Frage, ob etwas erschwinglich ist, variieren also je nach Lebenssituation der Person, die etwas kauft. An dem Konzept von Erschwinglichkeit zerren Interessen. Im vorliegenden Fall stehen auf der einen Seite die Bürger:innen, vertreten durch den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Auf der anderen Geschäftsleute aus dem Unternehmensverband Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (Buglas).
Während die einen das Interesse gesellschaftlicher Teilhabe vertreten, vor allem auch mit Blick auf ärmere Haushalte, halten die anderen wirtschaftliche Interessen dagegen. So kritisierte Wolfgang Heer, Buglas-Geschäftsführer, die Orientierung am Marktpreis. Dieser könne „erheblich unter dem erschwinglichen Niveau liegen“. In den Grundsätzen der Bundesnetzagentur würden „regionale Gegebenheiten sowie des jeweils vor Ort herrschenden Einkommensniveaus“ nicht berücksichtigt werden.
Verhandelt wird über ein wertvolles Gut, das Recht auf Internet und damit auf gesellschaftliche Teilhabe. 2013 hat der Bundesgerichtshof anerkannt, dass der Zugang zum Internet zur Lebensgrundlage gehört. Zugang zu Internet zu haben, bedeutet die Möglichkeit einen Alltag zu haben, Familie und Freund:innen zu kontaktieren, zu lernen, zu arbeiten, sich zu informieren, unterhaltsame Inhalte zu konsumieren, sich politisch zu engagieren.
Während es für die einen um das Recht auf einen Alltag geht, handeln die anderen mit einem begehrten Produkt. Für sie geht es nicht um ein Recht. Sie sehen in erster Linie eine Pflicht, nämlich die, die sie als Anbieter haben. Wie Teilhabe für Bürger:innen umgesetzt werden kann, ist nicht ihr Handlungsmotiv. Sie erkennen in abgelegenen Gebieten vielmehr die Kosten und mögliche Gewinneinbußen.
In Zeiten, in denen Inflation, Energiekrise und Gasumlage auf die privaten Haushalte drücken, sind Ärmere noch einmal mehr darauf angewiesen, dass es nicht nur ein Recht auf Netz gibt, sondern dass dieses auch wirklich für alle erschwinglich ist.
Euch ein schönes Wochenende
Esther