"Black Box EU"Mitmach-Kampagne für mehr EU-Transparenz gestartet

Entscheidende EU-Verhandlungen finden weitgehend hinter verschlossenen Türen statt. Eine Kampagne von FragDenStaat ermuntert nun die Zivilgesellschaft, mit IFG-Anfragen an unveröffentlichte Verhandlungsdokumente zu kommen.

Trilog Gleichgewicht Transparenz
Informelle Trilog-Verhandlungen beschleunigen den EU-Gesetzgebungsprozess, höhlen aber die Demokratie aus. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Keila Hötzel

Viele wichtige Gesetze werden auf EU-Ebene beschlossen, etwa Datenschutzregeln, wie laut Fluglärm sein darf oder welche Befugnisse die Grenzagentur Frontex hat. Doch die entscheidende Phase der Verhandlungen zwischen EU-Kommission, den EU-Ländern und dem Parlament spielt sich weitgehend im Dunklen ab.

Gelegentliche Leaks, die einen Einblick in diese sogenannten Trilog-Verhandlungen ermöglichen, sind zu wenig. Das will die NGO FragDenStaat nun ändern. Mit „Black Box EU“ hat sie eine Kampagne gestartet, um Druck auf die EU-Institutionen aufzubauen. Vorformulierte Anfragen nach dem EU-Informationsfreiheitsgesetz sollen es einfach machen, per Mausklick an die Verhandlungsunterlagen zu kommen.

Im Blick hat die Kampagne vor allem die sogenannten „Vier-Spalten-Dokumente“ der informellen Verhandlungsrunden. Jede Spalte enthält die jeweilige Position von Kommission, Rat und Parlament sowie den gefundenen Kompromiss. Daran lässt sich ablesen, wer an welcher Stelle nachgegeben oder sich durchgesetzt hat.

Abkürzung als Normalität

Derzeit wird offiziell lediglich das fertige Ergebnis der Öffentlichkeit präsentiert und anschließend meist vom Rat und dem Parlament in erster Lesung beschlossen. 70 bis 80 Prozent aller Gesetze und Beschlüsse der EU durchlaufen inzwischen diesen Prozess. Die Abkürzung des Gesetzgebungsverfahrens macht es zwar einfacher, Gesetze schneller durchzubringen. Allerdings vergrößern die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen das ohnehin bestehende Demokratiedefizit der EU, weil der Prozess weder transparent noch nachvollziehbar ist.

Schon 2014 erinnerte das EU-Parlament daran, „dass allgemein Transparenz zu herrschen hat und dass im Vertrag von Lissabon der Zugang zu Dokumenten als Grundrecht niedergelegt worden ist“ und forderte eine zumindest teilweise Öffnung der EU-Archive. Zwei Jahre später schlug die EU-Bürgerbeauftragte vor, eine einfach zu benutzende und verständliche Datenbank für relevante Verhandlungsdokumente einzurichten. „Die Transparenz von Trilogen ist ein essentielles Element der Legitimität des EU-Gesetzgebungsverfahrens“, schrieb Emily O’Reilly damals. Rechtlich steht dem nichts entgegen, urteilte 2018 der Gerichtshof der EU.

Zusammengestrichene Datenbank

Zwar arbeitet die EU schon seit Jahren an einer solchen Datenbank, allerdings wurden ursprünglich geplante Minimalvorgaben an die Transparenz der Reihe nach zusammengestrichen. „Stattdessen soll nur bei erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen der fertige Kompromiss veröffentlicht werden. Die eigentlichen Verhandlungen bleiben weiter unter Verschluss“, schreibt FragDenStaat in einem Blogbeitrag.

Solange die EU die Dokumente nicht proaktiv veröffentlicht, ist also zivilgesellschaftliches Engagement gefragt. Auf der Kampagnen-Seite lassen sich Themenfelder einfach ausfiltern, ob Haushalt, Corona oder Netzpolitik. Hat jemand eine Anfrage bereits gestellt, lässt sich dieser folgen. Neuigkeiten gibt es per E-Mail oder RSS-Feed. Als Quelle dient ein EU-Dokument aller offenen Verhandlungen mit Stand vom 2. Dezember 2020. Diese Liste will FragDenStaat regelmäßig aktualisieren, heißt es in einer FAQ.

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