Unser Wochenrückblick wird auch als wöchentlicher Newsletter verschickt. Hier könnt Ihr Euch anmelden.
Am vergangenen Freitag fand unsere „Das ist Netzpolitik!“-Konferenz zum 14. Geburtstag von netzpolitik.org statt. Den ganzen Tag drehte sich alles um die spannendsten netzpolitischen Themen. Auf der Hauptbühne und im Roten Salon konntet Ihr Euch von Vorträgen von Szenegrößen wie Max Schrems, Julia Reda oder Florian Glatzner berieseln lassen oder Tom Hillenbrand lauschen, wie er über den Einfluss von literarischen Dystopien auf den netzpolitischen Diskurs spricht. Außerdem gab es die Möglichkeit, im Grünen Salon an verschiedenen Workshops teilzunehmen und zu lernen, wie ihr eine IFG-Anfrage stellt oder eine Cryptoparty organisiert. Auf die Individuellen unter den Teilnehmer*innen wartete unser Grafiker Ole im Foyer mit seiner T-Shirt-Druckmaschine, mit der Ihr das netzpolitik.org-Logo auf Eure Kleidung plotten lassen konntet. Für alle, die nicht dabei sein konnten, bieten wir die Vorträge als Video auf der Seite des Chaos Computer Clubs an.
Der Fall Hans-Georg Maaßen
Letzte Woche sollte Hans-Georg Maaßen noch Staatssekretär im Bundesinnenministerium mit dem Schwerpunkt Cyber- und Informationssicherheit werden. Der persönliche Freund unserer Redaktion sollte dem gesamten Bereich Sicherheit vorstehen. Im Zuge seiner Versetzung hätte Maaßen auch noch eine saftige Gehaltserhöhung erwartet, dabei hatte Horst Seehofer zuerst sogar eine andere Position für den Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes angedacht. Laut „Bild“ wollte Seehofer den Geheimdienstchef zum Kopf des BKA machen. Inzwischen sind all diese Überlegungen vom Tisch, denn die Entscheidung, Maaßen quasi zu befördern, löste in der Gesellschaft und der Basis der SPD harsche Kritk aus. Darauf folgend sah sich SPD-Parteivorsitzende Andrea Nahles dazu gezwungen, die anderen Regierungsmitglieder zu Neuverhandlungen der Causa Maaßen aufzufordern. Ergebnis der Sitzung am Wochenende ist: Hans-Georg Maaßen wird Sonderberater für europäische und internationale Fragen im BMI.
Im Laufe der Streitigkeiten um Hans-Georg Maaßens Äußerungen zu Chemnitz und der Frage, wie man mit ihm weiterverfahren sollte, stellte sich die AfD und ihr Umfeld hinter den Verfassungsschutzchef. Die ehemalige Politikerin Vera Lengsfeld rief auf ihrem Blog dazu auf, Hans-Georg Maaßen den Rücken zu stärken und den Hashtag #wirsindmaaßen zu teilen. Dabei sprach sie auch von einer „Treibjagd“ auf Maaßen von Seiten der Medien, der SPD und der extremen Linken. Seitdem haben sich auf Twitter dutzende Menschen zum Fall Maaßen geäußert und Position bezogen. Wir zeigen zusammen mit dem Datenanalysten Luca Hammer, woher die Tweets kommen.
Staatstrojaner werden vor allem gegen Rauschgiftkriminalität eingesetzt
Letztes Jahr erlaubte der Bundestag, trotz breiter Kritik, den Einsatz von Staatstrojanern in Strafverfahren. Viele Kritiker*innen befürchteten einen ungezügelten Einsatz des Staatstrojaners bei alltäglichen Delikten. Dem wurde von Seiten der Regierung immer wieder entgegnet, der Staatstrojaner werde nur bei „schweren und schwersten Straftaten“ und „wenigen Einzelfällen“ genutzt. Diese These wurde nun vom Bundeskriminalamt selbst widerlegt. Die BKA-Abteilung „RETASAST“ wertete die Ermittlungsverfahren aller Polizeibehörden auf Bundes- und Landesebene aus, die einen „polizeilichen Bedarf an der Überwachung und Auswertung verschlüsselter Telekommunikationsinhalte“ belegen sollten. Aus der Auswertung geht hevor, dass die Hälfte der gesammelten Verfahren im Zusammenhang mit Rausgiftkriminalität und ein Viertel mit Eigentumsdelikten stehen.
Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) hat dieses Jahr schon einige Protestaktionen ausgelöst. Am 10. Mai protestierten in München über 40.000 Menschen gegen das Projekt der CSU. Außerdem reichten die bayerische FDP und SPD Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht und dem bayerischen Gerichtshof gegen das Gesetz ein. Nun ist eine weitere Großdemonstration am 3. Oktober geplant, um die Rücknahme des PAG zu fordern und die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse zu verhindern.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Baden-Württembergs präsentierte vor kurzem seine Untersuchungsergebnisse bezüglich der Akkreditierungsablehnungen von Journalisten beim G20-Gipfel in Hamburg. Laut seinem Bericht wurden dabei Fehler auf Bundes- sowie Landesebene begangen und der Entzug von Presse-Akkreditierungen ist objektiv nicht kontrollierbar. Darauf basierend spricht er Empfehlungen für Verbesserungen aus und zeigt strukturelle Mängel bei der Kontrolle der Geheimdienste. Das Bundeskriminalamt hatte im Zuge der Debatte selbst zugegeben, dass einige der Listen, anhand deren Journalisten die Akkreditierung entzogen wurde, niemals eingesetzt härren werden dürfen, da ihre Informationen teilweise falsch oder veraltet waren. Ausgangspunkt der Überprüfung seitens des Datenschutzbeauftragten sind sechs betroffene Journalisten aus Baden-Württemberg.
Dank der Enthüllungen von Edward Snowden wissen wir, dass mehrere Geheimdienste, darunter auch das britische GCHQ, Daten von Bürgern massenhaft sammeln und auswerten. Letzte Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte genau darüber ein Urteil gefällt. Patrick Beyer, Jurist und Mitglied der Piratenpartei, bewertet für uns das Urteil und zeigt dessen Vor- und Nachteile auf.
Belgische Regierung weitet Erfassung von Passagierdaten auf das Land aus
Laut dem „Railway Journal“ weitet der belgische Staat sein Passagierdatensystem auf Bus- und Bahnreisen aus. Dabei können belgische Behörden auf die Daten von Passagieren des Fernzuges Eurostar und des Busunternehmens Flixbus zugreifen. Belgien ist somit das erste Mitglied der europäischen Union, das die EU-Richtlinie zur Verwendung von Fluggastdaten (PNR) auf Verkehrsmittel zu Land anwendet. Die genannten Unternehmen müssen die Personendaten ihrer Kunden erheben und den belgischen Behörden übergeben. Ansonsten droht ihnen eine Strafe von bis zu 50.000 Euro.
Schutz des freien Intenets
Im Zuge eines Interviews mit Wikimedia-Deutschland-Vorstand Abraham Taherivand sprachen wir über das freie Internet und die EU-Urheberrechtsreform und deren Einfluss auf Projekte wie Wikipedia. Taherivand sieht in der EU-Urheberrechtsreform einen „Rückschlag für alle, die für Meinungsfreiheit und Vielfalt im Netz kämpfen“. Außerdem sieht er durch die zunehmende staatliche und vor allem kommerzielle Kontrolle des Netzes eine Bedrohung für Freiräume im Internet.
Internetplattformen wird immer wieder vorgeworfen, gegen die uns gegebenen Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung vorzugehen. Aus juristischer Perspektive ist diese Ansicht jedoch eher abwegig, da erstmal nur der Staat an Grundrechte gebunden ist. Unternehmen fallen nicht unter diese Bindung. Viele stellen sich nun die Frage, ob diese Lücke durch eine Änderung des Grundgesetzes geändert werden sollte, um die Macht der Digitalkonzerne zu regulieren. Unser Gastautor Malte Engeler legt in seinem Text dar, warum dies nicht nur unnötig, sondern auch schlecht für unser Demokratieverständnis wäre.
Vor ein paar Monaten schockierte der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica die Öffentlichkeit weltweit und vor nicht allzu langer Zeit wurde die Datenschutzgrundverordnung verabschiedet. Über die bisherigen Ereignisse und die Zukunftsaussichten sprachen wir mit Frederike Kaltheuner von der britischen Nichtregierungsorganisation Privacy International.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.